Endet ein Arbeitsverhältnis, ohne dass der Arbeitnehmer den ihm zustehenden Mindesturlaub nehmen konnte, dann ist der Urlaub in Geld abzugelten. Dies ist in § 7 Abs. 4 BUrlG so geregelt.
Völlig unproblematisch erfasst wird von dieser Regelung der Fall, dass das Arbeitsverhältnis infolge einer Kündigung, sei es durch den Arbeitgeber oder den Arbeitnehmer, endet.
Ein Arbeitsverhältnis kann aber auch dadurch enden, dass der Arbeitnehmer dauerhaft arbeitsunfähig wird und deshalb aus dem Betrieb ausscheidet. Auch in derartigen Fällen ist anerkannt, dass in Anspruch auf Urlaubsabgeltung besteht.
Keine einheitliche Rechtsprechung zu der Frage ob der Anspruch auf Urlaubsabgeltung in den Nachlass fällt
Endet das Arbeitsverhältnis allerdings deshalb, weil der Arbeitnehmer verstirbt, und beansprucht der Erbe nunmehr Abgeltung des nicht mehr in natura einbringbaren Urlaubs, dann ist Streit vorprogrammiert, weil hier die Rechtsprechung nicht einheitlich ist. Der Urlaubsanspruch dient nämlich grundsätzlich der Erholung des Arbeitnehmers. Ist dieser aber verstorben, dann kann der Erholungszweck nicht mehr erreicht werden. So argumentieren diejenigen, die einen solchen Anspruch verneinen.
BAG hat bisher Übergang auf Erben verneint, legt nunmehr aber die Rechtsfrage dem EuGH zur Entscheidung vor
Das BAG, das neuerlich mit dieser Frage befasst wurde sah sich durch das Urteil des EuGH vom 12.06.2014 (NZA 2014,651) in dem dieser entschieden hatte, dass der vom BAG angenommene Untergang des Urlaubsanspruchs Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG widerspricht, daran gehindert an seiner bisherigen Rechtsprechung festzuhalten und hat deshalb mit Vorlagebeschluss vom 18.10.2016 (9 AZR 196/16) den Rechtsstreit dem EuGH zur neuerlichen Entscheidung vorgelegt.
Der Ehemann der Klägerin war 2013 verstorben. Diese verlangte als Erbin ihres verstorbenen Ehemanns vom Arbeitgeber Urlaubsabgeltung und war in den Vorinstanzen, also beim Arbeitsgericht und beim Landesarbeitsgericht, auch erfolgreich.
Nachdem das BAG in seiner bisherigen Rechtsprechung davon ausgegangen ist, dass weder Urlaubs- noch Urlaubsabgeltungsansprüche nach § 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz i.V.m. § 1922 Abs. 1 BGB auf Erben des verstorbenen Arbeitgebers übergehen und auch noch keine einschlägige europarechtliche Rechtsprechung zu der Frage vorliegt, ob europarechtlich ein solcher Anspruch auch dann besteht, wenn nationales Erbrecht dies ausschließt, hat das Bundesarbeitsgericht sein Verfahren ausgesetzt und die Rechtsfrage zur Entscheidung dem EuGH vorgelegt. In dem Urteil aus dem Jahr 2014 hatten sich die Europarichter nämlich nicht mit der Frage entgegenstehenden nationalen Rechts befasst.
Der Verfasser geht davon aus, dass der EuGH auch diese Frage zugunsten der Vererbbarkeit des Abgeltungsanspruchs entscheiden wird.
Wir werden berichten, sobald der EuGH entschieden hat.
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Rechtsanwalt Graf ist auch Testamentsvollstrecker sowie Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.). und DIGEV (Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e. V.)
Rechtsanwalt Detzer wird regelmäßig von den Amtsgerichten Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen als Nachlasspfleger bestellt.