Wird der Geschäftsführer einer GmbH abberufen und gleichzeitig sein Dienstverhältnis gekündigt, dann taucht immer wieder die Frage auf, ob der Geschäftsführer sich vor den Arbeitsgerichten unter Bezugnahme auf den allgemeinen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsgesetz erfolgreich gegen die Kündigung zur Wehr setzen kann. Diese Frage hängt maßgeblich davon ab, ob er zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung seine organschaftliche Stellung als Vertreter der Gesellschaft im Sinne von § 35 Abs. 1 S. 1 GmbH-Gesetz noch innehatte. In diesem Fall greift nämlich § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG ein. Diese Vorschrift enthält eine negative Fiktion zugunsten der Organe juristischer Personen. Diese können sich danach dann nicht auf den Kündigungsschutz nach dem Kündigungsgesetz berufen, weil die Vorschriften des ersten Abschnitts des KSchG nicht gelten und zwar unabhängig davon, wie das Vertragsverhältnis im Innenverhältnis ausgestaltet ist, und letztlich durch eine Beschränkung der Vertretungsmacht einem Arbeitsverhältnis gleicht (BAG, Urteil vom 21.09.2017, 2 AZR 865/16).
Gesellschaft kündigt Geschäftsführeranstellungsvertrag ohne die Bestellung zu widerrufen
Die Beklagte eine Unternehmensberatungsgesellschaft war in der Rechtsform einer GmbH organisiert. In dem entschiedenen Rechtsstreit war der Kläger, ein Unternehmensberater, einer von 98 in der Gesellschaft tätigen Geschäftsführern.
Mit Schreiben vom 25.02.2014 kündigte die Gesellschaft den Geschäftsführeranstellungsvertrag zum 31.08.2014, widerrief die Bestellung jedoch zunächst nicht. Der Kläger legte daraufhin sein Amt nieder und ging vor dem Arbeitsgericht gegen die Kündigung vor.
Kein allgemeiner Kündigungsschutz für Geschäftsführer vor Abberufung
Vor den Arbeitsgerichten blieb die Klage in allen Instanzen erfolglos, denn die Richter, zuletzt das BAG, waren unisono der Auffassung, dass wegen den Vorgaben des § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG die Kündigung keiner sozialen Rechtfertigung bedurft hat. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollten die Organvertreter gerade ohne Rücksicht darauf, wie ihr Anstellungsverhältnis zu werten wäre, aus dem Anwendungsbereich des allgemeinen Kündigungsschutzes ausgenommen sein. Es kommt daher weder darauf an, ob im Innenverhältnis die Geschäftsführerstellung bloßer Formalismus gewesen ist, weil das Anstellungsverhältnis in Wahrheit einem Arbeitsverhältnis entsprochen hatte noch darauf, dass der gekündigte Geschäftsführer vor Klageerhebung seine Organstellung aufgegeben hat. Eine etwaige Beschränkung der Vertretungsmacht im Innenverhältnis sei bedeutungslos, weil eine solche im Außenverhältnis keine Wirkung habe, § 37 Abs. 2 GmbH-Gesetz.
§ 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG verstößt nicht gegen das Grundgesetz
Nach Auffassung der Richter verstößt die Regelung des § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG auch nicht gegen das Grundgesetz. Eine Verletzung grundrechtlicher Schutzpflichten komme nur in Betracht, wenn die Grundrechtsposition den Interessen des anderen Vertragspartners in einer Weise untergeordnet werde, dass in Anbetracht der Bedeutung und Tragweite des betroffenen Grundrechts von einem angemessenen Ausgleich nicht mehr gesprochen werden könne. Das Interesse juristischer Personen, die Anstellungsverträge von Organmitgliedern ohne das Erfordernis einer sozialen Rechtfertigung i.S.d. § 1 KSchG beenden zu können, sei ein nach Artikel 12 Abs. 1 GG schutzwürdiges Interesse, setze die Organmitgliedschaft doch ein besonderes Vertrauen in den Geschäftsführer voraus. Auch bleibe der Geschäftsführer nicht schutzlos zurück, da er durch die zivilrechtlichen Generalklauseln vor einer sitten- oder treuwidrigen Ausübung des Kündigungsrechts geschützt und so der verfassungsrechtlich gebotene Mindestschutz des Arbeitsplatzes vor Verlust damit gewährleistet sei. Eine Ungleichbehandlung von Organen der Gesellschaft und von leitenden Angestellten, für die der Kündigungsschutz mit Einschränkungen gilt, verstoße nicht gegen den Gleichheitssatz aus Artikel 3 Abs. 1 GG, da der Sachgrund für die Ungleichbehandlung mit der dem Amt des Organvertreters verbundenen Rechtsstellung als Vertreter der Gesellschaft einhergehe.
Bestellung als Geschäftsführer auch nicht rechtsmissbräuchlich
Schließlich konnte das BAG nicht erkennen, dass die Bestellung zum Geschäftsführer durch die Gesellschaft individuell oder institutionell rechtsmissbräuchlich erfolgt und die spätere Kündigung so nach allgemeinen Grundsätzen treuwidrig war. Das BAG sah keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger nur zum Geschäftsführer bestellt worden war, um ihn vom Kündigungsschutz auszuschließen. Sowohl die zeitliche Dauer von drei Jahren zwischen Bestellung und Kündigung als auch die mit dem geänderten Anstellungsvertrag einhergehende inhaltliche und monetäre Erweiterung im Vergleich zur vorangegangenen Position des Generalbevollmächtigten sprächen insoweit gegen einen Rechtsmissbrauch der Beklagten. Auch sei die Bestellung einer Vielzahl von Geschäftsführern mit unterschiedlichen gestuften Befugnissen nicht objektiv funktionswidrig, das Gesetz selbst sehe in § 35 Abs. 2 GmbHG eine Mehrzahl von Geschäftsführern vor.
Geschäftsführertitel nicht immer erstrebenswert
Die Entscheidung des BAG zeigt auf, wie durch geschickte Nutzung des Gesellschaftsrechts einerseits, aber auch dem Wunsch nach Titeln andererseits, problemlos arbeitsrechtliche Regelungen ausgehebelt werden können. Die Unternehmensberatung macht es vor. Das Unternehmen in Rechtsform einer GmbH organisieren und Führungskräfte oder Mitarbeiter, die für den Augenblick gebunden werden sollen, einfach zum Geschäftsführer nennen und schon lässt sich das aus dem amerikanischen kommende Prinzip „hire and fire“ umsetzen. Sollte Ihnen also eine Geschäftsführerposition angeboten werden, dann sollten Sie stets die damit verbundenen Vorteile gegen die Nachteile abwägen. Neben dem Verlust des Kündigungsschutzes kommt nämlich noch hinzu, dass sie für den Fall, dass die Gesellschaft wirtschaftlich in Schieflage gerät und sie nicht rechtzeitig Insolvenzantrag stellen auch in eine persönliche Haftung rutschen können.