Vor einiger Zeit hat der Deutsche Anwaltsverein (DAV) mit dem Slogan geworben „Eine Unterschrift kann Sie arm oder reich machen – deshalb keine Unterschrift ohne Anwalt.“ Dass dieser Werbeslogan den Nagel auf den Kopf trifft zeigt eine aktuelle Entscheidung des BAG vom 15.11.2016 (3 AZR 539/15). Dieses hat die Klage eines Bankmitarbeiters, der vorschnell ein von der Bank vorgelegtes Formular, durch das er sich mit der „Einstellung der Erteilung des Versorgungsrechts“ einverstanden erklärt unterzeichnet hat, zurückgewiesen.
Bank widerruft wegen schlechter wirtschaftlicher Lage erteilte Gesamtversorgungszusage
Eine in Form einer Anstalt des öffentlichen Rechts organisierte Bank hatte zunächst vielen ihrer Angestellten eine an der Beamtenversorgung orientierte Gesamtversorgung zugesagt. Die Mitarbeiter, so auch der Kläger, wurden darin beim Kündigungsschutz, der Beihilfe und der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ähnlich einem Beamten behandelt. Hierdurch wurde das Arbeitsverhältnis sozialversicherungsfrei.
Nachdem es für Banken immer schwerer ist Geld zu verdienen, wollte sich die Bank von dieser für sie kostenintensiven Regelung lösen. Sie legt deshalb ihren Mitarbeitern ein vorbereitetes Formular vor, durch das diese sich auch mit „der Einstellung der Erteilung“ des Versorgungsrechts „einverstanden“ erklärten. Der Kläger tat, wie ihm geheißen und unterschrieb das Formular. Die Überraschung war dann, als 2 Jahre später das BAG entschieden hat, dass Arbeitnehmer, die die Erklärung nicht unterschrieben hatten, einen Anspruch aus betrieblicher Übung auf Gewährung des Versorgungsrechts haben, groß. Nunmehr packte den Kläger die Reue, weil seine Kollegen, die standhaft geblieben waren, nun bessergestellt wurden als er selbst. Er zog deshalb vor das Arbeitsgericht und wollte feststellen lassen, dass die Bank auch bei ihm verpflichtet sei, ein Versorgungsrecht zu erteilen.
Unterschrift ist bindend
Obwohl er durch die Instanzen bis zum Bundesarbeitsgericht ging, fand er mit seinem Begehren vor Gericht kein Gehör. Durch das Unterschreiben der Erklärung kam nämlich eine Vereinbarung über eine Vertragsänderung zustande. Diese Vertragsänderung unterliegt zwar der Inhaltskontrolle nach dem Recht über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen, so die Richter. Der Inhalt der Vereinbarung war aber weder unklar noch überraschend. Insgesamt war die Vertragsänderung nicht unangemessen und damit rechtmäßig.
Prüfungsmaßstab war für das Gericht der § 779 BGB. Von dessen Rechtsgrundsätzen wich die Vereinbarung allerdings nicht ab. § 779 Abs. 1 BGB besagt, dass ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich) unwirksam ist, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde.
Folgen der Entscheidung für die Praxis
Auch, wenn es vorliegend maßgeblich auf die geleistete Unterschrift ankam, so hat das Urteil doch auch aus einem anderen Grund maßgebliche Bedeutung für die Praxis. Dies deshalb, weil das BAG hier klargestellt hat, dass auch nachträgliche Vertragsänderungen dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und damit einer Inhaltskontrolle unterliegen.
Bereits mit Urteil vom 12.03.2015 (6 AZR 82/14) hatte das BAG entschieden, dass auch Aufhebungsverträge der AGB-Kontrolle unterliegen, also gegebenenfalls dann, wenn durch Abschluss eines Aufhebungsvertrags ein Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt wird, über das AGB-Recht auch noch nachträglich eine Korrektur erzielt werden kann. Da Unterschriften bindend sind, sollte gleichwohl kein Arbeitnehmer vorschnell einen Aufhebungsvertrag unterschreiben, ohne sich vorher fachkundigen Rat eingeholt zu haben. Mit Unterschrift unter den Aufhebungsvertrag geht nämlich der ansonsten bestehende Kündigungsschutz unweigerlich verloren, so dass sich die Rechtsposition des AN erheblich verschlechtern kann.