Karl-Heinz (Name geändert) hat sein Leben lang hart und erfolgreich gearbeitet und dabei ein erhebliches Vermögen aufgebaut. Privat lief es nicht ganz so gut: Zwei Ehen sind gescheitert und seine beiden Kinder aus 1. Ehe verweigern seit über 40 Jahren jeglichen Kontakt mit ihm. Karl-Heinz möchte nun aktiv verhindern, dass seine Kinder automatisch sein gesamtes Vermögen erben und überlegt, wie er seinen Nachlass regeln kann.
1. Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge im deutschen Erbrecht
Im deutschen Erbrecht gilt der Grundsatz der sogenannten Gesamtrechtsnachfolge (§ 1922 BGB). Dies bedeutet, dass mit dem Tod einer Person ihr gesamtes Vermögen (Immobilien, Konten, Wertpapiere usw.) sowie alle Verbindlichkeiten unmittelbar und vollständig auf die Erben übergehen. Die Erben treten also in die Rechtsposition des Verstorbenen ein.
2. Rechtslage ohne Testament
Errichtet Karl-Heinz kein Testament, gilt die gesetzliche Erbfolge. Da er zweimal geschieden ist, sind seine beiden Kinder die alleinigen gesetzlichen Erben und würden jeweils die Hälfte seines Vermögens erhalten. Genau dies möchte Karl-Heinz verhindern, weshalb eine testamentarische oder anderweitige Nachlassregelung zwingend notwendig ist.
3. Unterschied zwischen Erbe und Vermächtnis
Im Testament gibt es grundsätzlich zwei Arten der Vermögensverteilung:
Erbe
Der Erbe tritt die Gesamtrechtsnachfolge an und übernimmt Rechte sowie Pflichten des Verstorbenen in vollem Umfang.
Vermächtnis
Ein Vermächtnis ermöglicht, gezielt einzelne Gegenstände oder Vermögenswerte (z.B. Immobilien oder Geldbeträge) an bestimmte Personen oder Einrichtungen zu übertragen. Der Vermächtnisnehmer ist kein Erbe und wird nicht Rechtsnachfolger, sondern erhält lediglich einen Herausgabeanspruch gegenüber den Erben.
Karl-Heinz kann somit gezielt einzelne Werte bestimmten Personen oder Institutionen vermachen, ohne diese Personen als Gesamterben einzusetzen.
3. Kurzfristige Vermögensübertragungen und Stiftungslösungen
Eine sehr effektive Möglichkeit, die Pflichtteilsansprüche der Kinder zu reduzieren, besteht in frühzeitigen Vermögensübertragungen zu Lebzeiten. Beispielsweise könnten Immobilien rechtzeitig auf Dritte oder auf eine Familienstiftung übertragen werden. Nach Ablauf von zehn Jahren entfällt die sogenannte Pflichtteilsergänzungspflicht (§ 2325 Abs. 3 BGB). Die Gründung einer Familienstiftung bietet zudem langfristigen Schutz und Kontrolle über das Vermögen.
4. Weitere Eheschließung oder Adoption als Mittel zur Pflichtteilsreduzierung
Auch die Erweiterung des Kreises der gesetzlichen Erben, etwa durch eine erneute Eheschließung oder Adoption eines Erwachsenen, kann eine deutliche Reduzierung der Pflichtteilsansprüche der vorhandenen Kinder bewirken. Mehr gesetzliche Erben führen automatisch zu einem geringeren Pflichtteilsanspruch pro Kind. Aber nicht nur eine Eheschließung, sondern auch eine Adoption soll gut überlegt und geplant sein, um nicht unliebsame Überraschungen zu erleben.
5. Entzug des Pflichtteils
Der Pflichtteil kann unter strengen Bedingungen entzogen werden (§ 2333 BGB), beispielsweise bei schweren Straftaten oder schweren Verfehlungen gegenüber dem Erblasser. Allerdings reichen der bloße Kontaktabbruch und die Ablehnung jeglicher Kommunikation, wie im Falle von Karl-Heinz seit über 40 Jahren, nach der aktuellen Rechtsprechung und Gesetzeslage hierfür nicht aus.
6. Vereinbarung eines Pflichtteilsverzichts
Wer bereit ist bereits lebzeitig Geld in die Hand zu nehmen, der kann auch versuchen, mit den Kindern einem Pflichtteilsverzicht zu vereinbaren. Diese werden dafür aber regelmäßig eine nicht unerhebliche Zahlung als Gegenleistung erwarten. Ein solcher Pflichtteilsverzicht bedarf darüber hinaus der notariellen Beurkundung.
7. Anordnung einer Testamentsvollstreckung
Bei komplexer Nachlassgestaltung und möglichem Streit zwischen Karl-Heinz, seinen Kindern oder anderen beteiligten Personen, könnte eine Testamentsvollstreckung sinnvoll sein. Der Testamentsvollstrecker, beispielsweise ein Anwalt oder eine Vertrauensperson, sorgt für die korrekte Umsetzung des letzten Willens, vermeidet Streitigkeiten und kümmert sich professionell um die Nachlassabwicklung.
Fazit
Auch, wenn es am Ende (legal) kaum möglich ist, dass die Kinder leer ausgehen, so bietet das deutsche Erbrecht Karl-Heinz zahlreiche rechtliche Instrumente, um sein Vermögen strategisch zu sichern und den Anteil seiner Kinder am Nachlass zu minimieren. Insbesondere Vermögensübertragungen zu Lebzeiten, Stiftungslösungen sowie eine gezielte testamentarische Gestaltung mit Testamentsvollstreckung sind dafür geeignete Mittel. Die gezielte rechtliche Beratung und frühzeitige Planung sind hierbei unbedingt empfehlenswert, um alle Gestaltungsmöglichkeiten optimal auszunutzen. Wir beraten und planen bundesweit bei der Regelung auch großer Nachlässe und stehen auch über den Tod hinaus als Testamentsvollstrecker zur Verfügung, damit Ihr Wille am Ende zählt.