Vor Gericht geht es manchmal heiß her, insbesondere dann, wenn Emotionen im Spiel sind. Gerade Verfahren vor dem Arbeitsgericht zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern werden in kleineren und mittleren inhabergeführten Unternehmen oft sehr emotional geführt, gerade dann, wenn der Arbeitnehmer Geld haben will und der Arbeitgeber der Meinung ist, dies bereits gezahlt zu haben, vom Arbeitnehmer also abgezockt zu werden. Platzt dem Arbeitgeber dann der Kragen, dann gibt es besonders dreiste Arbeitnehmer, die glauben auch daraus noch Kapital schlagen zu können, indem sie zusätzlich Schmerzensgeld wegen Angriffe auf ihre Persönlichkeit im Prozess geltend machen. Wir haben gerade auf Arbeitgeberseite vor dem Arbeitsgericht München (Urteil vom 21.03.2017 – 3 Ca 11254/16) erfolgreich einen solchen Schmerzensgeldanspruch eine Arbeitnehmerin abgewehrt. Diese wollte mindestens 2000 € dafür haben, weil der Arbeitgeber sie im Gütetermin einen „Junkie“ genannt hatte, der (auch) jede Bank bescheißen würde.
Streit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmerin über Verrechnung einer Vorschusszahlung
Die Arbeitnehmerin war bereits finanziell klamm als sie beim Arbeitgeber angefangen hatte. Dieser hatte ein weiches Herz und wollte ihr aus der Patsche zu helfen. Er hatte deshalb im ersten Beschäftigungsmonat ihr über den Lohn hinaus 1.200 € in bar gegen Quittungen gezahlt, wobei die Parteien vereinbart hatten, dass dies eine Vorschusszahlung auf zukünftigen Lohn sein soll und die Arbeitnehmerin davon monatlich 100 € vom künftigen Lohn einbehält. Sollte das Arbeitsverhältnis vor dem Ablauf von zwölf Monaten sein Ende finden, dann sollte der dann noch offene Restbetrag zur Zahlung fällig und mit etwaigen Lohnansprüchen verrechnet werden. Dies war dem Arbeitgeber wichtig, weil er wusste, dass die Arbeitnehmerin bereits rund 50.000 € an Schulden angehäuft hatte und deshalb die Gläubiger bei ihr bereits Schlange standen.
Das Arbeitsverhältnis entwickelte sich aber anders als geplant fand dann recht schnell aufgrund fristloser Arbeitgeberkündigung während der Probezeit sein Ende. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Arbeitnehmerin erst 200 € zurückbezahlt, so dass also noch 1.000 € offen waren.
Der Arbeitgeber rechnete den letzten Monat der Beschäftigung ordnungsgemäß ab, zahlte aber den Nettobetrag nicht aus, sondern verrechnet diesen mit seiner Forderung. Nach seiner Berechnung hätte er dann bereits eine Überzahlung von rund 50 € geleistet.
Arbeitgeber gerät im Gütetermin in Rage, weil die Arbeitnehmerin sich nicht an die getroffene Verrechnungsvereinbarung halten will, sondern zusätzliche Zahlung beansprucht
Die Arbeitnehmerin wollte allerdings von der Absprache nichts mehr wissen, zog vor Gericht und vertrat die Auffassung, es habe sich bei der Vorauszahlung durch den Arbeitgeber um keinen Vorschuss, sondern in Wahrheit um ein Darlehen gehandelt, sodass unter Beachtung der Pfändungsfreigrenzen eine Verrechnung nicht zulässig sei. Ein Wort gab das andere. Der Arbeitgeber, der zu diesem Zeitpunkt noch nicht anwaltlich vertreten war, geriet dabei so in Rage, dass er die Klägerin einen Junkie nannte, der (auch) jede Bank bescheiße, weil es sich nicht um einen Darlehnsvertrag, sondern um einen reinen Vorschussvertrag gehandelt habe. Dies wohl vor dem Hintergrund, dass er während der kurzen Beschäftigung einerseits zu der Meinung gelangt war, dass die Klägerin ein Tabletten- oder Drogenproblem hatte und darüber hinaus Probleme mit ihrer Bank, weil sie den Lohn nie überwiesen, sondern stets in bar ausgezahlt haben wollte.
Klägerin verlangt nun zusätzlich 2.000 € Schmerzensgeld wegen Prozessäußerung
Die mit Prozesskostenhilfe klagende Klägerin ergriff die Gelegenheit beim Schopf, erweiterte die Klage und verlangte nunmehr zusätzlich mindestens 2.000 € Schmerzensgeld von ihrem ehemaligen Arbeitgeber, weil sie sich durch dessen Äußerung beleidigt gefühlt hat.
Diese Auffassung teilten allerdings die Richter am Arbeitsgericht München nicht. Die Klägerin hat nämlich keinen Anspruch aus § 823 Abs. 1 und Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG. Eine solche Geldentschädigung kann nämlich, so die Richter, nicht schon bei der „bloßen Beleidigung“ verlangt werden. Vielmehr ist eine schwere Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts erforderlich, der nicht auf andere Weise befriedigend aufgefangen werden kann. Ob eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung vorliegt, hängt insbesondere von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner vom Anlass und Beweggrund des Handelnden, sowie vom Grad seines Verschuldens ab (siehe hierzu LG Berlin vom 13.08.2012, 33 O 434/11 und LAG Rheinland-Pfalz vom 17.06.2011, 7 Sa 2/11). Nach Auffassung der Kammer kommt es demnach gerade nicht darauf an, ob die Äußerung des Beklagten insbesondere im Gütetermin beleidigend oder schwer beleidigend gewesen war. Ein schwerwiegender Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin ist im Hinblick auf alle Umstände des Einzelfalles nach Auffassung der Kammer nicht anzunehmen.