Für sog. Diensteanbieter bestehen nach § 5 TMG näher bestimmte Informationspflichten (sog. Impressumspflicht). Wer gewerblich eine Internetseite betreibt und kein oder kein vollständiges Impressum angibt, handelt regelmäßig wettbewerbswidrig und kann dafür von einem Mitbewerber kostenpflichtig abgemahnt werden. Der Sinn und Zweck dieser Regelungen besteht darin, dass ein Nutzer unschwer erkennen können soll, wer hinter der Internetseite steht. Er soll dadurch in die Lage versetzt werden, im Falle eines Rechtsstreits den Gegner richtig zu bezeichnen und eine ladungsfähige Anschrift angeben zu können. Bei juristischen Personen des Privatrechts (z.B. einer GmbH) muss auch der Vertretungsberechtigte, also der Geschäftsführer, genannt werden. Das Kammergericht Berlin hat nunmehr mit Beschluss vom 21.09.2012 (5 W 204/12) entschieden, dass die fehlende Angabe eines Vertretungsberechtigten bei einer juristischen Person nicht wettbewerbswidrig sei und deshalb auch nicht abgemahnt werden könne. Dies deshalb, weil § 5 Abs. 1 Nr. 1 TMG und § 312c Abs. 1 BGB (in Verbindung mit Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB) – soweit sie bei juristischen Personen zusätzlich die Angabe des bzw. eines Vertretungsberechtigten im Impressum fordern – keine Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG darstellen. Es fehlt, so die Richter, insoweit an einer hinreichenden Grundlage im Unionsrecht. In dem insoweit unvollständigen Impressum liegt aber auch nach Ansicht des Gerichts keine unlautere Irreführung durch Unterlassen im Sinne von § 5a UWG. Die vorenthaltene Information über einen Vertretungsberechtigten der juristischen Person sei nicht wesentlich im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG.
Aus den Urteilsgründen:
1. Eine Unlauterkeit nach § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Nr. 1 TMG oder in Verbindung mit § 312c Abs. 1 BGB (in Verbindung mit Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB) ist nicht gegeben.
a) Allerdings verstößt die fehlende Angabe eines Vertretungsberechtigten im Impressum der Antragsgegnerin (einer Kapitalgesellschaft) gegen die diesbezüglichen ausdrücklichen Informationsgebote aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 TMG und § 312c Abs. 1 BGB (in Verbindung mit Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB).
b) Das Landgericht hat (unter Hinweis auf die Entscheidung des Senats, GRUR-RR 2007, 328 und gegen OLGR Düsseldorf 2009, 252, juris Rn. 21) einen Bagatellfall im Sinne des § 3 Abs. 2 UWG angenommen.
Da die Angabe des Namens eines Vertretungsberechtigten einer Kapitalgesellschaft weder von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr noch von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 97/7/EG über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz gefordert wird, ist hier nicht zwingend von einer wesentlichen Information nach § 5a Abs. 4 UWG auszugehen, so dass die Annahme eines Bagatellfalles insoweit möglich bleibt (vgl. hierzu auch BGH, GRUR 2010, 852, TZ. 21 – Gallardo Spyder; Bornkamm in: Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Auflage, § 5a Rn. 57; Schöttler, jurisPR-ITR 1/2009 Anm. 5).
Der Senat hat in der vom Landgericht in Bezug genommenen Entscheidung einen Fall zu beurteilen gehabt, in dem nur der Vorname abgekürzt dem Nachnamen des Vertreters hinzu gesetzt war. Vorliegend fehlt die Vertreterangabe vollständig. Allerdings hat die Antragsgegnerin auf die Abmahnung der Antragstellerin hin sogleich das Impressum um die Angabe des Vertretungsberechtigten ergänzt. Dies spricht für ein bloßes Versehen der in Frankreich ansässigen Antragsgegnerin. Die sofortige Korrektur vermindert auch eine Nachahmungsgefahr erheblich. Ob unter diesen Umständen ein Bagatellfall anzunehmen ist, kann vorliegend aber dahingestellt bleiben.
c) § 5 Abs. 1 Nr. 1 TMG und § 312c Abs. 1 BGB (in Verbindung mit Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB) stellen – soweit sie bei juristischen Personen zusätzlich die Angabe des bzw. eines Vertretungsberechtigten fordern – keine Marktverhaltensregelungen Sinne von § 4 Nr. 11 UWG dar. Es fehlt insoweit an einer hinreichenden Grundlage im Unionsrecht.
aa) Die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken hat in ihrem Anwendungsbereich ( Art. 3 der Richtlinie 29/2005/EG) zu einer vollständigen Harmonisierung des Lauterkeitsrechts geführt (vgl. Art. 4 der Richtlinie; EuGH, GRUR 2010, 244, Rn. 41 – Zentrale/Plus Warenhandelsgesellschaft; BGH, GRUR 2008, 807, TZ. 17 – Millionen-Chance; GRUR 2012, 949, TZ. 47 – Missbräuchliche Vertragsstrafe). Sie regelt abschließend, welche Geschäftspraktiken im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern als unlauter anzusehen und deswegen unzulässig sind (EuGH, GRUR 2009, 199, Rn. 51 – VTB/Total Belgium und Galatea/Sanoma; BGH, aaO., Millionen-Chance und Missbräuchliche Vertragsstrafe). Dementsprechend kann ein Verstoß gegen nationale Bestimmungen eine Unlauterkeit nach § 4 Nr. 11 UWG grundsätzlich nur noch begründen, wenn die betreffenden Regelungen eine Grundlage im Unionsrecht haben (vgl. Erwägungsgrund 15 Satz 2 der Richtlinie; BGH, aaO., Missbräuchliche Vertragsstrafe). Die Mitgliedstaaten dürfen im Anwendungsbereich der Richtlinie grundsätzlich keine strengeren als die in der Richtlinie festgelegten Maßnahmen erlassen, und zwar auch nicht, um ein höheres Verbraucherschutzniveau zu erreichen (vgl. Art. 4, Art. 3 Abs. 5 der Richtlinie; EuGH, aaO., Zentrale/Plus Warenhandelsgesellschaft; BGH, Beschluss vom 19.7.2012, I ZR 2/11, TZ. 12 – GOOD NEWS). Letzteres gilt jedenfalls, soweit die Regelungen wettbewerbsrechtlich durchgesetzt werden sollen.
bb) Hinsichtlich der vorliegend maßgeblichen deutschen Informationsgebote fehlt es – wie bereits angesprochen – an einer Grundlage im Unionsrecht.
Art. 5 Abs. 1 Buchst. a und b der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr erfordern nur die Angabe des Namens des Diensteanbieters und dessen Anschrift. Art. 4 Abs. 1 Buchst. a gebietet ebenso nur eine Information über die Identität des Lieferers und (u.U.) seine Anschrift. Bei juristischen Personen des Handelsrechts ist der Name die Firma des Unternehmens. Diese identifiziert auch das jeweilige Unternehmen. Die Angabe eines Vertretungsberechtigten gehört nicht zur Angabe der Firma. Das firmenmäßig bezeichnete Unternehmen soll durch die Angabe eines Vertretungsberechtigten auch nicht näher individualisiert werden. Mit dieser Angabe (jedenfalls bei § 312c Abs. 1 BGB: irgendeiner vertretungsberechtigten Person, etwa auch eines Prokuristen oder Generalbevollmächtigten, Palandt/Grüneberg BGB, 71. Auflage, EGBGB 246 § 1 Rn. 5) soll nur der Rechtsverkehr mit diesem Unternehmen (Klarstellung einer vertretungsberechtigten und empfangsberechtigten Person) erleichtert werden.
2. In dem unvollständigen Impressum liegt auch keine unlautere Irreführung durch Unterlassen im Sinne von § 5a UWG. Die vorenthaltene Information über einen Vertretungsberechtigten der juristischen Person ist nicht wesentlich im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG.
a) Gemäß § 5 a Abs. 4 UWG gelten als wesentlich im Sinne des Abs. 2 auch Informationen, die dem Verbraucher aufgrund gemeinschaftsrechtlicher Verordnungen oder nach Rechtsvorschriften zur Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Richtlinien für kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung und Marketing nicht vorenthalten werden dürfen. An einer solchen EG-rechtlichen Rechtsgrundlage fehlt es – wie erörtert – vorliegend.
b) Als wesentlich im Sinne des Abs. 2 gelten (unter besonderen weiteren Umständen) gemäß § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG u.a. die Identität und Anschrift des Unternehmers. Diese Anforderungen gehen über die bereits erörterten Informationsgebote der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr und der Fernabsatzrichtlinie nicht hinaus und sie erfassen damit ebenfalls nicht eine Information über den Vertretungsberechtigten einer juristischen Person.
c) Diese Information ist auch im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände einschließlich der Beschränkungen des Kommunikationsmittels nicht wesentlich, um die Entscheidungsfähigkeit von Verbrauchern im Sinne des § 3 Abs. 2 UWG zu gewährleisten, § 5a Abs. 2 UWG.
aa) Der Verbraucher wird durch das Fehlen der Angabe eines Vertretungsberechtigten nicht von der Abgabe (rechts)geschäftlicher Erklärungen gegenüber der Antragsgegnerin oder der Erhebung einer Klage abgehalten (vgl. schon Senat, GRUR-RR 2008, 352, juris Rn. 10). Im Regelfall ist insoweit gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO selbst im Fall einer Klageerhebung die namentliche Bezeichnung des Vertreters ebenso wenig erforderlich (Zöller/Greger, ZPO, 99. Auflage, § 53 Rn. 8; vgl. auch BGHZ 107, 296, 199) wie die konkrete Angabe der Vertretungsverhältnisse. So genügt etwa bei der GmbH & Co. KG regelmäßig die Angabe „vertreten durch die Geschäftsführer“ (vgl. BGH, NJW 1993, 2811, 2813; Zöller/Greger, a.a.O.).
bb) Die Kenntnis des Vertretungsberechtigten kann zwar im Einzelfall einen Verbraucher von einem Geschäftsabschluss mit dem Unternehmen abhalten, wenn ihm diese Person namentlich und mit einem negativen Hintergrund bekannt ist, etwa als unzuverlässig. Selbst wenn man das Informationsgebot aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 TMG dahin verstehen wollte, dass das jeweilige Organ der juristischen Person zu benennen ist (und bei mehreren Organen sogar alle), bliebe eine solche Kenntnis des Verbrauchers doch eher zufällig, zumal bei einer größeren negativen Publizität das jeweilige Organ ohnehin sofort ausgetauscht werden würde. Es ist eher fernliegend, dass § 5 Abs. 1 Nr. 1 TMG (bezüglich einer Information über den Vertretungsberechtigten einer juristischen Person) die Verbraucher gerade vor Unternehmen mit einem schlechten Ruf ihrer Organe schützen will. Im Übrigen ist vorliegend weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass derartiges bei der Antragsgegnerin eine Rolle gespielt haben könnte, zumal – wie erörtert – diese die fehlende Information nach Abmahnung sofort in ihr Impressum aufgenommen hat.“
Hinweis:
Fehler im Impressum sind grundsätzlich abmahnbar. Da es sich hier um eine Einzelfallentscheidung handelt, ist nicht gesagt, dass andere Gerichte hier nicht anders entscheiden würden. Deshalb sollte auch bei juristischen Personen des Privatrechts entsprechend dem Gesetzeswortlaut stets die vertretungsberechtigte Person mit angegeben werden.