Insolvenzverwalter werden vom Insolvenzgericht bestellt. D.h. den Auftrag erhält nicht die Kanzlei, in der die Insolvenzverwalter beschäftigt ist, sondern der Insolvenzverwalter persönlich. Umgekehrt hat damit auch der Insolvenzverwalter persönlich, und nicht die Kanzlei, einen Anspruch auf die Verwaltervergütung. Kanzleien vereinbaren deshalb regelmäßig mit ihren angestellten Verwaltern, dass während des bestehenden Arbeitsverhältnisses anfallende Vergütungsansprüche abgetreten werden. Wenn im Anstellungsverhältnis arbeitende Insolvenzverwalter die Kanzlei verlassen, in der sie beschäftigt sind, nehmen diese die auf sie laufenden Insolvenzverfahren mit. Dies führt in der Praxis immer wieder zu Streit zwischen der Kanzlei als Arbeitgeber und dem Insolvenzverwalter als Arbeitnehmer über die Abrechnung der Verwaltervergütung und damit die Frage, in welchem Umfang aus laufenden Insolvenzverfahren Vergütung abgerechnet werden muss oder aber hätte abgerechnet werden müssen.
Nicht selten kommt es deshalb vor, dass der Arbeitgeber dem ausscheidenden Mitarbeiter vorwirft, er habe während der Dauer seiner Beschäftigung zu wenig an Vergütung abgerechnet und sich deshalb schadenersatzpflichtig gemacht. In seinem von unserer Kanzlei in einem derartigen Fall erstrittenen Urteil vom 10.01.2013 hat das Landesarbeitsgericht München (2 Sa 727/12) einem Arbeitgeber nicht nur eine Abfuhr erteilt, weil es keine Pflichtverletzung zu erkennen vermochte, sondern darüber hinaus auch noch festgestellt, dass selbst, wenn eine Pflichtverletzung vorläge, jedenfalls zu Gunsten des angestellten Insolvenzverwalters die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung zu berücksichtigen sind.
Aus den Urteilsgründen:
„Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass der Beklagte auch dann nicht wegen seines Antrages auf einen Auslagenvorschuss haften würde, wenn eine Pflichtverletzung vorliegen würde. Dann wären nämlich die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung anzuwenden und eine Haftung des Klägers wäre ausgeschlossen, weil lediglich leichteste Fahrlässigkeit vorläge. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat ein Arbeitnehmer vorsätzlich verursachte Schäden in vollem Umfang zu tragen, bei leichtester Fahrlässigkeit haftet er dagegen nicht. Bei normaler Fahrlässigkeit ist der Schaden in aller Regel zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu verteilen, bei grober Fahrlässigkeit hat der Arbeitnehmer grundsätzlich den gesamten Schaden zu tragen, ausnahmsweise können allerdings auch hier Haftungserleichterungen in Betracht kommen. Die Beschränkung der Arbeitnehmerhaftung setzt voraus, dass die schädigende Handlung betrieblich veranlasst war (z.B. BAG vom 28.10.2010 – 8 AZR 418/09 – NZA 2011, 345). Der Anwendung dieser Grundsätze steht die Unabhängigkeit des Insolvenzverwalters nach § 56 Abs. 1 InsO nicht entgegen. Die gesetzliche Regelung, dass der Insolvenzverwalter unabhängig von den Gläubigern und dem Schuldner sein muss, bezieht sich auf seine Tätigkeit bei der Verwertung der Insolvenzmasse. Dazu gehören die Abrechnung seiner Vergütung und die Entnahme von Vorschüssen nicht. Solche Tätigkeiten dienen lediglich dem eigenen Interesse des Insolvenzverwalters an seiner Vergütung und der Erstattung von Auslagen. Hier ergibt sich schon aus der Vereinbarung vom 24.7.2009, dass das Handeln des Klägers in Verbindung mit seinem Vorschussantrag vom 19.11.2010 durch den Betrieb des Beklagten veranlasst und aufgrund des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien geschah. Die dem Kläger zustehende Arbeitsvergütung ist teilweise auch Gegenleistung für die Tätigkeit des Klägers als Insolvenzverwalter. Der Arbeitsvertrag schließt die Tätigkeit des Klägers als Insolvenzverwalter nicht aus dem arbeitsvertraglichen Aufgabenbereich aus. Der Kläger erhielt seine Arbeitsvergütung für sämtliche Tätigkeiten im Rahmen des Arbeitsverhältnisses, Die Vereinbarung vom 24.7.2009 soll sicher stellen, dass der Kläger jedenfalls während des bestehenden Arbeitsverhältnisses die Insolvenzverwaltervergütung nicht zusätzlich zu seiner Arbeitsvergütung erhält. Die Abtretung bedeutet eine jedenfalls teilweise Refinanzierung seiner Arbeitsvergütung durch den Kläger. Im Übrigen stellt die Präambel der Vereinbarung den Bezug zum Anstellungsverhältnis her. Schließlich geht der Beklagte auf Seite 3 seines Schriftsatzes vom 30.11.2011 selbst davon aus, dass der Kläger aufgrund des Arbeitsvertrages zur zeitnahen Beantragung von Vorschüssen verpflichtet ist.“