Augenblicklich ist sie in aller Munde: die Schuldenbremse oder besser gesagt deren Umgehung, wie sie seitens der Ampelregierung versucht und dieser Versuch nun vom Bundesverfassungsgericht gestoppt wurde und die Frage, welche Konsequenzen dies für Deutschland, aber auch für jeden einzelnen im Land hat. Wir erklären Ihnen nachfolgend worum es geht und was sie zu dieser Thematik als mündige Staatsbürger wissen müssen.
Die Schuldenbremse ist ein finanzpolitisches Instrument, das darauf abzielt, die Neuverschuldung der öffentlichen Haushalte in Deutschland zu begrenzen. Ihre rechtliche Verankerung findet sich im Grundgesetz (GG) der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere in den Artikeln 109 Abs. 3, 110 Abs. 2 und 115 Abs. 2 GG.
Zweck und gesetzliche Verankerung
Der Hauptzweck der Schuldenbremse ist es, eine nachhaltige Haushaltsführung zu gewährleisten und die öffentlichen Finanzen vor übermäßiger Neuverschuldung zu schützen. Dies soll langfristig die finanzielle Stabilität des Staates sichern. Laut Art. 115 Abs. 2 Satz 1 GG sollen Einnahmen und Ausgaben im Bundeshaushalt grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten ausgeglichen sein, wobei eine Ausnahme besteht, wenn die Einnahmen aus Krediten 0,35% des nominalen Bruttoinlandsprodukts nicht überschreiten. Eine weitere wichtige Komponente ist die Konjunkturkomponente gemäß Art. 109 Abs. 3 Satz 2 GG in Verbindung mit Art. 115 Abs. 2 Satz 3 GG, die eine Anpassung der Haushaltsführung an konjunkturelle Entwicklungen ermöglicht.
Sondervermögen und Schuldenbremse
Allein der Begriff des sogenannten „Sondervermögens“ ist eine sprachliche Mogelpackung, weil es sich dabei nicht um Vermögen, sondern um Schulden handelt. Kein Unternehmen, aber auch keine Privatperson, würde auf die Idee kommen, Verbindlichkeiten bei Dritten als „Sondervermögen“ zu bezeichnen. Wenn also beispielsweise von 100.000.000.000 EUR Sondervermögen für die Bundeswehr gesprochen wird, dann bedeutet dies nichts anderes, als dass aus der dringenden Notwendigkeit die Verteidigungsfähigkeit wiederherzustellen, zulasten nachfolgende Generationen ganz erhebliche Schulden gemacht werden müssen, weil in Jahren und Jahrzehnten zuvor die erforderlichen Mittel der Bundeswehr nicht zur Verfügung gestellt worden sind, weil dafür nach Auffassung der Entscheidungsträger kein Geld da war. An sich wäre Deutschland im Rahmen seiner NATO Mitgliedschaft verpflichtet gewesen, jährlich 2 % seines Bruttosozialprodukts in den Verteidigungsetat zu stecken, ist aber dieser Verpflichtung regelmäßig nicht nachgekommen.
Sondervermögen sind also Finanzmittel, die außerhalb des regulären Haushalts geführt werden, wie z.B. der Energie- und Klimafonds (EKF), später umbenannt in Klima- und Transformationsfonds (KTF). Die Verwaltung dieser Mittel steht im Kontext der Schuldenbremse, da sie Einfluss auf das Gesamtvolumen der Staatsschulden hat. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil zum Zweiten Nachtragshaushaltsgesetz 2021 (Urteil vom 15. November 2023, BvF 1/22) deutlich gemacht, dass die Einrichtung und Nutzung solcher Sondervermögen nicht dazu genutzt werden darf, die Vorgaben der Schuldenbremse zu umgehen.
Bundesverfassungsgerichtsurteil zum 2. Nachtragshaushalt
Im Fall des Zweiten Nachtragshaushaltsgesetzes 2021 hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass dieses Gesetz mit den Artikeln 109 Abs. 3, 110 Abs. 2 und 115 Abs. 2 GG unvereinbar und somit nichtig ist. Hauptkritikpunkte waren das Fehlen eines ausreichenden Veranlassungszusammenhangs zwischen der Notsituation und den ergriffenen Krisenbewältigungsmaßnahmen, die zeitliche Entkoppelung der Notlagenfeststellung vom tatsächlichen Einsatz der Kreditermächtigungen und der Verstoß gegen den Haushaltsgrundsatz der Vorherigkeit.
Fazit und Ausblick
Das Konzept der Schuldenbremse und die Handhabung von Sondervermögen wie dem KTF sind wesentliche Elemente der deutschen Finanzpolitik. Sie tragen dazu bei, eine nachhaltige und verantwortungsbewusste Haushaltsführung zu gewährleisten. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts unterstreicht die Bedeutung rechtlicher Rahmenbedingungen und deren strikte Einhaltung. Es zeigt auch, dass die Schaffung von Sondervermögen nicht als Mittel zur Umgehung der Schuldenbremse missbraucht werden darf. In Zukunft ist eine noch sorgfältigere Abwägung erforderlich, um die Vorgaben des Grundgesetzes zu erfüllen und gleichzeitig auf außergewöhnliche finanzielle Herausforderungen angemessen zu reagieren. Schulden außerhalb des Bundeshaushalts auf Vorrat zu machen, sind damit für die Exekutive tabu. Vielmehr wird in jedem Einzelfall wieder die Legislative, also der Bundestag, darüber entscheiden müssen, ob im Einzelfall eine Notsituation vorliegt, die ausnahmsweise die Umgehung der Schuldenbremse rechtfertigen kann. Die Bedeutung des Parlaments, als Kernpfeiler einer repräsentativen Demokratie, wird wieder in den Vordergrund gerückt.