Abmahnkanzleien sind fantasiereich, wenn es darum geht, die mit der Abmahnung zu verdienenden Gebühren zu erhöhen. Werden auf Internetseiten Rechtsverletzungen begangen, beispielsweise Markenrechte verletzt, dann kommen findige Abmahnkanzleien gelegentlich auf die Idee, die Kosten der Rechtsverfolgung dadurch zu verdoppeln, dass sie nicht nur den (vermeintlichen) Rechtsverletzer abmahnen, sondern zusätzlich auch noch den Hosting Provider anschreiben (sog. Take Down Notice), um dann vom Abgemahnten auch die Kosten für dieses Schreiben zu verlangen.
Dass diese Praxis in bestimmten Fällen unzulässig ist, hat nunmehr das Landgericht München I (33 O 8007/14) in einem von unserer Kanzlei erstrittenen Urteil vom 30.07.2014 zu Gunsten des Abgemahnten entschieden und dabei zugleich auch den Streitwert, aus dem die Gebühren berechnet worden waren, von 100.000 € auf 50.000 € halbiert.
Aus den Urteilsgründen:
„Nicht erstattungsfähig sind jedoch die Kosten für das anwaltliche Schreiben an den Hostingprovider, weil es sich bei diesen nicht um notwendige Kosten der Rechtsverfolgung handelt. Zu Recht führt der Klägervertreter insoweit aus, dass gegen den Hostingprovider mangels eigener Überwachungspflichten keine Erstattungsansprüche gegeben sind. Allerdings ist auch zu berücksichtigen, dass der Hostingprovider – jedenfalls in Fällen der vorliegenden Art, bei denen die Rechtsverletzung für einen Dritten nicht offensichtlich ist – keine rechtliche Möglichkeit hat, Inhalte eigenmächtig zu entfernen, weil dies eine Vertragsverletzung des Hostingvertrages darstellen würde. Entsprechend hat der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung auch bestätigt, dass kein Provider eigenmächtig abschalte, sondern dieser das Schreiben vielmehr schnellstmöglich an den Inhaber der Webseite weiterleiten würde, was sich in der Praxis als ausgesprochen effizienter Weg erwiesen hätte. Im hier zu entscheidenden Fall bestand jedoch keine Notwendigkeit, den Beklagten über seinen Hostingprovider zur Beseitigung der Rechtsverletzung aufzufordern, denn der Beklagte war der Klägerin als deren ehemaliger Angestellter bekannt und für diese auch problemlos erreichbar. Der gegenteiligen Auffassung des OLG Hamm im Urteil vom 28.01.2010, Az.: 4 U 157/09 (abrufbar unter BeckRS 2010, 03571) zur Erstattungsfähigkeit der Kosten einer sog. Take Down Notice schließt sich das Gericht jedenfalls für die vorliegende Konstellation nicht an. Die Entscheidung des LG Düsseldorf in GRUR-RR 2014, 134 schließlich betrifft die Erstattungsfähigkeit von Rechtsanwaltskosten für die Verteidigung gegen eine unberechtigte Schutzrechtsverwarnung; zur Erstattungsfähigkeit der Kosten eine Take Down Notice gegenüber dem Hostingprovider verhält sich die genannte Entscheidung nicht.“
Fazit:
Die Entscheidung zeigt, dass es sich (manchmal) auch in Fällen zu kämpfen lohnt, die auf den ersten Blick aussichtslos aussehen. Durch die von uns erreichte Halbierung des Streitwerts, aus dem die Gebühren berechnet worden waren sowie der vollständigen Zurückweisung der Kosten für die Take Down Notice, hat der in der Sache zu Recht Abgemahnte den Rechtsstreit dann doch noch zu 3/5 gewonnen. Mit dieser Quote muss nämlich der Abmahner nun die Verfahrenskosten tragen.