Weit verbreitet ist unter Mietern der Eindruck, dass Mieten in immer höhere, nahezu unerschwingliche Höhen steigen. Ebenso weit verbreitet ist unter Vermietern der Eindruck, dass die gleichen Mieten im Vergleich zu den übrigen Lebenskosten immer langsamer steigen, Mieter unverhältnismäßig vom Staat geschützt werden und es bereits jetzt nahezu unmöglich ist, eine Mieterhöhung durchzusetzen. Es stellt sich also die Frage, welche dieser scheinbar nicht mit einander zu vereinbarenden Ansichten zutreffend sind. Im Lichte obiger Entwicklungen wird nun nach den bereits erfolgten positiven Abstimmungen in Bundestag und Bundesrat am 01.06.2015 eine umgangssprachlich als Mietpreisbremse bezeichnete Dämpfung des Mietanstiegs in Kraft treten.
Künftig soll es nach dem Gesetz bei der Wiedervermietung von Wohnungen eine Preisobergrenze geben. Die Miete darf dabei nicht mehr als 10% über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Ein Neumieter erhält darüber hinaus einen Auskunftsanspruch über die Höhe der Miete des Vorgängers. Zu einer Senkung ist der Vermieter jedoch nicht verpflichtet. Diese Mietpreisbremse wird jedoch nicht für das ganze Bundesgebiet gelten, sondern nur in angespannten Wohnungsmärkten, welche als solche von den Regierungen der Bundesländer ausgewiesen werden. Außerdem gilt sie nicht bei Neubauten, welche nach dem 01.08.2014 zum ersten Mal genutzt und vermietet wurden. Ebenso sind umfassend modernisierte Wohnungen ausgenommen.
Allein die vielen Ausnahmen machen bereits deutlich, wie wenig die Mietpreisbremse tatsächlich zur Besänftigung der Situation auf den Wohnungsmärkten beitragen kann. Doch was bringt nun eigentlich dieses Gesetzeswerk, wie wirkt es sich aus und – vor allem – wer profitiert hiervon? Sind es die Mieter oder die Vermieter, oder vielleicht keiner von beiden? Auf den ersten Blick dürfte man meinen, die Mieter würden von einem langsameren, gebremsten Mietpreisanstieg profitieren. Doch die außerhalb des Gesetzeswortlauts bereits eingetretenen Auswirkungen könnten vom Gegenteil überzeugen. Tatsächlich könnte nach einer Ansicht die Mietpreisbremse dort, wo sie überhaupt in Kraft tritt, den Menschen helfen, die gezwungen sind, umzuziehen. Für diese würde es in angespannten Wohnungsmärkten künftig nicht schwieriger werden, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Allerdings gibt es auch Meinungen, nach denen die aktuellen Entwicklungen eher verstärkt werden würden. So würden sich Vermieter künftig noch verstärkter immer nur die Mieter mit der größten Bonität aussuchen, egal wie viel die Wohnung kostet. Dass Menschen mit geringen und mittleren Einkommen hier profitieren können, sei eher unwahrscheinlich.
Die Mietpreisbremse muss sich einige Kritik gefallen lassen.
Zum einen werden nicht nur von Vermieterseite durchaus nachvollziehbare Argumente ins Feld geführt, weshalb die Mietpreisbremse gar nicht dazu geeignet ist, die Wohnungsnot zu bekämpfen, was gerade ihr Zweck sein soll. Zugleich soll das Gesetz Gentrifizierung verhindern (Als Gentrifizierung bezeichnet man den sozioökonomischen Strukturwandel bestimmter großstädtischer Viertel im Sinne einer Abwanderung ärmerer und eines Zuzugs wohlhabenderer Bevölkerungsgruppen). Allerdings könnte sich der Markt durch das Gesetz noch weiter verengen und die Gentrifizierung befördert werden. Es ist davon auszugehen, dass durch gedrosselte Mieten die ohnehin beliebten Stadtteillagen für alle Einkommensschichten noch attraktiver werden. Die Nachfrage nach Wohnraum wird also deutlich zunehmen. Die Möglichkeit, den Zuschlag für die Wohnung zu erhalten, wird dagegen sinken, und zwar insbesondere für Einkommensschwache. Denn die Vermögensverhältnisse der Kandidaten werden weiterhin das entscheidende Auswahlkriterium bleiben. Zugleich wird durch die geringeren Mieten auch mehr Wohnfläche erschwinglich. Größere Wohnungen werden also von weniger Personen bewohnt werden, was ebenfalls den Druck auf die Märkte erhöhen wird. Zusätzlich wird durch die Mietpreisbremse die Vermietung von Wohnraum zunehmend unattraktiv. Da die Nachfrage nach selbst genutztem Wohneigentum weiter steigen wird, werden vermehrt Mietwohnungen in Wohneigentum umgewandelt und somit ebenfalls dem Mietmarkt entzogen werden. Denn auch, wenn an manchen oder vielen Orten die Mieten sich in letzter Zeit drastisch erhöht haben, ist schon heute die private Vermietung oft ein Nullsummenspiel. Bei 8,5% der privaten Vermieter führt die Vermietung sogar zu Verlusten. Zu diesem Ergebnis kommt eine am 17.09.2014 veröffentlichte Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Berlin.
Eine Lösung hierfür kann in unserer Marktwirtschaft nur die Schaffung neuen Wohnraums sein. Genau das macht eine Mietpreisbremse jedoch unattraktiver. Eventuell müsste man den Wohnraum eher liberalisieren als stärker regeln. Andererseits darf der Schutz der sozial schwächer positionierten Mieter gegenüber den Vermietern nicht vernachlässigt werden. Es wird also weiterhin schwierig bleiben, eine Lösungsformel für die Probleme auf dem Wohnungsmarkt zu finden. Eine solche scheint immer noch in weiter Ferne. Zu den Schwierigkeiten tragen schließlich nicht nur kollidierende privatwirtschaftliche Interessen bei, sondern auch öffentlich-rechtliche Einschränkungen. Denn trotz Zuzug und Wohnungsmangel wollen nahezu alle Gemeinden ihr „Dorfbild“ erhalten und bestimmen z.B. Abstandsflächen und maximale Höhen von Wohngebäuden. Doch das ist wieder ein anderes Thema.