Augen auf einem Kauf von Fertighäusern. Oftmals wird bei der Besichtigung des so genannten Musterhauses seitens der Verkäufer, bei denen es sich oft um selbständige Handelsvertreter handelt, mündlich etwas zugesagt, das dann schriftlich in der Vertragsurkunde nicht enthalten ist. Diese Erfahrung musste auch eine von unserer Kanzlei vertretene Käuferin machen, die die Errichtung eines Fertighauses zu einem vereinbarten und langwierig verhandelten Festpreis bestellt hatte, wobei ihr mündlich zugesagt wurde, dass das Haus den so genannten Kfw 70-Standard erreicht, also subventionsfähig sei. Nach Vertragsschluss wurde ihr sogar eine entsprechende Bescheinigung zur Beantragung der Subvention über das Erreichen des Standards und ein dazugehöriger Energieausweis ausgehändigt. Im Rahmen der endgültigen Bemusterung stellte sich dann heraus, dass das Haus den Standard nicht erreicht, sondern im Rahmen der Bemusterung Zusatzaufträge erteilt werden müssen, die zu erheblichen Zusatzkosten führen, um diesen Standard zu erreichen. Nachdem die Hausbau Firma sich geweigert hat, zu dem vereinbarten Festpreis mit den Bauarbeiten für ein Haus zu beginnen, das den Kfw 70 Standard erreicht, hat die potentielle Bauherrin die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung bzw. den Rücktritt vom Vertrag erklärt und die geleistete Anzahlung klageweise zurückgefordert. Die Baufirma ihrerseits wollte dies als ordentliche Kündigung des Vertragsverhältnisses einstufen und hat im Wege der Widerklage den entgangenen Gewinn geltend gemacht. Zur Stützung ihrer Rechtsposition wollte die Hausbaufirma sich darauf zurückziehen, dass im schriftlichen Vertrag nirgends der Kfw 70-Standard vereinbart worden sei und darüber hinausgehende mündliche Zusagen aufgrund der Schriftformklausel keinen Bestand haben können. Auch seien Angaben in einem Energieausweis oder Bescheinigungen zur Beantragung von Subventionen ohne jegliche Beweiskraft, da diese nach den Wünschen des jeweiligen Bauherren erstellt würden und diese es durch die Vergabe entsprechender Zusatzaufträge ja in der Hand hätte, den gewünschten Standard (nachträglich) zu erreichen.
Nach langjährigem Rechtsstreit hat das Landgericht München I in seinem Urteil vom 11.04.2014 (8 O 27171/11) zu Gunsten der von unserer Kanzlei vertretenen Klägerin entschieden und die Baufirma auf Rückzahlung der Anzahlung verurteilt und gleichzeitig deren Widerklage abgewiesen.
Aus den Urteilsgründen:
„Das Gericht geht aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme davon aus, dass der Mitarbeiter der Beklagten … der Klägerin zugesagt hat, dass das Haus den KfW-70-Standard erfüllen würde.
…
1. Der Zeuge … – der Lebensgefährte der Klägerin – gab an, dass der Zeuge … gesagt habe, dass KfW 70 Standard bei der Firma … sei. Dies habe er bei der ersten Präsentation des Hauses im Bauzentrum Poing gesagt.
Auch Herr … habe gesagt, dass KfW 70-Förderung möglich sei. Er und seine Lebensgefährtin hätten bei Herrn … nochmals im Hinblick auf ein KfW-70-Darlehen nachgefasst woraufhin dieser gesagt habe, dass dies in Ordnung gehe. Dies sei bei einem Gespräch über das konkrete vertragsgegenständliche Haus passiert. Es sei deswegen auch eine Energieausweis übersandt worden, der dies bestätige.
Das Gericht hat – obwohl der Zeuge im Lager der Klägerin steht – keine Zweifel an der Aussage des Zeugen …. Der Zeuge sagte ruhig und ohne erkennbaren Belastungseifer aus.
Er machte stets deutlich, wenn er sich bei Aussagen in der Erinnerung nicht sicher war.
…
2. Die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen … wird durch die weiteren Beweisanzeichen bestätigt.
a) Aus der Baubeschreibung ergibt sich gerade nicht, dass der KfW-70-Standard nicht eingehalten wird; vielmehr sind verschiedene Hinweise dafür erhalten, dass dies der Fall ist. Die Beklagte preist das Haus gerade mit einer besonderen Energieeffizienz an. So sei das Haus „optimal“ gegen Wärmeverluste nach außen geschützt und je nach Haustyp bereits „standardmäßig“ die KfW-Förderfähigkeit gegeben. Dies harmoniert mit einer vorvertraglichen Zusage der KfW-70 Effizienz.
b) Zudem hat der von der Beklagten eingeschaltete Sachverständige … in seinem Schreiben vom 11.4.2011 gerade bestätigt, dass geplant sei, ein KfW-Effizienzhaus 70 zu errichten. Er versichert unter Belehrung auf die Strafbarkeit falscher Angaben nach § 264 StGB, dass er seine Feststellungen durch geeignete Unterlagen bestätigen kann. Die Planungsunterlagen, welche zu der Bestätigung des Sachverständigen führten, wurden diesem durch die Beklagten übergeben.
Auch dies harmoniert mit der Aussage des Zeugen …, dass zuvor eine KfW-70 Effizienz vereinbart wurde.
c) Auch die E-Mail vom 31.5.2011 stützt die Aussage des Zeugen ….. Aus der email ist erkennbar, dass die Beklagte zum damaligen Zeitpunkt davon ausging, dass die KfW-Förderfähigkeit nach den bisherigen Planungen gegeben sei.
…
6. Die mündlichen Vereinbarungen hinsichtlich der KFW-Effizienzklasse 70 sind trotz der Schrift-formklausel unter Ziffer 9 des Vertrags wirksam. Bei dem Vertrag Anlage K 1 handelt es sich bereits optisch erkennbar um von der Beklagten für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen. Die Schriftformklausel tritt demnach gemäß § 305 b BGB hinter der individuellen Vereinbarung zurück. Sie wäre auch nach § 307 BGB unwirksam (vgl. Palandt/Grüneberg § 307 Rz. 146).
III. Dass sich die Beklagte weigerte, die vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen, ergibt sich aus dem Schreiben vom 18.7.2011 (Anlage K 11). Ein Rücktrittsrecht besteht bereits bei der ernsthaften und endgültigen Weigerung, das Werk vertragsgerecht zu erstellen, da dann die Voraussetzungen Vorrausetzungen des Rücktritts eintreten werden, § 323 Abs. 4 BGB. Die Beklagte bestreitet hier bereits eine vertragliche Vereinbarung dahingehend, ein Haus nach KfW-70-Standard errichten zu müssen. Eine Fristsetzung war gemäß § 323 Abs. 2 Nr.1 BGB entbehrlich.
IV. Aufgrund des erklärten Rücktritts sind die hingegebenen Leistungen zurückzuerstatten, § 346 Abs. 1 BGB.
…“
Anmerkung:
Gerade bei dem Kauf von Fertighäusern sollte der Käufer stets darauf achten, ob der Text des vorgelegten Vertrages inhaltlich auch mit dem übereinstimmt, was mündlich zugesagt worden ist. Bei Unklarheiten sollte nachgefasst und der Vertrag gegebenenfalls kurzfristig noch handschriftlich ergänzt werden. Hätte die Käuferin hier bei Vertragsschluss nicht blind den Aussagen (der auf Provisionsbasis tätigen) Verkäufer vertraut und den vereinbarten Kfw 70-Standard schriftlich fixieren lassen, dann hätte sie sich viel Ärger und so manche schlaflose Nacht ersparen können. Dies gilt übrigens nicht nur für Verträge über den Kauf von Fertighäusern, sondern bei jeglicher Art von Verträgen. Gerade im Bereich der Kapitalanlage, aber auch bei der Vermittlung von Versicherungen, werden oft mündlich Zusagen getroffen, die später nicht, weil sie nicht beweisbar sind, eingehalten bzw. durchgesetzt werden können. Zur Verbesserung der Beweissituation sollte deshalb ein solcher Vertrag niemals allein abgeschlossen, sondern immer mindestens noch eine weitere Person, die im Streitfall als Zeuge zur Verfügung stehen kann, mitgenommen werden.