Wer als Händler auf der Handelsplattform Amazon Waren verkauft, sieht sich gelegentlich mit wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen eines Mitbewerbers konfrontiert, obwohl das von ihm ursprünglich eingestellte Angebot rechtlich nicht zu beanstanden war. Die bei Amazon von einem Anbieter eingestellten Angebote können nämlich von anderen Anbietern jederzeit und ohne Weiteres ergänzt und überschrieben werden. Dies hat den Hintergrund, dass Amazon sog. Artikeldubletten vermeiden möchten. Deshalb gibt Amazon dem Anbieter beim Einstellen eines Angebotes vor, dass der Barcodes jedes Artikels (EAN, ISBN, UPC) sowie weitere Attribute, wie z. B. Titel, Erscheinungsjahr, Hersteller oder Modellnummer, anzugeben sind. So ist es Amazon möglich, die individuellen Produkt- und Angebotsdaten eines Anbieters weiteren vergleichbaren, bereits bestehenden Angeboten zuzuordnen.
D. h. aber auch: Bieten mehrere Anbieter ein Produkt mit dem gleichen Barcode, also der gleichen EAN, ISBN oder UCP an, werden deren Produktbeschreibungen auf einer einheitlichen Produktangebotsseite zusammengefasst, ohne dass eine getrennte Kennzeichnung der Produktbeschreibungen nach dem jeweiligen Anbieter erfolgt. Amazon möchte damit erreichen, dass für einen dieselbe Ware nicht unterschiedliche Angebote scheinen, sondern dass es lediglich einen einheitlichen Produktkatalog gibt.
Ähnlich ist es auch bei den Produktüberschriften: Ein später eingestelltes Angebot für das gleiche Produkt mit der gleichen EAN, ISBN oder UCP-Nummer kann die Überschrift verändern.
Ziel dieser Vorgehensweise von Amazon ist es, den Kunden nur eine Detailseite je Artikel anzuzeigen, auf der sich eine umfassende Beschreibung des Artikels befindet. Hier kann sich der Kunde über den Artikel informieren, sowie alle konkurrierenden Angebote finden, ohne zwischen unterschiedlichen Seiten hin und her zu navigieren. Aus Sicht von Amazon soll dies die Transparenz des Marktplatzes erhöhen und die aufgelisteten Angebote vergleichbarer machen.
Amazon erläutert diese Vorgehensweise im Beitrag „Vermeiden Sie Artikeldubletten“ im Amazon Seller-Support wie folgt:
„Da mehrere Händler das gleiche Produkt auf ein – und derselben Seite anbieten können, können die Daten aus Beiträgen verschiedener Verkäufer automatisch zusammengesetzt worden sein. Wenn mehrere Verkäufer unserem System Beiträge für eine ASIN liefern, legt ein Algorithmus im Hintergrund fest, welche der vorhandenen Produktmerkmale, Produktbeschreibungen, Produktinformationen und Produkttitel tatsächlich auf der Detailseite angezeigt werden. Dieser Prozess kann nicht manuell beeinflusst werden.“
Das Landgericht Hamburg hat nun in seinem von unserer Kanzlei erstrittenen Urteil vom 17.01.2013 (327 O 233/12) klargestellt, dass bei einer nachträglichen Veränderung durch einen Dritten kein Unterlassungsanspruch geltend gemacht werden kann und dazu ausgeführt:
„Der Klägerin stehen die gegen den Beklagten geltend gemachten Unterlassungsansprüche aus den §§ 4 Nr. 11, 8 Abs. 1 UWG i. V. m. § 1 Abs. 1 und 6 Satz 2, 2 Abs. 1 PAngV bzw. den §§ 3, 5, 8 Abs. 1 UWG nicht zu.
I.
Im Hinblick auf das Angebot gemäß Anlage K 3 liegt zwar in der Angabe zweier voneinander abweichender Grundpreisangaben betreffend das Produkt „Wasserpaß Reiniger 500 ml von Yachticon – incl Pflegetuch (gratis).Wasserpass Reiniger“ ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur Angabe einer zutreffenden Grundpreisangabe gemäß § 2 Abs. 1 PAngV.
Hieraus ergibt sich indes kein Unterlassungsanspruch gegen den Beklagten, in dessen Person weder eine Erstbegehungs- noch eine Wiederholungsgefahr besteht.
Mit der Vorlage des Schreibens der Amazon.de GmbH vom 26.11.2012 (Anlage B 5) hat der Beklagte substantiiert vorgetragen, dass die Angabe „Preis pro Liter: 25,00 Euro“ in dem Angebot gemäß Anlage K 3 von einem Drittanbieter in den Angebotstext eingefügt worden ist. Das Schreiben der Amazon.de GmbH bezieht sich auch auf das Angebot gemäß Anlage K 3, welches ausweislich der aus Anlage K 3 ersichtlichen Internetbrowserzeile durch die auch in dem Schreiben gemäß Anlage B 5 angegebene ASIN B001SPBC6M gekennzeichnet ist.
Nach der Abmahnung durch die Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 30.12.2011 und Kenntniserlangung von dem hier in Rede stehenden Verstoß gegen die PAngV hat sich der Beklagte, wie aus Anlage B 2 ersichtlich, an „Amazon“ gewendet und um Änderungen u. a. in der Produktbeschreibung u. a. bei dem Produkt mit der ASIN B001SPBC6M gebeten. Mittlerweile ist der Hinweis „Preis pro Liter: 25,00 Euro“ in dem hier in Rede stehenden Angebot entfernt worden. Der Beklagte ist damit nach Kenntniserlangung von dem Verstoß gegen die PAngV in dem Angebot gemäß Anlage K 3 unverzüglich tätig geworden. Dem ist die Klägerin auch nicht substantiiert entgegengetreten.
Einen danach fortgesetzten Verstoß gegen die PAngV wie aus Anlage K 3 ersichtlich durch den Beklagten hat die Klägerin nicht vorgetragen.
II.
Im Hinblick auf das Angebot gemäß Anlage K 4 ist der Beklagte nicht passivlegitimiert für den von der Klägerin geltend gemachten Unterlassungsanspruch wegen des behaupteten Verstoßes gegen die PAngV. Das Angebot gemäß Anlage K 4 stammt ersichtlich von dem Anbieter „…“, nicht indes von dem Beklagten.“
Fazit:
Wer bei Amazon Waren verkauft, der sollte regelmäßig überprüfen, ob seine Angebote nicht nachträglich verändert wurden. Im Falle eines Rechtsstreits ist auch hilfreich, wenn das Angebot in seiner ursprünglichen Form noch vorhanden ist und deshalb dem Gericht nachgewiesen werden kann, dass kein Rechtsverstoß begangen wurde.