Wer Einsicht in das Grundbuch nehmen möchte, der muss darlegen, dass er daran ein berechtigtes Interesse hat. In erbrechtlichen Angelegenheiten kann sich ein solch rechtliches Interesse insbesondere aus einer Stellung als Pflichtteilsberechtigter oder Erbe ergeben. Ein künftiges Pflichtteils- oder Erbrecht rechtfertigt dagegen keine Grundbucheinsicht, weil derartige Ansprüche vor Eintritt des Erbfalls nicht verfolgt werden können (OLG München, Beschluss vom 10.10.2018 – 34 Wx 293/18).
Sohn möchte durch Grundbucheinsicht in Erfahrung bringen, ob Vater Grundbesitz auf zweite Ehefrau übertragen hat
In dem Verfahren war die Mutter des Antragstellers Alleineigentümerin einer Immobilie. Als sie im Jahr 1990 verstorben war, war sie von ihrem Ehemann, dem Vater des Antragstellers, beerbt worden. Rund 18 Jahre später beantragte der Antragsteller im Juni 2018 beim Grundbuchamt die Erteilung eines beglaubigten Grundbuchauszugs. Begründet hat er dies damit, dass er im Hinblick auf sein zukünftiges Erb- oder Pflichtteilsrecht ein Interesse daran habe zu erfahren, ob der Vater noch Alleineigentümer die Immobilie sei oder aber diese bereits ganz oder teilweise auf seine 2. Ehefrau übertragen hat. Um den Familienfrieden nicht zu gefährden bat er gleichzeitig darum, den Vater nicht über sein Einsichtsgesuch zu informieren.
Kein hinreichendes Interesse dargetan oder ersichtlich
Sowohl das Grundbuchamt als auch das OLG München als Beschwerdegericht, haben den Antrag abgelehnt.
Das Grundbuchamt hatte dazu ausgeführt, dass seit dem Tod der Mutter bereits mehr als 18 Jahre vergangen seien, so dass Pflichtteilsansprüche hinsichtlich der Mutter längst verjährt seien. Pflichtteilsansprüche hinsichtlich des Vaters oder auch erbrechtliche Ansprüche würden erst mit dessen Ableben entstehen, so dass diese künftigen Ansprüche nicht geeignet wären ein berechtigtes Interesse zu begründen. Vor Eintritt des Erbfalls seien nämlich rechtliche Schritte im Hinblick auf die künftige Stellung als Erbe oder Pflichtteilsberechtigter weder möglich noch erforderlich. Deshalb bestehe auch kein berechtigtes Interesse am Inhalt des Grundbuchs.
Soweit das Grundbuchamt zur Ablehnung des Einsichtsgesuchs auch damit begründet hatte, dass Pflichtteilsansprüche nach dem Tod der Mutter bereits verjährt seien, hat das OLG die Begründung dahingehend modifiziert, dass zwar grundsätzlich solche Pflichtteilsansprüche einen Einsichtsanspruch begründen könnten, es der Antragsteller aber verabsäumt hat, glaubhaft darzulegen, dass er solche Ansprüche gegen seinen Vater geltend macht oder jedenfalls die Geltendmachung beabsichtigt.
Dies wohl deshalb, weil es sich bei der Verjährung rechtstechnisch um keine Einwendung, sondern um eine Einrede handelt. Dies bedeutet, dass ein Gericht die Verjährung nicht von sich aus prüfen darf, sondern nur dann berücksichtigen muss, wenn der Anspruchsgegner ausdrücklich die Einrede der Verjährung erhebt. Das Grundbuchamt hatte daher zu Unrecht auf eine etwaige Verjährung möglicher Ansprüche abgestellt.
Auch dieser Fall verdeutlicht, dass selbst bei einer einfachen Angelegenheit wie der Beantragung einer Grundbucheinsicht es maßgeblich darauf ankommt, wie das Gesuch formuliert wird. Wer hier, so wie es offensichtlich der Anwalt gemacht hatte, der den Antragsteller vertreten hat, sich im Vorfeld keine Gedanken dazu macht, unter welchen Voraussetzungen überhaupt Einsicht gewährt werden kann, kann unliebsam überrascht werden. Wie heißt es so schön, nur wer den Weg kennt, kann auch sicher ans Ziel kommen… Deshalb ist es in Rechtsangelegenheiten immer von Vorteil, einen Begleiter zu haben, der den Weg auch wirklich kennt.
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Rechtsanwalt Graf ist auch Testamentsvollstrecker sowie Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.). und DIGEV (Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e. V.)
Rechtsanwalt Detzer wird regelmäßig von den Amtsgerichten Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen als Nachlasspfleger bestellt.