Wird vom Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis fristlos gekündigt und betritt daraufhin der Arbeitnehmer zu einem späteren Zeitpunkt eigenmächtig das Betriebsgelände, ohne dass dies mit dem Arbeitgeber abgesprochen war, so handelt es sich zwar um eine Pflichtverletzung. Diese wiegt aber nicht so schwer, dass der Arbeitgeber darauf eine erneute fristlose Kündigung stützen kann (Arbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 23.Februar 2022, 10 Ca 4119/21).
Aufruf zur Betriebsratswahl beschert Arbeitnehmerin drei fristlose Kündigungen
In dem entschiedenen Rechtsstreit hatte die Klägerin Kündigungsschutzklage gegen drei fristlose Kündigungen eingereicht. Nachdem sie zur Wahl eines Betriebsrats aufgerufen hatte, reagierte der Arbeitgeber mit einer 1. fristlosen Kündigung. Gestützt war diese auf wiederholtes Zuspätkommen, wofür die Klägerin bereits zuvor einschlägig abgemahnt worden war.
Eine 2. fristlose Kündigung stützte der Arbeitgeber auf den Vorwurf der Wahlmanipulation. Dies deshalb, weil die Klägerin gemeinsam mit 2 Kolleginnen zu einer Betriebsversammlung zur Wahl eines Wahlvorstands eingeladen hatte. Der dafür angemietete Raum war nach Auffassung des Arbeitgebers im Hinblick auf die einzuhaltenden Coronaschutzmaßnahmen zu klein. Dies habe nach der Argumentation des Arbeitgebers dazu geführt, dass nur wenige Arbeitnehmer der Einladung hätten Folge leisten können und damit die Wahl der Klägerin sichergestellt worden sein. Dies sei, so die Argumentation des Arbeitgebers, eine eindeutige Wahlmanipulation.
Obwohl die Klägerin bereits zwei fristlose Kündigungen erhalten hatte, betrat sie eigenmächtig und ohne Abstimmung mit dem Arbeitgeber erneut das Betriebsgebäude, um dort eine neue Einladung zu einer Wahlversammlung aufzuhängen. Der Arbeitgeber wertete dies als Hausfriedensbruch, weil die Klägerin das mit den fristlosen Kündigungen einhergehende Hausverbot missachtet habe und sprach eine erneute fristlose Kündigung aus.
Arbeitgeber hat bei allen drei Kündigungen das Nachsehen
Vor dem Arbeitsgericht fand die Argumentation des Arbeitgebers jedoch bei allen drei Kündigungen kein Gehör.
Häufiges Zuspätkommen rechtfertigt nur verhaltensbedingte Kündigung, die aber vorliegend ausgeschlossen ist
Die Richter stellten zwar fest, dass wiederholtes Zuspätkommen, gerade dann, wenn so wie die Klägerin, bereits eine einschlägige Abmahnung erfolgt ist, eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen könne. In Betracht käme allerdings keine fristlose Kündigung, sondern lediglich eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung. Eine solche sei aber vorliegend gerade nicht möglich, weil die Klägerin als Initiatorin der Betriebsratswahl Sonderkündigungsschutz genießt und damit nicht ordentlich gekündigt werden kann.
Keine tatsächlichen Anhaltspunkte für Wahlmanipulation
Soweit der Kläger die 2. fristlose Kündigung auf den Vorwurf der Wahlmanipulation gestützt hatte, konnte das Arbeitsgericht auch diese Argumentation nichts abgewinnen. Dies deshalb, weil der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast trägt und schon keine tatsächlichen Anhaltspunkte vorgetragen hatte, die den Vorwurf der Wahlmanipulation hätten stützen können.
Ignoriertes Hausverbot rechtfertigt lediglich Abmahnung
Schließlich ging der Arbeitgeber auch mit der 3. fristlosen Kündigung worden. Die Richter räumten zwar ein, dass die Missachtung eines Hausverbots nach vorangegangener fristloser Kündigung eine erneute Pflichtverletzung des Arbeitnehmers darstellen würde. Es sei allerdings unverhältnismäßig darauf mit einer (weiteren) fristlosen Kündigung zu reagieren. Vielmehr hätte es ausgereicht die Pflichtverletzung mit einer Abmahnung zu sanktionieren.
Anmerkung:
Der Fall verdeutlicht, dass Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die im Rahmen einer Betriebsratswahl Sonderkündigungsschutz genießen, selbst dann, wenn der Arbeitgeber, so wie hier, mit harten Bandagen kämpft, schon goldene Löffel stehlen müssen, um in dieser Situation noch wirksam gekündigt werden zu können. Ansonsten münden jedwede Pflichtverletzungen regelmäßig bestenfalls in einem Grund für eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung, die aber aufgrund des Sonderkündigungsschutzes in dieser Situation dann nicht greift.
Der Fall verdeutlicht aber auch, dass selbst ein ausgesprochenes Hausverbot kein probates Mittel ist, um arbeitsrechtlich gegen einen Mitarbeiter, der sich nicht daran hält, in dieser Situation wirksam vorgehen zu können. Dass die Missachtung eines Hausverbots zugleich aber stets strafrechtlich als Hausfriedensbruch greifbar sein kann, spielt dabei keine Rolle. Zumal es Arbeitgeber in einer solchen Situation regelmäßig eher weniger darum geht, Mitarbeiter strafrechtlich sanktionieren zu lassen, sondern die Bildung eines Betriebsrats zu verhindern.