Die Mühlen der Justiz mahlen bekanntlich langsam. Wenn sie zu langsam mahlen, dann ist in § 198 GVG seit 2011 geregelt, dass derjenige, der dadurch einen Nachteil erleidet, einen Entschädigungsanspruch geltend machen kann, den der Gesetzgeber mit 1.200 € pro Jahr der Verzögerung für immaterielle Schäden beziffert hat.
Unangemessen im Sinne von § 198 Abs. 1 S 1 GVG ist die Verfahrensdauer daher, wenn eine insbesondere an den Merkmalen des § 198 Abs. 1 S 2 GVG ausgerichtete und den Gestaltungsspielraum der Gerichte bei der Verfahrensführung beachtende Gewichtung und Abwägung aller bedeutsamen Umstände des Einzelfalles ergibt, dass die aus Art. 2 Abs. 1 iVm. Art 20 Abs. 3 GG und Art 19 Abs. 4 GG sowie Art 6 Abs. 1 EMRK folgende Verpflichtung des Staates, Gerichtsverfahren in angemessener Zeit zum Abschluss zu bringen, verletzt ist. Eine allgemein gültige Zeitvorgabe, wie lange ein Verfahren höchstens dauern darf, um nicht als unangemessen lang zu gelten, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.
Bereits daraus ergibt sich, dass die im Gesetz geregelte Entschädigungsanspruch im Einzelfall schwer durchsetzbar ist.
Bei Verfahren mit geringem Streitwert stellt sich die Frage, ob im Einzelfall die Entschädigungszahlung höher als der Streitwert sein kann oder aber der Streitwert die Obergrenze der Entschädigung darstellt. Der letztgenannten Auffassung hat nun das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 12.02.2015 (B 10 ÜG 11/13 R) eine klare Absage erteilt.
Für eine festgestellte Verfahrensverzögerung von 21 Monaten hatte nämlich das zuständige Landessozialgericht anstelle der fälligen 2.100 € lediglich 216 € zugebilligt. Dieser Betrag entsprach dem Streitwert ursprünglichen Klage gegen die Absenkung der Regelleistung nach dem SGB II Wege eines Meldeversäumnisses.
Die Richter haben ihre Auffassung dabei darauf gestützt, dass das Gesetz keine Legitimation für eine grundsätzliche Kappung der Entschädigung auf den Betrag des Streitwerts bieten würde, in denen die Entschädigungspauschale den Streitwert um ein Vielfaches übersteigt.
Nur, wenn die Entschädigung von 1.200 € für jedes Jahr der Verzögerung nach den Umständen des Einzelfalls unbillig ist, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen. Dies ist nur in atypischen Sonderfällen anzunehmen.
Die grundsätzliche Entscheidung des Gesetzgebers für eine Pauschalierung soll eine zusätzliche Belastung der Gerichte bei der Bemessung der Entschädigung in Geld vermeiden.
Der geringe Streitwert ist in Grundsicherungsangelegenheiten keine Besonderheit und als genereller Maßstab für eine Absenkung nicht tauglich. Berücksichtigungsfähig im Sinne einer Absenkung sind etwa eine außergewöhnlich geringe Bedeutung des Verfahrens für den Betroffenen oder aber auch eine nur kurzzeitige Verzögerung, so die Richter.