Stand der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes noch in einem Arbeitsverhältnis, ohne dass er bisher den ihm zustehenden Erholungsurlaub genommen hat, so kann den Erben ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung gegen den Arbeitgeber zustehen. Dies hat das Arbeitsgericht Berlin mit Urteil vom 07.10.2015 (56 CA 10968/15) entschieden und sich dabei gegen die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gestellt. Das Gericht folgt damit einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union, der mit Urteil vom 12.06.2014 (NZA 2014,651) entschieden hatte, dass der vom BAG angenommene Untergang des Urlaubsanspruchs Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG widerspricht.
Im vom Arbeitsgericht Berlin entschiedenen Rechtsstreit hatte die Erblasserin zum Zeitpunkt des Ablebens noch einen Anspruch auf 33 Tage Erholungsurlaub, deren Abgeltung nun die Richter den Erben – unter Verweis auf § 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz sowie die vorangegangene Rechtsprechung des EuGH – zugesprochen haben.
Anmerkung:
Stand also der Erblasser zum Zeitpunkt seines Ablebens noch im aktiven Berufsleben, dann sollte unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung stets daran gedacht werden zeitnah sich diesbezüglich mit dem Arbeitgeber auseinander zu setzen, weil ansonsten die Gefahr besteht, dass bares Geld verschenkt wird. Schnelles Handeln kann insbesondere deshalb veranlasst sein, weil viele Arbeitsverträge Verfallklauseln mit Ausschlussfristen beinhalten und bei konsequenter Rechtsanwendung diese sich auch der oder die Erben entgegenhalten lassen müssen.
Die Rechtsprechung ist konsequent, wenn man berücksichtigt, dass zwischenzeitlich – auch nach einer Vorgabe des EuGH – ein Arbeitnehmer, der bei lang anhaltender Krankheit nicht mehr in den Betrieb zurückkehrt, Abgeltung – jedenfalls des gesetzlichen Mindesturlaubs – verlangen kann. Vor diesem Hintergrund ist allerdings, soweit ersichtlich, noch offen, ob der nunmehr sich durchsetzende Abgeltungsanspruch des Erben ebenfalls auf den gesetzlichen Mindesturlaub zu beschränken ist oder aber auch eine darüberhinausgehende zusätzlicher vertraglicher Urlaubsanspruch durch Abgeltung zu erledigen ist.
Als Erbe sollten Sie beachten, dass der Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht zu führen ist. Dort besteht aber in erster Instanz, auch wenn der Rechtsstreit gewonnen wird, kein Kostenerstattungsanspruch gegen die Gegenseite, also die eigenen Kosten nicht vom Arbeitgeber, der die Abgeltung zu Unrecht verweigert hat, getragen werden müssen, so dass stets wirtschaftlich überlegt werden muss, ob sich eine gerichtliche Verfolgung des Anspruchs auch tatsächlich lohnt. Dies dürfte regelmäßig nur dann der Fall sein, wenn nicht nur noch einige wenige Tage Resturlaub vorhanden sind..
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Rechtsanwalt Graf ist auch Testamentsvollstrecker sowie Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.). und DIGEV (Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e. V.)
Rechtsanwalt Detzer wird regelmäßig von den Amtsgerichten Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen als Nachlasspfleger bestellt.