Mütter werden nicht dadurch diskriminiert, wenn eine Betriebsrente nur an solche Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen bezahlt wird, die bei Betriebseintritt das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Dies hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 23. Juli 2019 (1 BvR 684/14) entschieden und die Verfassungsbeschwerde einer Mutter, die beim Betriebseintritt das 50. Lebensjahr bereits überschritten hatte, gegen ein arbeitsgerichtliches Urteil des BAG nicht zur Entscheidung angenommen.
Betriebliche Altersversorgung nur bei Betriebseintritt bis zur Vollendung des 50. Lebensjahres
Die Beschwerdeführerin, die bereits zuvor vor dem Bundesarbeitsgericht unterlegen war, war zunächst nach der Geburt ihres Kindes aus dem Berufsleben ausgeschieden. Im Alter von 51 Jahren und 4 Monaten nahm sie dann wieder eine Erwerbstätigkeit auf. Bei ihrem Arbeitgeber bestand für die Beschäftigten aufgrund eines Leistungsplans ein Anspruch auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung durch die Unterstützungskasse, wenn sie dort mindestens 10 Jahre anrechenbar tätig waren und bei Aufnahme der Tätigkeit das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten. Beschäftigungszeiten nach dem vollendeten 60. Lebensjahr wurden nicht mehr angerechnet. Da die Beschwerdeführerin bei Aufnahme der Beschäftigung bereits das 50. Lebensjahr beendet hatte, lehnte die Unterstützungskasse einen Versorgungsanspruch nach Renteneintritt ab. Die Arbeitnehmerin fühlte sich dadurch diskriminiert und zog zunächst vor das Arbeitsgericht. Dort wurde ihr Anspruch auf Versorgung, zuletzt vom BAG, ausnahmslos zurückgewiesen. Die obersten Arbeitsrichter stützen ihre Entscheidung darauf, dass die mittelbare Diskriminierung wegen des Alters nach § 10 S. 1 und S. 2, S. 3 Nr. 4 AGG gerechtfertigt sei. Die Beschwerdeführerin wollte es aber auch damit nicht bewenden lassen. Sie fühlte sich als Frau diskriminiert und zog gegen das Urteil vor das Bundesverfassungsgericht.
Keine Anhaltspunkte für mittelbare Diskriminierung von Frauen
In ihrem Urteil stellten die Verfassungsrichter jedoch klar, dass die Entscheidung mit der Verfassung im Einklang stehe und insbesondere weder ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG noch eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts (Art. 3 Abs. 2, Art. 3 Abs. 1 GG) darstelle. Ebenfalls bliebe der Art. 6 Abs. 1 GG, der die selbstbestimmte Gestaltung des Familienlebens garantiert, unberührt.
Denn das Kind der Beschwerdeführerin war bei ihrem Wiedereintritt in das Erwerbsleben bereits 25 Jahre alt und hatte schon eine Berufsausbildung abgeschlossen. Die Statistik zeigt auch, dass Mütter vielfach erwerbstätig werden, sobald ihre Kinder eine Betreuungseinrichtung besuchen, und mehrheitlich wieder erwerbstätig werden, wenn ihre Kinder die Grundschule besuchen. Somit ist es kaum denkbar, dass die allgemeine Forderung zur Erlangung von Rentenansprüchen vor Vollendung des 50. Lebensjahres wieder erwerbstätig zu werden, in die Selbstbestimmung des Familienlebens eingreife.
Auch ist eine mittelbare Diskriminierung von Frauen durch die angewandte Regelung nicht erkennbar, so die Richter. Aufgrund ausweislich vorliegender Daten ist die Beschwerdeführerin durch die Regelung zur Altershöchstgrenze keinem tatsächlich an das Geschlecht anknüpfenden höheren Risiko als Männer ausgesetzt, von dem betrieblichen Altersversorgungssystem gänzlich aus geschlossen zu werden. Schließlich treffe der Ausschluss alle, die erst nach Vollendung des 50. Lebensjahres ihre Erwerbstätigkeit aufnehmen und nicht nur Frauen.
Der Rechtsstreit hat im Jahr 2010 begonnen. Nach 9 Jahren vor Gericht hat die Odyssee der Beschwerdeführerin, die zwischenzeitlich 74 Jahre alt ist, nun ein für sie unbefriedigendes Ende gefunden.