In einem weiteren von unserer Kanzlei für einen Internethändler erstrittenen Urteil hat das Landgericht München II (Urteil vom 06.07.2017 – 3 O 4087/16) einen Käufer auf der Handelsplattform eBay dazu verurteilt eine zu Unrecht erteilte negative Bewertung zurückzunehmen.
Der Käufer hatte in dem eBay-Shop vier Kielrollen bestellt und sich diesen an seinen Urlaubsort an die Adresse des Hafenmeisters liefern lassen. Der Verkäufer hatte die Ware noch am gleichen Tag versandt. Der Käufer war dann aber abgereist noch bevor er die Ware abgeholt hatte. Sie ging deshalb an den Verkäufer zurück. Der Käufer erklärte dann innerhalb der Widerrufsfrist den Widerruf. In der Widerrufsbestätigung teilte der Verkäufer mit, dass er den Kaufpreis abzüglich der Rücksendekosten erstatten werde. Da dies dem Käufer nicht gefiel, stellte er zunächst dem Verkäufer eine positive Bewertung in Aussicht, wenn dieser auch die Rücksendekosten übernimmt. Da der Verkäufer hierauf nicht einging, sondern stattdessen dem Käufer nochmals ausführlich erklärte, weswegen dieser die Rücksendekosten zu tragen habe, bewertete der Käufer einen Tag nach dem Widerruf den Verkäufer negativ begründete diese folgendermaßen:
„Sehr anstrengend – Diskussionen – Schlaumeier – schade – Rückzahlung schwierig“.
Diese ist zu Unrecht erfolgt, wie nun das Landgericht München II entschieden hat, denn der Käufer hat das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt und zugleich in dessen Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eingegriffen. Die Äußerung ist geeignet das Ansehen des Klägers herabzusetzen, da sie nahe legen, dass diese seiner Pflicht, den Kaufpreis bei Widerruf eines im Internet geschlossenen Kaufvertrags zurückzuerstatten nicht bzw. nur unter Schwierigkeiten nachkommt. Sie sind daher auch geeignet den Kläger in seinem Ansehen herabzusetzen. Ein Fehlverhalten des Verkäufers war nämlich nicht gegeben.
EBay Käufer bewertet negativ, weil er nach erfolgtem Widerruf Rücksendekosten zu tragen hat
Der Käufer hatte in dem eBay-Shop am 02.09.2015 vier Kielrollen bestellt und sich diesen an seinen Urlaubsort an die Adresse des Hafenmeisters senden lassen. Der Verkäufer hatte die Ware noch am gleichen Tag versandt und sie war am 04.09.2015 am Lieferort angekommen. Dort hatte dann der Käufer die Ware aber nicht abgeholt. Stattdessen wurde Annahme verweigert, so dass sie am 08.09.2015 an den Verkäufer zurückgegangen ist. Am 10.09.2015 erklärte der Käufer dann den Widerruf und forderte die Rückzahlung des Kaufpreises. Der Verkäufer hat am 11.09.2015 den Widerruf bestätigt und darauf hingewiesen, dass er bei der Rückerstattung die Rücksendekosten zum Abzug bringen werde. Der Käufer gab daraufhin noch am gleichen Tag, also einen Tag nachdem er den Widerruf erklärt hatte, eine negative Bewertung ab und begründete diese wie folgt:
„Sehr anstrengend – Diskussionen – Schlaumeier – schade – Rückzahlung schwierig“.
Da der Käufer außergerichtlich nicht einsehen vermochte, dass der Verkäufer, der auch innerhalb der gesetzlichen Frist den Kaufpreis abzüglich der Rückseite Kosten erstattet hatte, im Einklang mit der Rechtsordnung verhalten hat, landete der Rechtsstreit schließlich vor Gericht.
Landgericht München II bestätigt Anspruch auf Löschung wegen rechtswidrigen Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht und den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb
Für die rechtliche Bewertung einer Äußerung, so das Gericht, ist zunächst deren vollständige Aussagegehalt zu ermitteln. Maßgeblich für die Deutung ist dabei weder die subjektive Absicht des sich Äußernden, noch das subjektive Verständnis des von der Äußerung Betroffenen, sondern der Sinn, den die Äußerung nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums hat. Dabei ist stets vom Wortlaut der Äußerung auszugehen. Dieser legt ihren Sinn aber nicht abschließend fest. Der Sinn wird vielmehr auch von dem sprachlichen Kontext bestimmt, in dem die umstrittene Äußerung steht, und den Begleitumständen, unter denen sie fällt, soweit diese für den Rezitierenden erkennbar waren.
Ermittlung des Aussagegehalts erforderlich
Hinsichtlich des streitgegenständlichen Bewertungskommentars führt dies, so das Gericht, zu folgendem Ergebnis:
„Bei dem streitgegenständlichen Bewertungskommentar „Sehr anstrengend – Diskussionen -Schlaumeier – schade – Rückzahlung schwierig“ handelt es sich um eine Äußerung, in der sich wertende und tatsächliche Elemente vermengen. Insbesondere ab wann eine Rückzahlung „schwierig“ ist, ist keiner Überprüfung auf Richtigkeit zugänglich. Enthält aber die Meinungsäußerung einen falschen Tatsachenkern, so tritt das Grundrecht der Meinungsfreiheit regelmäßig hinter den Schutzrechten des von der Äußerung betroffenen zurück (BGH NJW 2015, 773).
Der maßgebliche unvoreingenommene und verständige Leser versteht die Kommentierung „Rückzahlung schwierig“ dahin, dass die Rückzahlung des Kaufpreises insgesamt sich schwierig gestaltete. Wenngleich die Wertung als „schwierig“ wertenden Charakter hat, gilt hierfür die Meinungsfreiheit nicht unbeschränkt. Vielmehr ist eine Abwägung der grundgerichtlich geschützten Positionen der Parteien im Einzelfall geboten. Die Aussage „Rückzahlung schwierig“ beinhaltet für einen objektiven und unvoreingenommen Leser, dass der Kläger den Kaufpreis als solchen nur auf Drängen und/oder zögerlich zurückerstattete.“
Beweislast für die Richtigkeit der Äußerung liegt beim Bewertenden
Die Beweislast für die Richtigkeit dieser Äußerung liegt, so das Gericht, beim Beklagten.
„Steht der Wahrheitsgehalt einer Äußerungen nicht objektiv fest, obliegt dem Äußernden die Beweislast für die Wahrheit einer zur Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Anspruchstellers geeigneten Behauptung (BGH NJW 1998, S. 3047 (3049)). Es gilt auch im Rahmen der Ansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB und der Analogie zu § 1004 BGB die Beweisregel des § 186 StGB (BGHZ 132,13, 23; BGH NJW 1994, 2614; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 14. Oktober 2010 – 1 W 157/10-, Rn. 14, juris).“
Dass die Rückzahlung schwierig und Hintergrund der Bewertung war, dass der Kläger den Kaufpreis nicht oder nur auf Drängen zurückerstattete, vermochte der insoweit beweisbelastete Beklagte nicht zur Überzeugung des Gerichts zu beweisen.
„Der vorliegenden E-Mail-Korrespondenz sind keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die Rückzahlung dahingehend „schwierig“ war, als dass der Kläger gegenüber dem Beklagten die Rückzahlung des Kaufpreises als solche in Abrede stellte oder den Kaufpreis nicht oder nur auf Drängen zurückerstattete. In den vorliegenden E-Mails (Anlagen K7, K8, K10 und K11) – die seitens der Klägers stets in sachlichem Ton gehalten waren – entspann sich lediglich eine Diskussion darüber, ob es dem Kläger gestattet ist, Rücksendekosten in Abzug zu bringen oder nicht. Insoweit waren die Parteien unterschiedlicher Auffassung. Der Kläger hat in den E-Mails nie in Abrede gestellt, den Kaufpreis an sich – nach seiner Ansicht unter Abzug der Kosten der Rücksendung – dem Beklagten zurückzahlen zu müssen. Insbesondere ergibt sich dies – entgegen der Ansicht des Beklagten – auch nicht aus der E-Mail des Klägers, in der der Kläger um eine Zustimmung zum Transaktionsabbruch bat, „umso eher können wir auch erstatten“ (Anlage K8). Der Kläger äußerte damit lediglich, die Rückerstattung könne bei einem Transaktionsabbruch durch den Käufer eher, also schneller erfolgen. Ob dies tatsächlich der Fall ist oder, wie der Beklagte meint, nicht kann dahinstehen. Mit dieser E-Mail wird jedenfalls weder die Kaufpreisrückerstattung an sich in Zweifel gezogen, noch wird sie von einem Transaktionsabbruch anhängig gemacht.
Unstreitig hat der Kläger den Kaufpreis – abzüglich 4,85 € – via PayPal innerhalb einer 14-Tages-Frist an den Beklagten zurückgezahlt. Diese Frist entspricht der Frist des § 357 Abs. 1 BGB.
Angesichts der pauschalen Bezugnahme des Beklagten in der Bewertung auf „die Rückzahlung“ insgesamt, kommt es auf die Frage, wer letztlich die Rücksendekosten zu tragen hatte …im vorliegenden Fall nicht an.
Die weiteren Kommentare „sehr anstrengend“, „Diskussionen“, „Schlaumeier“, „schade“ stellen zwar nicht dem Wahrheitsbeweis zugängliche Werturteile dar. Nach Auffassung der Einzelrichterin kann bei der vorliegenden Konstellation, in denen diese Äußerungen im Zusammenhang mit der angeblich „schwierigen Rückzahlung“ stehen, nicht nur die Unterlassung der Äußerung „Rückzahlung schwierig“, sondern insgesamt die Rücknahme auch der weiteren Werturteile verlangt werden. Im vorliegenden Fall „stehen und fallen“ diese Wertungen mit der Äußerung über „schwierige Rückzahlung“. Andernfalls verbliebe eine merkwürdige und für einen objektiven Leser nicht nachvollziehbare Negativkritik, da für den Nutzer auch nicht ansatzweise erkennbar wäre, worauf diese negativen Wertungen rekurrieren.“
Ärgern Sie sich auch als Händler über ungerechtfertigte negative Bewertungen? Wir unterstützen Sie gerne.