„Am Morgen ein Joint und der Tag ist Dein Freund“. Wer nach diesem Motto lebt und dabei nicht streng zwischen Cannabiskonsum einerseits und dem Führen von Kraftfahrzeugen andererseits unterscheidet, der läuft Gefahr über kurz oder lang seinen Führerschein zu verlieren. Jedenfalls dann, wenn er in eine Verkehrskontrolle gerät und dabei der Cannabiskonsum festgestellt worden ist.
Die Rechtsprechung und Fahrerlaubnisbehörden haben es sich bislang recht einfach gemacht und drei Fallgruppen gebildet:
- Bei regelmäßigen Cannabiskonsum wird man per se als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen angesehen.
- Auch gelegentlicher Cannabiskonsum lässt den Rückschluss darauf zu, dass der Führer eines Kraftfahrzeugs jedenfalls dann ungeeignet ist, wenn zwischen dem Cannabiskonsum einerseits und dem Führen des Kraftfahrzeugs andererseits nicht hinreichend differenziert wird. Bedeutet also im Klartext, wer unter Cannabiskonsum ein Fahrzeug führt und in eine Verkehrskontrolle gerät, der war bislang seinen Führerschein los.
- Dies deshalb, weil die 3. Fallgruppe, nämlich erstmaliger Cannabiskonsum, bei dem grundsätzlich nicht von der Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgegangen werden darf, von den Behörden und einigen Gerichten so einengend ausgelegt worden ist, dass es praktisch unmöglich ist, unter diese Fallgruppe zu fallen. Es wird dann nämlich stets damit argumentiert, dass aufgrund der Seltenheit von Verkehrskontrollen es ausgeschlossen erscheint, dass gerade ein Erstkonsument unter dem Einfluss von Cannabis in die Verkehrskontrolle geraten ist, so dass kein einmaliger Konsum, sondern jedenfalls gelegentlicher Konsum anzunehmen sei. Weitere Aufklärungsmaßnahmen sind dabei regelmäßig nicht getroffen worden, insbesondere wurde nicht, wie dies etwa bei Alkohol der Fall ist, ein medizinisch-psychologisches Gutachten eingeholt.
So hatte auch das zuständige Landratsamt in einem von unserer Kanzlei vertretenen Fall argumentiert und die Entziehung einer Fahrerlaubnis mit Anordnung des Sofortvollzugs begründet. Der Einwand, dass es sich um erstmaligen Probierkonsum gehandelt habe, wurde dann genau mit der Argumentation, dass es unwahrscheinlich sei, dass ein Erstkonsument gleich beim ersten Konsum in einer Verkehrskontrolle erwischt wird, vom Tisch gewischt. Der Umstand, dass die Verkehrskontrolle im Anschluss an das EM-Endspiel im letzten Sommer stattgefunden hat, und an solchen Tagen verstärkt Verkehrskontrollen durchgeführt werden, blieb dabei völlig unbeachtet.
Das Bayerische Verwaltungsgericht München (M 6 S 17.77) hat aber nun auf unseren Antrag hin mit Beschluss vom 16.06.2017 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederhergestellt und der Behörde aufgegeben den Führerschein zurückzugeben.
Das Gericht hat dabei zwar zunächst dem Antragsteller, wie bereits zuvor das Landratsamt, als gelegentlichen Cannabiskonsument im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung eingestuft, gleichwohl aber im Rahmen der summarischen Prüfung ausgeführt, dass im Ergebnis offen ist, ob die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 3 Abs. 1 S. 1 StVG und § 46 Abs. 1 Fahrerlaubnisverordnung in einem laufenden Widerspruchsverfahren oder nachfolgenden Klageverfahren Bestand haben wird. Dies deshalb, weil die Behörde noch nicht über den Widerspruch des Antragstellers entschieden hat.
Zwar durfte die Behörde, so das Gericht, auf Grundlage der bisherigen Rechtsprechung zum Zeitpunkt des Erlasses des Ausgangsbescheids von einer Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgehen, wenn ein gelegentlicher Konsument den Konsum von Cannabis vom Fahren eines Kraftfahrzeugs nicht getrennt hat, ohne dass dafür die vorherige Anordnung zur Beibringung eines ärztlichen Gutachtens zu seinen Konsumgewohnheiten oder einer medizinisch-psychologischen Begutachtung von der nicht Eignung erforderlich wäre.
Da die Behörde aber noch nicht über den Widerspruch entschieden hat, kommt es nun maßgeblich auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts im vorläufigen Rechtsschutzverfahren an. Das Gericht sah sich deshalb gehalten die neuere Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs im Urteil vom 25.04.2017 (11 BV 17.33), in dem entschieden wurde, dass auch bei einem gelegentlichen Cannabiskonsum nach einer erstmaligen als Ordnungswidrigkeit geahndeten Fahrt mit einem Kraftfahrzeug unter Wirkung von Cannabis grundsätzlich nicht nach § 11 Abs. 7 Fahrerlaubnisverordnung ohne weitere Aufklärungsmaßnahmen von der Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgegangen werden darf, zu folgen. Da eben der VGH die Auffassung des Landratsamts nicht teilt und es sich dabei um das zuständige Beschwerdegericht im vorläufigen Rechtsschutzverfahren handelt, das seine Auffassung neuerlich im Beschluss vom 18.05.2017 (11 CS 17.682) verfestigt hat, also daher nicht zu erwarten ist, dass es nun seine Auffassung, käme es zu einer erneuten Beschwerde, ändern würde, wäre es mit dem Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes und des fairen Verfahrens nicht zu vereinbaren hier den vorläufigen Rechtsschutz erstinstanzlich zu versagen und so den Antragsteller in ein Beschwerdeverfahren zu zwingen.
Das Landratsamt hat übrigens dann selbst, zeitlich nachfolgend, am 20.06.2016 im Rahmen eines dort gestellten Antrags nach § 80 Abs. 4 VwGO den Sofortvollzug mit Verweis auf die neuere Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ausgesetzt.