Während teilweise politisch und medial darüber diskutiert wird, um die Impfbereitschaft in der Bevölkerung zu erhöhen, ob statt der bisher geltenden sog. 3G-Regelungen, nur noch, 2 G-Regelungen gelten, wie dies bereits die Stadt Hamburg beschlossen hat, wo also nur noch Geimpften und Genesenen ein voller Zugang zum öffentlichen Leben gewährt werden soll, gibt es Bereiche, in denen es – entgegen allen politischen Versprechungen nicht mehr ausreichend erscheint, geimpft zu sein, so dass trotz Impfung gleichzeitig eine Testung verlangt werden kann. Dazu, dass Gastronomen dies aufgrund der geltenden Privatautonomie verlangen könnten, aber wohl kaum verlangen werden, wollen sie sich nicht selbst ruinieren, wurde vereinzelt berichtet. Aufhorchen lässt aber ein Beschluss des OLG Celle vom 02.08.2021 (2 Ws 230/21) in dem die Richter entschieden haben, dass im Gerichtssaal gestützt auf § 176 Abs. 1 GVG jeder zuständige Richter festlegen könne, ob er eine Impfung als ausreichend ansieht oder darüber hinaus auch von Geimpften eine zusätzliche Testung verlangen.
Gericht ordnet Testpflicht für alle Verfahrensbeteiligten, Zeugen und Zuschauer an
Ausgangspunkt des Rechtsstreits war eine Strafverhandlung vor dem Landgericht Hannover. Die dortige Vorsitzende Richterin hatte vor Beginn der mehrtägigen Verhandlung angeordnet, dass die Verfahrensbeteiligten, Zeugen und Zuschauer, gleichgültig ob geimpft oder nicht geimpft, ihren Sitzungssaal nur mit einem tagesaktuellen negativen Schnelltest betreten dürfen.
Die Strafverteidiger, die zweifach geimpft waren, hielten dies für unzulässig und legten gegen die Verfügung Beschwerde ein.
OLG Celle bestätigt Testpflicht auch für Geimpfte
Das OLG Celle hat die Beschwerde als unbegründet verworfen und damit argumentiert, dass Gerichte nach § 176 Abs. 1 GVG diejenigen Maßnahmen zu treffen hätten, die den ungestörten und gesetzmäßigen Ablauf einer Verhandlung gewährleisten. Hierzu gehörten auch Maßnahmen zur Verhinderung einer Ansteckung mit dem Coronavirus. Gerichte seien danach zwar nicht verpflichtet eine Testpflicht für Geimpfte anzuordnen. Es sei aber auch nicht zu beanstanden, wenn ein Gericht eine Testpflicht auch für Geimpfte anordnet, denn die Einschätzung der Vorsitzenden, dass eine Testung der Verfahrensbeteiligten geeignet sei, das Ansteckungsrisiko zu verringern, entspreche nicht nur der Einschätzung des Robert-Koch-Instituts, sondern auch der Ansicht verschiedener Sachverständiger. Vor dem Hintergrund der grassierenden Delta-Variante, der Vielzahl von Teilnehmern an der Strafverhandlung und der langen Dauer der Sitzung sowie der steigenden Inzidenzwerte in der Region sei die angeordnete Testpflicht, auch trotz der eingeschränkten Aussagekraft von Schnelltest, nicht unverhältnismäßig.
Anmerkung:
Das Gericht hat sich dabei nicht daran gestört, dass im Anwendungsbereich der niedersächsischen Corona-Verordnung Geimpfte negativ getesteten Personen gleichgestellt sind. Ob dem Schutz ungeimpftr Verfahrensbeteiligter möglicherweise deshalb ein geringeres Gewicht beizumessen sein könnte, weil diese sich durch den Verzicht auf eine Impfung freiwillig selbst gefährden würden, hat das Gericht nicht geprüft, mit Verweis auf die bis vor kurzem anhaltende Impfstoffknappheit.
Nicht geklärt wurde dabei, wie das Gericht damit umgeht, wenn sich ein Verfahrensbeteiligter nicht freiwillig testen lassen möchte. Insoweit ist unklar, ob beispielsweise dann ein zu vernehmender Zeuge nicht, oder zumindest nicht öffentlich vernommen wird. Ebenso wenig bleibt offen, was gelten würde, wenn ein Verteidiger die Testung verweigert und deshalb, die Entscheidung konsequent zu Ende gedacht, vom Verfahren ausgeschlossen wäre.
Wer selbst vielleicht gerade seinen Urlaub in Deutschland verbracht hat, und dabei gelegentlich in den Gastronomie besucht hat, der wird auch seine Probleme haben, die Gerichtsentscheidung nachzuvollziehen, weil dort regelmäßig auch eine Vielzahl von Personen oft über mehrere Stunden sich in ein und demselben Raum aufhalten. Lüftungsprotokolle, Lüftungspausen und geöffnete Fenster gibt es dabei, im Gegensatz zu dem heutigen Bild bei deutschen Gerichten, regelmäßig nicht. Auch hier wird deutlich, dass das seit 2020 neu geschaffene Coronarecht nicht immer logisch und schon gar nicht nachvollziehbar sein muss…