Während vormals – bis zur Grenze der Sittenwidrigkeit – der Arbeitslohn zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer frei verhandelbar war, setzt seit längerem das Mindestlohngesetz eine Untergrenze, die vom Arbeitgeber nicht unterschritten werden darf. Was aber ist, wenn der Mindestlohn zwar unterschritten wird, am Ende aber der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber faktisch trotzdem mindestens so viel erhält wie der Mindestlohn, weil Sonderzahlungen wie Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld gewährt werden. Kann ein Arbeitgeber dann die mit dem Mindestlohngesetz einhergehende fortlaufende Verteuerung der Arbeitsleistung dadurch abfedern, dass er diese Einmalzahlungen einseitig umstellt, um diese auf den Mindestlohn anzurechnen? Eine aktuelle Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Baden-Württemberg liefert wichtige Erkenntnisse dazu.
Rechtlicher Hintergrund
Gemäß § 1 des Mindestlohngesetzes (MiLoG) haben Arbeitnehmer Anspruch auf ein Arbeitsentgelt mindestens in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns. Die Frage, welche Entgeltbestandteile auf den Mindestlohn angerechnet werden dürfen, ist dabei entscheidend. Neben dem MiLoG ist auch § 271 Abs. 2 BGB relevant, der die Fälligkeit von Leistungen regelt.
Die Entscheidung des LAG Baden-Württemberg
In seinem Urteil vom 11. Januar 2024 (Az. 3 Sa 4/23) entschied das LAG Baden-Württemberg, dass Arbeitgeber Einmalzahlungen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld nicht einseitig auf monatliche Zahlungen umstellen dürfen, um diese auf den Mindestlohn anzurechnen. Das Gericht stellte klar, dass eine solche Umstellung gegen § 271 Abs. 2 BGB verstößt. Diese Regelung erlaubt es einem Arbeitgeber nicht, eine dem Arbeitnehmer zustehende jährliche Einmalzahlung ohne dessen Zustimmung in monatlichen Teilbeträgen zu leisten.
Im konkreten Fall hatte eine Arbeitnehmerin geklagt, nachdem ihr Arbeitgeber angekündigt hatte, die bisher jährlich gezahlten Sonderzahlungen künftig monatlich zu leisten und diese auf den Mindestlohn anzurechnen. Das Gericht urteilte, dass die jahrelang praktizierte Zahlung in Einmalbeträgen eine feste Leistungszeit begründet, die nicht einseitig geändert werden kann.
Fazit
Die Entscheidung des LAG Baden-Württemberg vom 11. Januar 2024 betont, dass eine einseitige Umstellung von Einmalzahlungen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld auf monatliche Zahlungen nicht zulässig ist, um diese auf den Mindestlohn anzurechnen. Arbeitgeber müssen solche Änderungen vertraglich vereinbaren oder auf tarifliche Regelungen zurückgreifen. Arbeitgeber sollten daher bei der Gestaltung ihrer Lohnstrukturen sorgfältig vorgehen und die rechtlichen Rahmenbedingungen beachten, um Konflikte zu vermeiden und die Rechte der Arbeitnehmer zu wahren.
Diese Klarstellungen tragen dazu bei, die Einhaltung der Mindestlohnvorschriften zu gewährleisten und die Rechte der Arbeitnehmer zu schützen. Arbeitnehmer, die sich unsicher sind, ob ihre Sonderzahlungen korrekt behandelt werden, sollten rechtlichen Rat einholen, um ihre Ansprüche zu sichern.