Für die Frage der Anwendbarkeit des § 103 InsO als dem Wahlrecht des Insolvenzverwalters bei gegenseitigen und beiderseitig nicht (vollständig) erfüllten Verträgen zwischen Erfüllungsverlangen einerseits und Ablehnung der Erfüllung andererseits ist stets auf die Ausgestaltung des jeweiligen Vertrages im Einzelfall abzustellen.
Für das Vorliegen eines beiderseits nicht erfüllten Lizenzvertrags bei Insolvenz des Leasinggebers und damit zur Frage der Anwendbarkeit des § 103 InsO hat das Landgericht München I mit Urteil vom 21.08.2014 (7 O 11811/12) nunmehr folgende Eckpunkte manifestiert:
1. Auf die Frage, ob im Zuge der Erfüllung der schuldrechtlichen causa eine dingliche Verfügung über das Nutzungsrecht vollzogen wurde, kommt es nicht entscheidend an.
2. Vielmehr ist darauf abzustellen,
- ob der schuldrechtliche Vertrag, der eine Verpflichtung zur Lizenzeinräumung beinhaltet, derart ausgestaltet ist, dass er bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits vollständig erfüllt ist, so dass eine – der Zäsurwirkung der Insolvenzeröffnung unterfallenden und folglich nicht mehr durchsetzbare – offene Forderung des Gläubigers nicht besteht und die Zuordnung des Benutzungsrechts zum Vermögen des Gläubigers bereits eingetreten ist, oder
- ob der Vertrag derart ausgestaltet ist, dass die schuldrechtliche Verpflichtung noch nicht vollständig erfüllt, eine Forderung daher noch offen ist.
3. Für die Frage der Erfüllung ist dabei primär relevant,
- ob der konkrete Lizenzvertrag als Dauerschuldverhältnis ausgestaltet ist oder
- die einmalige endgültige Einräumung von Nutzungsrechten zum Gegenstand hat.
Kommt es dem Lizenznehmer gerade darauf an, die Vorzugsstellung, welche der Schutzrechtsinhaber aufgrund der Anmeldung und/oder Eintragung des Schutzrechts inne hat, auszunutzen und unter dem Schutzschirm, welchen die Anmeldung bzw. Eintragung des Schutzrechts bereitstellen, zu agieren, ist von einem Dauerschuldverhältnis auszugehen, mit der Folge, dass die Voraussetzungen des § 103 InsO regelmäßig gegeben sein dürften („Schutzschirmlizenzvertrag“).
Dem steht eine Ausgestaltung des Lizenzvertrags gegenüber, bei welchem es dem Lizenznehmer gerade nicht darauf ankommt, zur Gruppe der exklusiven Schutzrechtsnutzer bzw. Lizenznehmer dazuzugehören. Für den Lizenznehmer ist es irrelevant, ob er unter dem Schutzschirm des Schutzrechts agiert, vielmehr geht es ihm um seine Handlungsfreiheit, der „freedomtooperate“ („freedomtooperate“-Lizenzvertrag).
Stellt sich der Lizenzvertrag so dar und wurden die gegenseitigen Hauptleistungspflichten wie Bezahlung und/oder Nutzungsrechtseinräumung bereits ausgetauscht, sind die Voraussetzungen des § 103 InsO meist ausgeschlossen, der Lizenzvertrag, der Lizenzvertrag mithin insolvenzfest und nicht dem Wahlrecht des Insolvenzverwalters ausgesetzt.