Bereits die Corona Pandemie hat zu zahlreichen Streitigkeiten zwischen Vermietern und Gewerbemietern geführt, ob und in welchem Umfang, staatlich verordnete Betriebsschließungen Auswirkungen auf die Verpflichtung der Miete zur Zahlung (ungekürzten) vertraglich vereinbarten Miete haben und ob hier sich Mieter auf eine Störung der Geschäftsgrundlage berufen können. Kaum, dass sich diese für Mieter sehr unerfreuliche Situation vorüber ist, kommt das nächste Ungemach auf Mieter zu, jedenfalls solche, die Indexmietverträge abgeschlossen haben. Dies jedenfalls dann, wenn Vermieter völlig ungeniert die hohe Inflation, die in Deutschland herrscht, seit sich die Politik dazu entschlossen hat, Russland mit wirtschaftlichen Sanktionen zu belegen, zum Anlass zu nehmen, saftige, teilweise existenzbedrohende Mieterhöhungen auszusprechen, gewinnt erneut die Frage an Bedeutung, ob und inwieweit Mieter sich gegen eine Mieterhöhung von oft 20 % und mehr mit einem Verweis auf die Regelung über die Störung der Geschäftsgrundlage zur Wehr setzen können.
Das Institut der Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB ermöglicht in Ausnahmefällen eine einseitige Anpassung des Vertrages. Ziel dieser Regelung ist es, das Gleichgewicht zwischen Vertragstreue und der Notwendigkeit einer Vertragsanpassung aufgrund gravierender Veränderungen zu wahren. Die konkrete Art und Weise der Anpassung ist jedoch nicht gesetzlich festgelegt und obliegt im Streitfall dem Ermessen des Richters.
Voraussetzungen der Störung der Geschäftsgrundlage
Für die Anwendung des § 313 BGB müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Es hat eine schwerwiegende Veränderung der Umstände gegeben, die zur Geschäftsgrundlage des Vertrages gemacht wurden.
- Die Parteien hätten den Vertrag nicht oder mit einem anderen Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten.
- Das Festhalten am unveränderten Vertrag ist für eine Partei unzumutbar.
Die aktuell hohe Inflation, bedingt durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, könnte als solch eine „schwerwiegende Veränderung“ angesehen werden. Diese geopolitische Krise hat zu erheblichen wirtschaftlichen Verwerfungen geführt, insbesondere zu einer Verknappung von Energieressourcen.
Indexklauseln und die Risikoverteilung
Die Vereinbarung einer Indexklausel in einem Mietvertrag deutet darauf hin, dass die Parteien das Risiko einer Inflation bei Vertragsschluss berücksichtigt haben. Ziel einer solchen Klausel ist es, das ursprüngliche Äquivalenzverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung zu wahren. Das Risiko einer hohen Inflation liegt daher grundsätzlich beim Mieter, ebenso wie das Risiko einer Deflation beim Vermieter. Von daher ist zu erwarten, dass auch hier, schwerpunktmäßig zu Zeiten der Corona Pandemie Gerichte gegen die Interessen der Vermieter entscheiden werden.
Anmerkung:
Obwohl die Rechtslage für Vermieter günstig erscheint, sollten sie die wirtschaftlichen Auswirkungen einer strengen Durchsetzung von Indexklauseln bedenken. Eine kreative und einvernehmliche Lösung mit dem Mieter könnte für beide Seiten vorteilhafter sein als ein langwieriger Rechtsstreit, der, jedenfalls dann, wenn der Mieter aufgrund einer vereinbarten festen Mietzeit, keine Möglichkeit hat, der Kostenexplosion durch Kündigung des Mietverhältnisses zu entgehen, am Ende zu einer Insolvenz führt. Dies jedenfalls dann, wenn man ein Mietverhältnis als miteinander zwischen Mieter und Vermieter sieht und vor allen Dingen zu befürchten ist, dass eine Unnachgiebigkeit des Vermieters am Ende zu einem vorübergehenden oder dauerhaften Leerstand des Objekts führen wird. Vermieter sollte dabei stets bedenken, dass Selbstständige und Gewerbetreibende nicht nur mit höheren Mietforderungen, höheren Gehaltsforderungen ihrer Mitarbeiter, höheren Energiekosten etc. konfrontiert werden, sondern, so wie jeder andere auch, mit erheblich höheren Lebenshaltungskosten im privaten Bereich belastet sind und hierdurch in einer Zwickmühle stecken. Dies jedenfalls dann, wenn sie die Preise der eigenen Produkte oder Dienstleistungen nicht entsprechend anpassen und so die Erhöhungen an die Endkunden weitergeben können.