Für den Moment kann Volkswagen aufatmen, denn mit dem Landgericht Bochum hat am 16.03.2016 (I-2 O 425/15) ein erstes Gericht in Deutschland zulasten eines Käufers geurteilt, der seinen VW Händler auf Rücknahme des zuvor gekauften Dieselfahrzeugs verklagt hatte und die Klage des enttäuschten Kunden abgewiesen.
Der Kläger sah einen Mangel darin, dass das von ihm gekaufte Fahrzeug, ein Tiguan, deutlich mehr an Schadstoffen ausstieß, als dies vom Hersteller angegeben war. Da eine unmittelbare Beziehung zwischen Käufer und Hersteller nicht besteht, sondern lediglich zwischen Käufer und Händler, hatte er den Rücktritt vom Vertrag erklärt und wollte nun im Klageweg eine Rückabwicklung des Kaufvertrags mit dem Händler erreichen.
Nach Auffassung des Gerichts ist der Mangel aber nicht so gravierend, dass er zum Vertragsrücktritt berechtigen würde. Dies deshalb, weil nach Angaben der Volkswagen AG das Problem mit einem Software Update innerhalb von rund 30 Minuten behoben werden könnte. Die Kosten dafür hatte Volkswagen mit lediglich 100 € angegeben.
Das Gericht sah zwar in den manipulierten Abgaswerten einen Mangel. Dieser sei aber nicht erheblich, weil er im Wege der Nachbesserung beseitigt werden könne. Nach Auffassung des Gerichts liege ein solch erheblicher Mangel nur dann vor, wenn die Kosten der Nachbesserung mehr als ein Prozent des Kaufpreises, der hier mit rund 38.000 € angegeben war, betragen würden.
Anmerkung:
Ob das Urteil rechtlich zutreffend ist und Bestand haben wird, bleibt abzuwarten. Wirtschaftlich verschafft es Volkswagen auf jeden Fall für den Augenblick Luft, denn wäre der Kläger hier erfolgreich gewesen, dann wäre auf deutsche Volkswagen-Händler sicherlich eine Flut von Rücknahmebegehren zugekommen.
Aus rechtlicher Sicht ist das Urteil nur dann richtig, wenn das Software Update tatsächlich den Mangel behebt und dadurch nicht neue Mängel verursacht werden. Augenblicklich steht nämlich gar nicht fest, ob durch ein solches Update sich nicht der Kraftstoffverbrauch oder die Motorleistung zum Nachteil des Kunden verändern. Wäre letzteres der Fall, dann müsste ein Gericht zusätzlich darüber entscheiden, ob dem Kunden eine solche Abweichung der Ist- von der Sollbeschaffenheit vom Kunden ebenfalls als nicht erheblich hingenommen werden kann.
Der Argumentation des Klägers, dass sein Fahrzeug aufgrund der derzeitigen Unsicherheit am Markt nicht oder nur mit erheblichen Abschlägen verkauft werden kann, ist das Gericht nicht gefolgt.
Urteile wirken grundsätzlich nur inter partes, also nur zwischen den am Rechtsstreit beteiligten Parteien, so dass die Entscheidung lediglich ein Indiz ist, aber keine allgemein verbindliche Wirkung hat. Aufgrund der erheblichen wirtschaftlichen Tragweite für Volkswagen erscheint es aus unserer Sicht aber eher unwahrscheinlich, dass ein Untergericht zum jetzigen Zeitpunkt der Klage eines Verbrauchers stattgeben wird. Gleichwohl bleibt die Frage offen, dass das Fahrzeug auch nach dem update mehr Schadstoffe ausstößt, als dies von Volkswagen angegeben war. Das Update beseitigt doch, jedenfalls nach jetzigen Informationen, lediglich den Manipulationsvorwurf, weil die bisherige Software ja gerade auf dem Prüfstand den Schadstoffausstoß gegenüber dem Fahrbetrieb manipuliert und damit die Ergebnisse der Prüfung verfälscht hat. Die Frage der sich an sich ein Gericht deshalb bei richtiger Betrachtung stellen müsste ist, ob der Umstand, dass ein Fahrzeug dauerhaft, jedenfalls bei gleicher Fahrleistung, mehr Schadstoffe ausstößt, als angegeben, einen Mangel darstellt, der zu Rückabwicklung des Kaufvertrags berechtigt oder aber ein Käufer eine solche Täuschung hinnehmen muss.
Der hiesige Kläger hat sein Klagebegehren auch auf das gesetzliche Gewährleistungsrecht gestützt. Ein anderer Ansatzpunkt könnte sein, bereits beim Vertragsschluss anzusetzen, nämlich dass der Käufer durch Täuschung zum Abschluss des Kaufvertrags bestimmt worden ist. In einem solchen Fall müsste dann ein klagender Käufer darlegen und beweisen, dass für ihn der vom Hersteller angegebene Schadstoffausstoß maßgebliches Kriterium war, um den Kaufvertrag abzuschließen und dass er bei Kenntnis der richtigen Schadstoffwerte das Fahrzeug nicht erworben hatte. So die Theorie. In der Praxis dürfte aber auch dies kaum durchsetzbar sein.