Wird betriebsbedingt gekündigt, dann wird oft nicht nur vor dem Arbeitsgericht über die Frage gestritten, ob die Kündigung durch ein betriebliches Erfordernis gerechtfertigt ist, sondern ob der Arbeitgeber auch eine korrekte Sozialauswahl durchgeführt hat. In einem vom LAG München mit Urteil vom 12.05.2022 (3 Sa 13/22) entschiedenen Rechtsstreit, hatte die Arbeitnehmerin, der gekündigt worden war, angeführt, dass der Arbeitgeber es übersehen hatte ein wenig schutzwürdigen Kollegen in die Namensliste, die er zum Zwecke der Sozialauswahl erstellt hat, aufzunehmen. Da dieser Kollege weniger schutzwürdig sei, wegen fehlerhafter Sozialauswahl unwirksam. Der Arbeitgeber räumte zwar ein, dass die Sozialdaten des von der Klägerin genannten Kollegen schlechter sein, hatte sich damit verteidigt, dass der Arbeitsplatz des Kollegen nicht mit dem Arbeitsplatz der Klägerin vergleichbar sei. Damit sie auf diesem Arbeitsplatz eingesetzt werden kann, wäre es erforderlich, zunächst ihr Arbeitsverhältnis durch eine sog. Änderungskündigung anzupassen.
Zunächt erforderliche Änderungskündigung schließt Vergleichbarkeit der Arbeitsplätze bei der Sozialauswahl aus
Die Klage blieb im Ergebnis erfolglos, denn der Arbeitsplatz der Klägerin war nicht mit dem Arbeitsplatz des (weniger schutzwürdigen) Kollegen vergleichbar. Dies deshalb, weil sie nach den Regelungen ihres Arbeitsvertrags nicht ohne, dass zuvor der Arbeitgeber eine Änderungskündigung ausgesprochen hat, auf diesem Arbeitsplatz hätte eingesetzt werden können, so die Richter.
Anmerkung:
Eine Änderungskündigung ist immer dann erforderlich, wenn die neue Tätigkeit so andersartig ist, dass sie nicht mehr vom Direktionsrecht des Arbeitgebers, mit dem dieser die Arbeitsverpflichtung des Arbeitnehmers konkretisiert, erfasst wird. In diesem Fall kündigt der Arbeitgeber das bisher bestehende Arbeitsverhältnis und bietet dem gekündigten Arbeitnehmer gleichzeitig an, das Arbeitsverhältnis zu geänderten Konditionen fortzusetzen. Der Arbeitnehmer wiederum hat 3 Möglichkeiten auf eine solche Änderungskündigung zu reagieren.
- Er nimmt das Angebot des Arbeitgebers an. In diesem Fall hat sich das Arbeitsverhältnis geändert.
- Er nimmt das Arbeitsverhältnis unter Vorbehalt an und erhebt gleichzeitig eine Änderungskündigungsschutzklage. Dies bedeutet einerseits, dass das Arbeitsgericht die soziale Rechtfertigung der Änderungskündigung überprüft. Kommt das Arbeitsgericht zu dem Ergebnis, diese ist nicht gerechtfertigt, dann wird das Arbeitsverhältnis zu den alten Bedingungen fortgesetzt. Kommt es dagegen zu dem Ergebnis, die Änderung ist sozial gerechtfertigt, dann wird das Arbeitsverhältnis zu den geänderten Bedingungen dauerhaft fortgesetzt.
Der Vorteil für den Arbeitnehmer besteht darin, dass er nicht aus dem Betrieb ausscheidet, sondern so oder so dort weiter beschäftigt bleiben. Der Nachteil besteht allerdings darin, dass der Arbeitnehmer mit Ablauf der Kündigungsfrist bis zur Beendigung des rechtskräftigen Abschlusses des Arbeitsrechtsstreits bereits vorläufig zu geänderten Bedingungen weiterarbeiten muss. - Nimmt der Arbeitnehmer nicht unter Vorbehalt an, und erhebt eine reguläre Kündigungsschutzklage, dann führt dies zum dauerhaften Verlust des Arbeitsplatzes, wenn die Kündigungsschutzklage nicht erfolgreich ist.
Kann der Arbeitgeber eine Änderungskündigung aussprechen, dann wäre eine Beendigungskündigung unwirksam, weil sie unverhältnismäßig ist. Die Beendigungskündigung muss stets Ultima Ratio sein.
Arbeitnehmer wiederum, die eine Änderungskündigung erhalten haben, müssen stets überlegen, in welcher der aufgezeigten Möglichkeiten auf diese reagiert wird. Da Arbeitsrechtsstreitigkeiten recht langwierig sein können, ist gerade die Annahme unter Vorbehalt nur dann eine praktikable Option, wenn der Arbeitnehmer auch wirklich bereit und der Lage ist, für den Fall, dass in den Rechtsstreit verliert, zu geänderten Bedingungen weiterzuarbeiten.