Im Frühsommer hat eine Entscheidung des Amtsgerichts Frankfurt am Main (Urteil vom 3. Juni 2022, 974 O4533, Js-Owi 18474/22) für Aufsehen gesorgt, weil das Gericht den betroffenen Fahrer, der einen Rotlichtverstoßes begangen hatte zu einer Geldbuße von 350 €, anstatt lediglich 200 €, wie sie Bußgeldkatalog vorgesehen ist, und einem einmonatigen Fahrverbot verurteilt hatte. Der Richter hatte dabei eine Schärfung des Bußgeldes u.a. mit der Begründung vorgenommen, dass von dem geführten Fahrzeug, einem SUV, eine größere abstrakte Gefährdung aufgrund der kastenförmigen Bauweise und erhöhten Frontpartie für andere Verkehrsteilnehmer ausgehen würde.
OLG Frankfurt erteilt Bußgeldzuschlag für SUV-Fahrer eine Absage
Die gute Nachricht für alle SUV-Fahrer ist, dass allein das bloße Führen eines SUV kein erhöhtes Bußgeld rechtfertigt. Die Richter am OLG haben klargestellt, dass der Bußgeldkatalog der gleichmäßigen Behandlung sehr häufig vorkommender, wesentlich gleich gelagerter Sachverhalte, gewährleisten soll, grundsätzlich auch für die Fahrer große und teurer Autos gilt. Er solle eine Schematisierung herbeiführen, so dass grundsätzlich besondere Umstände des Einzelfalls zurücktreten. Nur ein deutliches Abweichen vom Normalfall rechtfertige deshalb eine Abweichung. Die Feststellung solcher außergewöhnlicher Umstände bedürfe einer über die Benennung eines diffusen Fahrzeugtyps oder Modells hinausgehender Betrachtung des Einzelfalls.
Die vom Amtsgericht erwähnte „größere“ abstrakte Gefährdung bzw. „erhöhte“ Verletzungsgefahr erfülle nicht die Anforderungen an derartigen Feststellungen. Es fehle vielmehr an der erforderlichen Einzelfallbetrachtung, soweit sich die Zumessungserwägungen auf einen noch nicht einmal trennscharf bestimmbaren – Fahrzeugtyp ohne nähere Definition beschränkten.
Jedenfalls wären die wesentlichen gefährdungsrelevanten Charakteristika zu ergründen gewesen. Da die Gruppe der „SUV“ sehr heterogen seien, erscheine zudem ein Schluss von der Gruppenzugehörigkeit auf gefahrrelevante Umstände nicht möglich (OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 29.09.2022 – 3 Ss-OWi 1048/22).
Erhöhte Geldbuße im Ergebnis aber gleichwohl richtig
Die schlechte Nachricht aus Sicht des betroffenen Fahrers war dagegen, dass trotz dieses fauxpas des Amtsgerichts bei der Urteilsfindung, das ihm zwischenzeitlich sehr stark vom Sozialneid geprägten Deutschland nicht zu einem Aufschrei, sondern durchaus, jedenfalls teilweise für Zustimmung gesorgt hat, im Ergebnis der Bußgeldbescheid nicht aufgehoben, sondern die Beschwerde des Autofahrers zurückgewiesen hat. Dies deshalb, weil der Betroffene bereits vor 13 Monaten einen Rotlichtverstoßes begangen hatte, so dass unter Berücksichtigung dieser Vorahndung ein deutliches Abweichen von dem im Katalog geregelten Normalfall festzustellen sei, so die Richter. Deshalb ist auch ein Überschreiten des Bußgeldrahmens möglich.
Anmerkung:
Was lernen wir daraus? Im Recht kommt es oft nicht auf das Ergebnis, sondern auf die Begründung an…. Dass der Amtsrichter hier über das Ziel hinausgeschossen ist, und medial für eine Diskussion darüber gesorgt hat, ob nicht per se SUV-Fahrer auch bei Geldbußen stärker zur Kasse gebeten werden sollen, bleibt damit ohne Folgen. Die Kosten, auch des Beschwerdeverfahrens, trägt am Ende der weniger wegen des Rotlichtverstoßes, sondern mehr wegen des dabei benutzten Fahrzeugs an den medialen Pranger gestellte SUV-Fahrer. Dass dann, wenn der Amtsrichter sein Urteil gleich richtig begründet worden wäre, vielleicht das Beschwerdeverfahren niemals stattgefunden hätte, spielt dabei keine Rolle. Am Ende freut sich die Staatskasse.