Handelsplattformen im Internet sind eine großartige Erfindung. Lässt sich doch vom heimischen Schreibtisch aus unkompliziert und meist auch kostengünstig nahezu jedes erdenkliche Produkt, erwerben. Leider gibt es sowohl auf Verkäuferseite, aber auch auf Käuferseite, schwarze Schafe, die die Anonymität des Internets dazu nutzen möchten, andere zu übervorteilen.
Fälle, in denen Waren zum Kauf angeboten werden, über die der Verkäufer in Wahrheit gar nicht verfügt, so dass es im Ergebnis nur darum geht, möglichst vielen Interessenten das Geld aus der Tasche zu ziehen, sind eine Variante des Internetbetrugs, über die in den Medien von Zeit zu Zeit berichtet wird. Umgekehrt gibt es aber auch immer wieder Kandidaten, die bereits bei der Anlage ihres Accounts falsche persönliche Daten angeben, um so bei Streitfällen nicht so ohne weiteres greifbar zu sein.
Das AG Kerpen hat sich in seinem Urteil vom 27. Juni 2014 (104 C 106/14) mit einem solchen Fall befasst, bei dem ein Käufer bei der Anmeldung falsche Angaben gemacht hatte und dann trotzdem darauf bestanden hatte, dass ihm seitens des Verkäufers ein günstig erworbener Artikel geliefert wird und im Ergebnis nicht nur den Anspruch abgewiesen, sondern auch gleich den Fall noch der Staatsanwaltschaft zur weiteren Bearbeitung vorgelegt.
Aus den Entscheidungsgründen:
„Nach Auffassung des Gerichts führt dieser Vorstoß dazu, dass kein wirksamer Vertrag zu Stande gekommen ist.
Zu den wesentlichen, unverzichtbaren Bestandteilen eines Vertrages (den sog. essentialia negotii) gehört, zwischen welchen Personen überhaupt eine Einigung zu Stande kommen soll. Bei Verträgen, welche unter Inanspruchnahme der eBay-Plattform geschlossen werden, kommt dabei den Nutzungsbedingungen eine entscheidende Bedeutung zu. Für die Frage, unter welchen Umständen eine Auktion vorzeitig beendet werden kann, entspricht dies der Rechtsprechung des BGH (vgl. dazu das Urteil vom 8.6.2011 – VIII ZR 305/10). Die Nutzungsbedingungen haben aber auch Einfluss darauf, ob überhaupt von einem wirksam geschlossenen Vertrag ausgegangen werden kann. Im Wege der Auslegung besteht dabei kein Zweifel daran, dass der Vertrag zwischen den Personen zustande kommen soll, auf welche die Anmeldedaten verweisen. Diese Daten werden dabei freilich nicht „veröffentlicht“, im Internet agieren die beteiligten Personen unter einem von ihnen gewählten Pseudonym. Bei der durch eBay vermittelten Einigung treten daher zunächst die persönlichen Daten eines Nutzers vollständig in den Hintergrund. Dieser Umstand ändert aber nichts an ihrer rechtlichen Relevanz. So bilden die bei eBay hinterlegten Daten die entscheidenden Anknüpfungspunkte, um überhaupt feststellen zu können, zwischen welchen Personen ein Vertrag zu Stande gekommen sein soll, welche Personen sich also hinter denen von ihnen gewählten Pseudonymen befinden.
Werden dort nun aber falsche Angaben gemacht, so ist es dem „vermeintlichen Vertragspartner“ nicht möglich, überhaupt auf die Person zuzugreifen, mit welcher der „Vertrag“ zustande gekommen sein soll. Diese Person kann vielmehr allenfalls im Wege von aufwändigen Recherchen, etwa über die so genannte IP-Adresse des Computers, ausfindig gemacht werden. Selbst ein solcher Versuch ist zum Scheitern verurteilt, falls zum Beispiel ein öffentliches WLAN Netz benutzt wurde.
Der Richtigkeit der bei eBay hinterlegten Daten kommt daher für die Abwicklung eines Vertrages entscheidende Bedeutung zu; dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn es zu juristischen Auseinandersetzungen zwischen den Beteiligten kommen sollte.
Dies alles macht die Personen, welche bei eBay Waren anbieten oder kaufen wollen schutzwürdig. Zu berücksichtigen ist dann auch, dass es nach den Nutzungsbedingungen von eBay insbesondere verboten ist, „unehrlich oder irreführend zu handeln“ (vgl. dazu schon oben). Auf eine solche Irreführung ist aber das Vorgehen des Klägers ausgerichtet. Seine falschen Angaben dienen der Täuschung im Rechtsverkehr, mit ihnen verbirgt er seine wahre Identität gegenüber anderen Nutzern der Plattform.
Nach Auffassung des Gerichts richtet sich nun aber die Offerte, welche der Beklagte durch die Einstellung seines Angebots bei eBay gemacht hat, nur an solche Personen, welche ihrerseits die Nutzungsbedingungen einhalten und nicht im Internet mit irreführenden und täuschenden Angaben auftreten. Die von dem Beklagten gemachte Offerte richtete sich deshalb schon gar nicht an den Kläger. Die Nutzungsbedingungen bei eBay lassen daher nicht nur Rückschlüsse darauf zu, unter welchen Bedingungen etwa eine Aktion abgebrochen werden kann (vgl. dazu die schon zitierte BGH Entscheidung), sondern auch darauf, welchen Personen überhaupt die Plattform zum Abschluss von Verträgen dienen soll. Nach der Interpretation der Nutzungsbedingungen durch das Gericht sind alle Personen von der Nutzung ausgeschlossen, die bei der Anmeldung ihre wahre Identität verbergen und zur Täuschung dazu falsche Angaben machen.
Soweit für den Kläger ausgeführt worden ist, dass es anderen Nutzern der eBay-Plattform letztlich egal sei, ob von dem Kläger wahrheitsgemäße Angaben zu seiner Person hinterlegt sind oder nicht, stoßen die Ausführungen beim Gericht auf Unverständnis. Wörtlich ist von dem Klägervertreter dazu unter anderem ausgeführt worden:
„Soweit der Kläger – wie hier – als Käufer auftritt, ist einem Vertragspartner sogar völlig gleichgültig, wer – der Käufer oder ein Dritter – den von ihm zur Versteigerung angebotenen Artikel bezahlt.“
Der Klägervertreter versucht damit zu suggerieren, dass dem als Verkäufer auftretenden potentiellen Vertragspartner des Klägers letztlich kein Schaden drohe.
Diese Einschätzung ist offensichtlich falsch. Denn auch bei Vertragsschlüssen unter der Benutzung der eBay-Plattform ist nämlich zwischen dem Zu-Stande-Kommen eines Vertrages und seiner Erfüllung zu unterscheiden. Sollte der Kläger daher unter Benutzung seines Pseudonyms einen Artikel ersteigern, so lässt die von ihm derzeit praktizierte Handhabung das Risiko aufkommen, dass der Kläger danach schlicht nicht seiner Zahlungspflicht nachkommt. Genau in solchen Fällen greift dann aber der potentielle Verkäufer „ins Leere“, weil eben die Person des Klägers über die von ihm hinterlegten Daten nicht ausfindig gemacht werden kann. Dadurch kann es auch für den Anbieter von Waren durchaus zu Schäden kommen, weil durch das Mitbieten des Klägers das Zu-Stande-Kommen eines anderen Vertrages verhindert worden sein kann. Auch wenn es daher dem Verkäufer in aller Regel egal sein wird, mit wem der Vertrag „zur Durchführung kommt“, so bleibt ein absolut schutzwürdiges Interesse aller eBay-Nutzer daran bestehen, nur mit solchen Personen überhaupt Verträge zu schließen, die zu ihrer Person bei der Anmeldung wahrheitsgemäße Angaben gemacht haben.
Einer solchen Auslegung steht nicht entgegen, dass auch der Beklagte Interesse an dem Zu-Stande-Kommen eines Vertrages mit dem Kläger gehabt haben könnte. Aus Sicht des Gerichts lässt sich nämlich der Schutz des „Vertragspartners“ ohne weiteres über die Grundsätze der Haftung aus culpa in contrahendo (vgl. dazu etwa Ellenberger, in: Palandt, BGB, 73. Auflage, Einführung vor § 145 Rz. 18) sicherstellen. Der Beklagte kann daher auch ohne einen Vertrag von dem Kläger verlangen so gestellt zu werden, als wenn ein solcher zu Stande gekommen wäre.
Vollkommen unerheblich ist für die Entscheidung des Rechtsstreits, in welchem Umfang es in der Vergangenheit für vermeintliche Vertragspartner des Klägers zu Schwierigkeiten gekommen ist. Auch wenn der Kläger gegenwärtig 177 positive Bewertungen (100 %) haben sollte, kann er keinesfalls als „zuverlässiger eBayer“ angesehen werden. Ein „zuverlässiger eBayer“ täuscht nämlich nicht falsche Kontaktdaten vor.
Vollkommen unerheblich ist auch, ob es dem Kläger heute noch möglich ist, seinen (eingeräumten) vor ca. 10 Jahren begangenen Fehler, der in der Hinterlegung falscher Kontaktdaten lag, noch zu beseitigen. Das Gericht hat jedenfalls keinen Zweifel daran, dass es dem Kläger damals darum ging, sich gegebenenfalls hinter falschen Kontaktdaten „verstecken zu können“; ungeachtet der positiven Bewertungen, welche der Kläger in den letzten Jahren bekommen haben mag, begleitet jeden potentiellen Vertragspartner von ihm das Risiko, vom Kläger gegebenenfalls „ausgebremst zu werden“. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass dieses Risiko je nach Gestaltung (tritt der Kläger als Käufer oder als Verkäufer auf usw.) unterschiedlich hoch ausfallen wird. Letztlich kommt es darauf aber aus den dargestellten Gründen gar nicht an.“
Anmerkung:
Das Gericht hat hier zugleich einen Verstoß gegen § 269 StGB erkannt und die Angelegenheit der zuständigen Staatsanwaltschaft zur rechtlichen Überprüfung weitergeleitet. So wird der Fall für den dreisten Kläger auch noch ein strafrechtliches Nachspiel haben.
Erstaunlich ist, dass der Kläger auch noch anwaltlich vertreten war. Bei richtiger Beratung hätte der Rechtsanwalt nämlich dem Kläger von vornherein von einer Klageerhebung abgeraten müssen. Spätestens aber im Laufe des Verfahrens, als der mit der Prozessvertretung befasste Rechtsanwalt gemerkt hat, wie verärgert das Gericht über den Kläger ist, hätte er darauf hinwirken müssen, dass dieser umgehend die Klage zurücknimmt, um schlimmeres zu vermeiden.