Ist die Höhe einer arbeitsvertraglichen Vergütung individuell durch eine Bezugnahmeklausel vereinbart, dann kann diese Vereinbarung nicht zum Nachteil des Arbeitnehmers durch eine nachgeschaltete Betriebsvereinbarung abgeändert werden (BAG, Urteil vom 11.04.2018 – 4 AZR 119/17).
Vergütung individuell durch Bezugnahmeklausel vereinbart
Der Kläger war in einem Senioren- und Pflegezentrum als Masseur seit 1991 beschäftigt. Nach einer Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag betrug nach einer Reduzierung der Arbeitszeit sein Gehalt monatlich in der Gruppe BAT VC/3 2.527,80 € brutto. Im Jahr 1993 wurde im Betrieb ein Betriebsrat gebildet. Mit diesem schloss der Arbeitgeber eine Betriebsvereinbarung wonach in ihrem Anwendungsbereich analog die für die Angestellten des Bundes und der Länder vereinbarten Bestimmungen des Lohn- und Vergütungstarifvertrages BAT vom 11.01.1961 gelten sollte. Die Bestimmungen der Betriebsvereinbarung sollten dabei automatisch Bestandteil auch der Arbeitsverträge werden, die vor 1993 abgeschlossen worden waren. Der Kläger erhielt einen solchen Nachtrag, der von ihm dann auch unterzeichnet worden war. Die Betriebsvereinbarung war dann vom Arbeitgeber zum einen 30.12.2001 gekündigt worden.
Streit um Höhe des geschuldeten Lohns
Im Jahr 2006 vereinbarten die Parteien dann im Zusammenhang mit einer Arbeitszeiterhöhung dass das Gehalt entsprechend der 0,78 Stelle auf 1933,90 € erhöht wird und alle übrigen Bestandteile des Arbeitsvertrags unverändert gültig bleiben. Gleichwohl vertritt der Arbeitnehmer die Auffassung dass ihm aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahme Vergütung nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst in der für die kommunalen Arbeitgeber geltenden Fassung bzw. dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder zustehen würde. Da der Arbeitgeber hierzu anderer Meinung war landete der Rechtsstreit schließlich vor Gericht. Sowohl vor dem Arbeitsgericht als auch dem Landesarbeitsgericht war der Arbeitnehmer unterlegen.
BAG korrigiert Entscheidungen der Instanzgerichte
Zunächst hat das BAG klargestellt, dass es sich bei der Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag um eine sogenannte dynamische Bezugnahmeklausel handeln würde. Die Vergütung wurde damit nach den jeweils geltenden Regelungen des BAT und nachfolgend des TV D/VKA individuell vereinbart, so dass der Kläger einen klagbaren Anspruch darauf hat auch nach der entsprechenden Entgelttabelle vergütet zu werden.
Da es sich bei einer individuell vereinbarten Regelung der Hauptleistungspflicht nicht um allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, also auch keine AGB-Kontrolle stattfindet, konnte deshalb der Arbeitgeber auch nicht wirksam durch Abschluss einer Betriebsvereinbarung in das arbeitsvertraglich vereinbarte Gehaltsgefüge zulasten des Arbeitnehmers eingreifen. Die Frage, ob allgemeine Geschäftsbedingungen generell über Betriebsvereinbarungen modifiziert werden können, haben die Richter am BAG – weil es nicht maßgeblich darauf angekommen war – ausdrücklich offengelassen.