Durch den Fall Winterkorn ist ein (legales) Instrument zur steueroptimierten Übertragung von Vermögen unter Ehegatten in den Fokus der Öffentlichkeit geraten. Wir erklären Ihnen worum es bei der Güterstandsschaukel geht, wie sie funktioniert und für wen sie sich eignet.
Was ist eine Güterstandsschaukel?
Von Güterstandsschaukel spricht man, wenn der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft zunächst mittels notariellem Ehevertrag aufgehoben und in eine Gütertrennung umgewandelt wird, um anschließend wieder durch weiteren notariellen Vertrag zum gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft zurückzukehren.
Wozu wird die Güterstandsschaukel angewendet?
Die Güterstandschaukel ist ein Instrument zur steueroptimierten Vermögensübertragung von einem Ehegatten auf den anderen Ehegatten in Fällen, in denen ein Ehegatte während der Ehezeit deutlich mehr Zugewinn erzielt hat, als der andere Ehegatte.
Der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft ist nämlich faktisch zunächst eine Gütertrennung. Dies bedeutet, dass die Ehegatten nicht etwa gemeinschaftliches Vermögen erwerben, sondern grundsätzlich jeder Ehegatte sein Vermögen behält, das er während der Ehezeit erwirtschaftet. Bei der klassischen Hausfrauenehe, wenn also ein Ehepartner beruflich erfolgreich ist und der andere den Haushalt versorgt, erwirbt also zunächst der erwerbstätige Ehepartner Vermögen. Von Gesetzes wegen findet dann ein Ausgleich über den Zugewinn im Fall der Beendigung der Ehe durch Tod oder Scheidung statt.
Soll dagegen eine Vermögensübertragung ohne Beendigung der Ehe stattfinden, dann ist dies auf den ersten Blick nur durch Schenkung möglich. Da hier unter Ehegatten nur ein Steuerfreibetrag von 500.000 € zur Verfügung steht, würden also größere Übertragungen Schenkungsteuer auslösen.
Steueroptimierte Vermögensübertragung auf die Kinder
Eine solche Vermögensübertragung während laufender Ehe kann beispielsweise deshalb zwischen den Ehepartnern gewünscht sein, um eine steueroptimierte Übertragung des Vermögens auf die Kinder vorzubereiten. Würden diese nämlich nur von einem Elternteil erben oder Schenkungen erhalten, dann bliebe der Steuerfreibetrag im Hinblick auf den vermögenslosen Elternteil ungenutzt. Bei dem Umweg über eine Übertragung vom Ehemann auf die Ehefrau und dann auf die Kinder kann auch hier der Steuerfreibetrag voll ausgenutzt werden. Jedem Kind können dann so anstatt 400.000 € alle 10 Jahre 800.000 € steuerfrei übertragen werden.
Vermögen dem Zugriff der Gläubiger entziehen
Ein weiterer Grund kann aber auch darin bestehen Vermögen dem Zugriff etwaiger Gläubiger zu entziehen. Entgegen einer weit verbreiteten Ansicht haften nämlich Ehegatten nicht für Schulden des Ehepartners. Gerade dann, wenn der erwerbstätige Ehegatte aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit erheblichen Haftungsrisiken ausgesetzt ist, die dazu führen können, dass auf sein Privatvermögen zurückgegriffen wird, dann kann durch eine frühzeitige Übertragung anteiligen Vermögens auf den Ehepartner der übertrage Vermögensteil dem Zugriff der Gläubiger entzogen werden.
Reduzierung von Pflichtteilsansprüche außerehelicher Kinder des vermögenderen Ehegatten
Die Güterstandsschaukel wird aber auch eingesetzt, um Pflichtteilsansprüche nichtehelicher Kinder des vermögenderen Ehegatten, also beispielsweise Kinder aus erster Ehe oder uneheliche Kinder, zu reduzieren.
Wie funktioniert die Güterstandsschaukel?
Waren die Ehegatten zunächst im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft verheiratet, dann vereinbaren sie durch notariellen Ehevertrag Gütertrennung. Hierdurch wird der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft beendet und es wird ein gesetzlicher Zugewinnausgleichsanspruch ausgelöst. Der vermögendere Ehegatte kann also so die Hälfte des Zugewinns, den er während der Ehezeit erzielt hat, steuerfrei auf den anderen Ehegatten übertragen. Anschließend wird durch einen weiteren notariellen Ehevertrag der Güterstand der Gütertrennung wieder beendet und zum gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft zurückgekehrt. Da die Güterstandsschaukel mehrfach angewendet werden kann, können also Ehegatten zeitabschnittsweise Vermögen von dem erwerbstätigen Ehegatten steuerfrei auf den anderen Ehegatten übertragen.
Für wen eignet sich die Güterstandsschaukel?
Für Otto Normalverbraucher ist die Güterstandsschaukel uninteressant. Sie eignet sich dagegen für Ehegatten, bei denen der Schenkungsfreibetrag von 500.000 € zur Vermögensübertragung auf den anderen Ehegatten nicht ausreicht oder aber für solche Ehegatten, bei denen einer „Altlasten“ in Form von Kindern aus einer früheren Partnerschaft hat, deren Pflichtteilsanspruch reduziert werden soll. Auch dann wenn das Vermögen eines Ehegatten so hoch ist, dass eine steuerfreie Übertragung auf die Kinder nicht möglich wäre, kann eine Güterstandsschaukel helfen, um die Freibeträge zu verdoppeln.
Ist die Güterstandsschaukel legal?
Auch, wenn diese Vorgehensweise dem gesunden Rechtsempfinden widersprechen mag, so handelt es sich um eine rechtlich nicht zu beanstandender Vorgehensweise, denn Ehegatten steht es frei den Güterstand, in dem sie leben wollen, zu wählen und dies auch mehrfach (BFH, Urteil vom 12.07.2005, II R 29/02). Deshalb wird das Instrument von Vermögenden auch häufig genutzt.
Mit welchen Kosten müssen Sie rechnen?
Die Anwendung der Güterstandsschaukel ist kein ganz billiges Vergnügen, weil grundsätzlich zwei notarielle Verträge abgeschlossen werden müssen. Der Geschäftswert, nachdem der Notar seine Gebühren berechnet, bemisst sich nach § 100 Abs. 1 GNotKG nach der Summe der Werte der gegenwärtigen Vermögen beider Ehegatten. Bei einem Reinvermögen von beispielsweise 3,0 Mio. € fallen somit netto 9.870,00 € Gebühren an, bei einem Reinvermögen von 4,0 Mio. € fallen netto 13.070,00 € Gebühren an. Hinzuzurechnen sind noch die Auslagen und 19 % Umsatzsteuer. Im Gegensatz zu Anwälten, die bei außergerichtliche Tätigkeit durch Abschluss einer Vergütungsvereinbarung auch die gesetzlichen Gebühren unterschreiten dürfen, können Notare keine von den gesetzlichen Gebühren abweichenden Vereinbarungen treffen. eine Reduzierung der Notargebühren ist allenfalls dadurch möglich, dass beide Vereinbarungen, also zunächst die Vereinbarung der Gütertrennung und anschließend die Rückkehr zum Zugewinnausgleich in einer Urkunde getroffen werden. Obwohl dies, soweit ersichtlich, von der Finanzgerichtsbarkeit bislang nicht beanstandet worden ist, wird gleichwohl in der Literatur davon abgeraten und stattdessen empfohlen eine „Schamfrist“ von mindestens 6 Monaten zwischen Abschluss der beiden Verträge einzuhalten. Dies jedenfalls dann, wenn die Güterstandsschaukel nicht nur dazu eingesetzt wird, um eine steuerprivilegierte Vermögensübertragung zu erreichen, sondern wenn dadurch Pflichtteilsansprüche Dritter beschnitten werden sollen.
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Rechtsanwalt Graf ist auch Testamentsvollstrecker sowie Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.). und DIGEV (Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e. V.)
Rechtsanwalt Detzer wird regelmäßig von den Amtsgerichten Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen als Nachlasspfleger bestellt.