In der modernen Medizin spielen bildgebende Verfahren wie Röntgenaufnahmen eine zentrale Rolle in der Diagnose und Behandlung. Ob im zahnmedizinischen Bereich, bei der orthopädischen Untersuchung oder in der Notfallmedizin – die bildliche Darstellung des menschlichen Körpers liefert wertvolle Informationen. Doch was passiert, wenn der Patient nach einer Röntgenaufnahme den Arzt um die Herausgabe oder Einsicht in diese Bilder bittet, um sich beispielsweise eine Zweitmeinung einzuholen? Manche Ärzte sehen dies nicht gerne und blocken. Dieser Artikel beleuchtet die rechtlichen Grundlagen und beantwortet die Frage, welche Rechte Patienten in Bezug auf ihre medizinischen Unterlagen haben.
1. Patientenrecht auf Herausgabe von Behandlungsunterlagen
Das zentrale Gesetz, das den Anspruch des Patienten auf Einsicht in seine Behandlungsunterlagen regelt, ist § 630g des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Dieser Paragraph ist Teil des 2013 eingeführten Patientenrechtegesetzes und gibt dem Patienten das Recht, alle relevanten Unterlagen, die im Rahmen seiner Behandlung erstellt wurden, einzusehen. Darunter fallen auch diagnostische Maßnahmen wie Röntgenbilder, MRT-Aufnahmen oder Laborbefunde.
Gemäß § 630g Abs. 1 BGB steht dem Patienten nicht nur das Recht auf Einsichtnahme, sondern auch auf die Herausgabe von Kopien der Behandlungsdokumentation zu. Dies umfasst sowohl physische Kopien von Röntgenaufnahmen als auch deren digitale Versionen, sofern diese existieren. Die Ärztin oder der Arzt ist verpflichtet, diese auf Verlangen des Patienten zur Verfügung zu stellen, wobei die Kosten für die Erstellung von Kopien in der Regel vom Patienten zu tragen sind.
2. Besonderheiten bei der Röntgenverordnung
Zusätzlich zum Patientenrechtegesetz ist die Röntgenverordnung (RöV) von Bedeutung. Diese regelt unter anderem die Aufbewahrung von Röntgenaufnahmen. Nach § 28 RöV sind Röntgenbilder grundsätzlich für eine Dauer von zehn Jahren aufzubewahren. Diese Aufbewahrungspflicht betrifft jedoch in erster Linie die Originalaufnahmen. Das bedeutet, dass der behandelnde Arzt oder die Kieferorthopädin verpflichtet ist, die Bilder im Original für einen festgelegten Zeitraum zu behalten. Für den Patienten besteht aber ein Anspruch auf Kopien, was insbesondere im digitalen Zeitalter häufig unkompliziert per E-Mail erfolgen kann.
3. Übermittlung digitaler Röntgenaufnahmen: Technische und rechtliche Aspekte
In der Praxis ist die digitale Speicherung von Röntgenaufnahmen inzwischen weit verbreitet. Viele Praxen und Kliniken nutzen moderne Systeme, die es ermöglichen, die Aufnahmen in digitaler Form zu archivieren und auf einfache Weise an Patienten oder andere Ärzte zu übermitteln. Ein häufiges Anliegen von Patienten besteht darin, die Röntgenaufnahmen für eine Zweitmeinung einzuholen oder sie ihrem weiterbehandelnden Arzt zur Verfügung zu stellen.
In diesem Zusammenhang stellt sich oft die Frage nach dem Datenschutz. Ärzte oder Zahnärzte könnten zögern, Röntgenbilder per E-Mail zu versenden, da sie befürchten, gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen zu verstoßen. Allerdings lässt sich dieses Problem leicht durch technische Maßnahmen, wie den Versand verschlüsselter E-Mails oder passwortgeschützter Dateien, lösen. Datenschutzrechtliche Bedenken sind also kein hinreichender Grund, um die Herausgabe oder digitale Übermittlung der Aufnahmen zu verweigern. Patienten sollten in diesen Fällen auf eine datenschutzkonforme Übermittlung bestehen.
4. Was passiert, wenn der behandelnde Arzt die Herausgabe oder Übermittlung der Röntgenbilder verweigert?
In einem solchen Fall bleibt der Patient nicht rechtlos. Die Weigerung zur Herausgabe stellt eine Verletzung der Patientenrechte dar und kann rechtlich verfolgt werden. Patienten haben die Möglichkeit, den Anspruch auf Einsichtnahme und Herausgabe der Unterlagen notfalls gerichtlich durchzusetzen. Auch eine Beschwerde bei der zuständigen Ärztekammer oder zahnärztlichen Kammer kann eine sinnvolle Option sein, um Druck auf den Arzt auszuüben.
5. Fazit: Patienten haben umfassende Rechte auf ihre medizinischen Unterlagen
Das deutsche Recht stärkt die Position der Patienten erheblich. Der Anspruch auf Einsicht in und Herausgabe von Behandlungsunterlagen, insbesondere Röntgenaufnahmen, ist ein zentrales Element der Patientenrechte und wird durch § 630g BGB klar geregelt. Auch die Röntgenverordnung stellt sicher, dass Patienten ihre Aufnahmen erhalten können, selbst wenn die Originale in der Praxis aufbewahrt werden müssen.
Sollte ein Arzt oder Zahnarzt die Herausgabe oder Übermittlung digitaler Aufnahmen verweigern, sollten Patienten sich nicht scheuen, ihre Rechte geltend zu machen. Eine schriftliche Aufforderung mit Bezug auf die einschlägigen Gesetze sowie das Hinzuziehen eines Anwalts kann dabei hilfreich sein, um den Anspruch durchzusetzen. Datenschutzbedenken können durch einfache technische Maßnahmen ausgeräumt werden, sodass die Übermittlung digitaler Kopien per E-Mail in der Regel unproblematisch ist.
Die Rechtsprechung hat in der Vergangenheit klar bestätigt, dass Ärzte zur Herausgabe verpflichtet sind – Patienten sollten sich also nicht mit fadenscheinigen Begründungen abspeisen lassen.