Stirbt ein Mensch ohne ein Testament hinterlassen zu haben, dann geht sein Nachlass als Ganzes und ungeteilt aufgrund gesetzlicher Erfolge auf den oder die Erben über. Das, was auf den ersten Blick einfach erscheint, ist in der Praxis manchmal deshalb schwierig, weil immer mehr Menschen alt und einsam sterben, ohne, dass auf den ersten Blick Erben vorhanden wären.
In derartigen Fällen wird regelmäßig vom zuständigen Nachlassgericht ein Rechtsanwalt als Nachlasspfleger bestellt, der den Nachlass sichern, aber auch mögliche Erben ermitteln soll. Es gibt zwischenzeitlich sogar Anwaltskanzleien, die ausschließlich in diesem Bereich tätig sind. Gerade bei werthaltigen Nachlässen gibt es aber auch sog. Erbenermittler, also Privatpersonen oder Firmen, die ihre Tätigkeit nicht – im Gegensatz zum Nachlasspfleger – aus dem Nachlass vergütet erhalten, sondern die auf eigene Kosten und eigenes Risiko Erben ermitteln, um dann mit diesen umfangreiche Geschäftsbesorgungsverträge abzuschließen, bei dem sie sich prozentual am Nachlass dafür beteiligen lassen, dass sie dem Ermittelten mitteilen, dass er Erbe geworden ist und wie er an das Vermögen gelangt.
Da die Vorleistungen, die erbracht werden müssen, oft erheblich sind, versuchen Erbenermittler meist mit den möglichen Erben Formularverträge mit dem Inhalt abzuschließen, dass eine Auskunftspflicht nur dann besteht, wenn mit sämtlichen Erben ein solcher Vertrag abgeschlossen werden konnte.
Der BGH hat nun letztinstanzlich mit Urteil vom 19.05.2016 (III ZR 274/15) entschieden, dass eine in einem solchen Vertrag verwendete klauselmäßige Bedingung wirksam ist und einem einzelnen Erben, auch wenn er Vertragspartner geworden ist, kein klagbarer Auskunftsanspruch gegen den Erben Ermittler zusteht.
In dem entschiedenen Fall hatte der Erbenermittler an den Erben ein standardisiertes Schreiben versandt in dem es u.a.:
„Bemerken möchte ich, dass in dem Honorar von 25 % plus Mehrwertsteuer, welches erst und vor allen Dingen nur bei Auszahlung des Ihnen zustehenden Anteils an dem Nachlass oder dessen Übernahme fällig wird, sämtliche mir bei den bisherigen umfangreichen Nachforschungen entstandenen und die noch entstehenden Kosten und Auslagen enthalten sind. Vorauszahlung brauchen Sie nicht zu leisten. Meine Aufgabe wird es sein, alle zur Durchsetzung des Erbanspruchs erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, insbesondere:
…
Da die Bearbeitung einer derartigen Angelegenheit erst und nur dann kompliziert und kostspielig wird, wenn nicht ein Bevollmächtigter für alle Erben handeln kann, bitte ich um Verständnis, dass die Bearbeitung davon abhängig gemacht wird, dass ich auch von allen von mir ermittelten Erben Vollmacht und Honorarvertrag erhalte.“
Der Kläger unterzeichnete die Formulare für die Honorarvereinbarung und Vollmacht und forderte den Ermittler in der Folgezeit mehrfach auf, ihm Auskunft und Rechenschaft über den Stand der Nachlassangelegenheit zu erteilen, insbesondere erlangte Unterlagen zu übersenden. Der Erbenermittler erteilte zwar Auskunft über den ermittelten Umfang des Nachlasses sowie über Kenntnisse zu den Verwandten des Erblassers und teilte noch mit, dass für das Erbscheinsverfahren noch erforderliche Unterlagen fehlen würden. Er übermittelte aber keine näheren Auskünfte und übersandte auch keine Unterlagen.
Der ungeduldige Erbe wollte nicht länger warten und verlangte deshalb vor Gericht umfassende Auskunft über sämtliche bisherigen Bemühungen sowie das ihm sämtliche im Zuge dieser Bemühungen versendeten und eingegangenen Schriftstücke in Kopie oder elektronisch zur Verfügung gestellt würden.
Der Erbenermittler dagegen war der Auffassung, dass er hierzu so lange nicht verpflichtet sei, bis er nicht von sämtlichen Erben unterzeichnete Vollmacht und Honorarvereinbarung erhalten habe.
Der BGH bejahte zwar zunächst, dass mit der Unterzeichnung der Vollmacht und der Honorarvereinbarung zwischen dem Erbenermittler und dem Erben ein Geschäftsbesorgungsvertrag zustande gekommen sei. Bei der Bestimmung des Vertragsinhalts sei aber auch das vorgenannte Schreiben zu berücksichtigen. Denn dieses enthält bei objektiver Betrachtung wesentliche, die Willenserklärung der Beklagten zum Inhalt ihrer Verpflichtungen tragende Ausführungen. Der beklagte Ermittler hat hierin die Verpflichtung zur weiteren Tätigkeit davon abhängig gemacht, dass er von allen ermittelten Erben Vollmacht und Honorarvertrag erhält, also die Bearbeitungspflicht unter eine aufschiebende Bedingung im Sinne von § 158 Abs. 1 BGB gestellt. Gegen die Wirksamkeit einer solchen Regelung hatten die Richter keine Bedenken.
Ansprechpartner zum Erbrecht:
Rechtsanwalt Graf ist auch Testamentsvollstrecker sowie Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.). und DIGEV (Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e. V.)
Rechtsanwalt Detzer wird regelmäßig von den Amtsgerichten Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen als Nachlasspfleger bestellt.