Bei einer Scheidung bestimmen sich die Gerichts- und Rechtsanwaltskosten des Scheidungsverfahrens nach dem Verfahrenswert. Eine in der Praxis wichtige Position ist dabei das Quartalseinkommen der Ehegatten, also das was beide Eheleute verdienen. Was aber ist, wenn sich ein Ehegatte in Insolvenz befindet, so dass ihm nur ein geringer Teil seines Erwerbseinkommens verbleibt? Das OLG Hamm hat in seinem Urteil vom 02.11.2017 (4 WF 207/17) entschieden, dass der Wertberechnung das volle Einkommen zugrunde zu legen ist.
Ehefrau verdient 7.900 €, ihr verbleiben aber aufgrund eines Insolvenzplans nur 2.200 €
In dem entschiedenen Rechtsstreit hatte die Ehefrau 7.900 € monatlich verdient und ihr Ehemann 1.200 €. Aufgrund eines Insolvenzplans verblieben der Frau aber monatlich lediglich 2.200 €. Gleichwohl haben die Richter den Wert für das Scheidungsverfahren auf 27.300 € festgelegt (7.900 € + 1.200 € x 3).
Bei einer Scheidung – also in einer Ehesache – ist für diesen Wert einerseits auf die Umstände des Einzelfalles und dabei auf den Umfang und die Bedeutung der Sache sowie andererseits auf die Vermögens- und Einkommensverhältnisse abzustellen.
Umfang und Bedeutung der Sache bilden dabei ein Kriterium, das der Gesetzgeber zwar so ins Gesetz aufgenommen hat. Dies spielt aber in der Praxis keine Rolle, sondern es wird stattdessen meist nur auf die Einkommensverhältnisse abgestellt. Hinsichtlich des Kriteriums Einkommensverhältnisse ist im Gesetz geregelt, dass damit das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen der Ehegatten gemeint ist. Weil das Gesetz nicht regelt, dass die monatlichen Belastungen für Schulden oder Verbindlichkeiten vom Einkommen abzuziehen sind und weil der Verfahrenswert für eine Scheidung pragmatisch und rasch festgestellt werden soll, habe monatlich zu erbringende Zahlungen für Kredite etc. keinen Einfluss auf die Wertfestsetzung. Da die laut Insolvenzplan erfolgenden Abzüge nichts Anderes als Belastungen wegen Schulden sind, haben die Richter diese Abzüge bei der Wertbestimmung außen vor gelassen und das Ausgangsnettoeinkommen der Frau neben dem Nettoeinkommen des nicht von einer Insolvenz betroffenen Mannes für die Wertfestsetzung herangezogen.
Verfahrenskostenhilfe macht Scheidung auch in der Insolvenz möglich
Wer sich in einer ähnlichen Situation befindet, also aufgrund einer Insolvenz nur über einen Teil seines in Wahrheit erzielten Einkommens verfügen kann, muss aber nicht befürchten, sich deshalb wegen der hohen Kosten nicht scheiden lassen zu können. Auch dann, wenn Insolvenz oder Schulden keinen Einfluss auf den Verfahrenswert haben, so kann doch Anspruch auf Verfahrenskostenhilfe bestehen, also darauf, dass die Staatskasse ganz oder teilweise die Kosten für Gericht und Rechtsanwalt übernimmt.