Wird ein Fahrzeug abgeschleppt und nicht nur versetzt, also auf öffentlichem Verkehrsgrund in einer freien Parklücke wieder abgestellt, sondern kommt es in Verwahrung, dann verlangt das Abschleppunternehmen regelmäßig neben den Abschleppgebühren auch Standgebühren, um das Fahrzeug herauszugeben. Da diese nicht unerheblich sind, ist jeder Fahrzeugführer grundsätzlich gut beraten, sein Fahrzeug möglichst schnell wieder abzuholen.
Problematisch kann allerdings sein, dass dann, wenn das Fahrzeug abgeholt wird, das Abschleppunternehmen die Herausgabe des Fahrzeugs von der Bezahlung der Abschleppkosten und der bis dahin angefallenen Standgebühren abhängig macht, denn wer nicht zahlt, der bekommt meistens sein Fahrzeug nicht. Folge könnte sein, dass nun fortlaufend weitere Standgebühren anfallen. In einem vom OLG Dresden mit Urteil vom 15.09.2022 (8 U 328/22) entschiedenen Rechtsstreit verlangte das Abschleppunternehmen eine Standgebühr von 15 € täglich. Nachdem dann ein Streit um die Herausgabe des Fahrzeugs entstanden war, der schließlich gerichtlich entschieden werden musste, waren so zuletzt 5.200 € allein an Standgebühren angefallen, die das Abschleppunternehmen neben den 270 € an Abschleppkosten haben wollte. Hier schoben allerdings die Richter der Forderung einen Riegel vor und haben entschieden, dass zwar dann, wenn ein Fahrzeug in Verwahrung genommen wird, neben den Abschleppgebühren auch Standgebühren verlangt werden können. Diese allerdings nur solange bis der Fahrzeugführer ein Herausgabeverlangen geltend macht. Gibt dann das Abschleppunternehmen das Fahrzeug nicht heraus, dann kann es jedenfalls für die Folgezeit keine Gebühren mehr verlangen, so die Richter.
Anmerkung:
Die Problematik der Standgebühren kann nicht nur dann auftreten, wenn ein Fahrzeug verkehrswidrig abgestellt war und abgeschleppt wurde, sondern auch dann, wenn ein Fahrzeug in einer Kfz-Werkstatt in Reparatur war und die Reparaturrechnung nicht bezahlt wird. Unsere Kanzlei hat erst kürzlich ein Berufungsverfahren gegen ein Urteil des Amtsgerichts München vom 29.06.2021 (173 C 13154/20) erfolgreich vertreten, in dem die Richterin den dortigen Beklagten zur Zahlung von 3.150 € an Standgebühren (25 € pro Tag) verurteilt hatte, nachdem dieser sich geweigert hatte, eine Rechnung des Autohauses für einen angeblich erteilten Reparaturauftrag zu bezahlenund das Autohaus deshalb sich auf sein Werkunternehmerpfandrecht nach § 647 BGB berufen und das Kfz nicht herausgegeben hatte. Der Beklagte war der Auffassung, er habe keinen Reparaturauftrag erteilt, sondern eine Kulanzlösung mit dem Autohersteller, wegen eines Konstruktionsfehlers am Lenkradschloss, gesucht und das Autohaus habe auch nichts repariert. Besonders kurios war dabei, dass die Standgebühren den Wert des Kfz, den der Beklagte mit 1.700 € angegeben hatte, deutlich überstiegen haben.
Das Landgericht München I als Berufungsgericht hat dann mit Urteil vom 21.07.2022 (13 S 10781/21) das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen, weil die Richter zum Ergebnis gelangt waren, dass das Autohaus schon weder die Erteilung eines Reparaturauftrags noch die Durchführung einer Reparatur zu seiner Überzeugung nachgewiesen habe. Von daher habe schon gar kein Werkunternehmerpfandrecht bestanden.
Im Gegensatz zu den sog. Abschleppfällen genügt allerdings in Fällen einer Autoreparatur das Herausgabeverlangen nicht, um den Lauf der Standgebühren zu stoppen. Dies deshalb, weil ansonsten das Werkunternehmerpfandrecht der Werkstatt leerlaufen würde. Gestritten werden kann aber durchaus über die Höhe der anfallenden Gebühren und darüber, ob diese nicht überhaupt nach oben gedeckelt werden müssen, insbesondere dann, wenn so wie hier, die Höhe der Standgebühren den Wert des Kfz deutlich übersteigt. Um hier keine unliebsame Überraschung zu erleben, ist es in derartigen Fällen – aus Sicht des Kunden – besser, die Rechnung unter Vorbehalt zu bezahlen und dann nötigenfalls mit gerichtlicher Hilfe die Rückzahlung zu betreiben. Dies erst recht, wenn so wie hier die Reparaturrechnung mit rund 300 € ohnehin ehr gering war.