Wer heute noch ruhig zur Miete wohnt, der kann sich nicht darauf verlassen, dass dies auch in alle Ewigkeit so bleibt, denn die Umgebung kann sich ändern. Eine Großbaustelle in der Nachbarschaft oder die Eröffnung eines Hotelbetriebs kann die Wohnqualität erheblich mindern. Ob allerdings dann, wenn die Lärmbelästigung von einem Nachbargrundstück ausgeht, dem Mieter ein Minderungsanspruch gegen den Vermieter zusteht, wird von der Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet.
Das Landgericht Berlin hat nun in zwei Urteilen vom 16.06.2016 (67 S 76/16) und 11.08.2016 (67 S 162/16) mieterfreundlich entschieden und einen solchen Minderungsanspruch bejaht.
Mietminderung bei Großbaustelle auf Nachbargrundstück auch ohne eigenen Entschädigungsanspruch des Vermieters gegen den Störer?
Im erstgenannten Fall haben die Richter entschieden, dass einem Mieter bei erheblichem Baulärm von einer Großbaustelle ein Anspruch auf Mietminderung zusteht. Der Mieter könne sich auch dann auf einen solchen Mietmangel berufen kann, wenn die Lärmbelästigung von einem Nachbargrundstück ausgeht und dies selbst dann, wenn wiederum der Vermieter keine Ansprüche gegen den Verursacher hat.
Mietminderung bei Hotelbetrieb im Hinterhof
Im zweiten Fall ging es um die Lärmbelästigung durch ein Hotel im Hinterhof. Die vor Gericht erfolgreiche Mieterin wohnte seit 1984 in einer ruhigen Wohnung in einem Hinterhof. 2014 hat der Vermieter dann den zweiten Hinterhof an einen Hotelier vermietet, der dann darin ein Hotel mit über 60 Zimmern, Apartments und Ferienwohnungen betrieben hat.
Die Mieterin wollte dies nicht klaglos hinnehmen und minderte die Miete in Höhe von 20 %. Zur Begründung berief sich darauf, dass von den Übernachtungsgästen eine erhebliche Lärmbelästigung ausgehe. Auch an Werktagen brächten die Belieferung und Beherbergung von etwa 60 bis 70 Gästen viel Lärm mit sich. Die Gäste beträten und verließen das Hotel teilweise im Minutentakt. Dabei nutzten sie einen mit Steinpflaster gepflasterten Weg, der sich unterhalb ihrer Wohnung befinde. Sie sei auch nachts einer erheblichen Lärmbelästigung ausgesetzt.
Nachdem der Vermieter davon nichts wissen wollte und die Lärmbelästigung pauschal bestritt, landete der Rechtsstreit schließlich vor Gericht und wurde zugunsten der Mieterin entschieden. Nach Auffassung der Richter hatte nämlich die Mieterin hinreichend dargelegt, dass sie in ihrer Wohnung aufgrund des Hotelbetriebs einer erheblichen Lärmbelästigung ausgesetzt war. Hierzu führten die Richter aus, dass bei einem Betreiben eines Hotels in Metropolen wie Berlin üblich ist, dass die Gäste ihre Unterkunft mehrmals täglich verlassen und erst mitten in der Nacht nach Hause kommen.
Dadurch komme es automatisch zu einer hohen Lärmbelästigung, ohne dass die Mieterin dies nachweisen müsse. Hierin liegt ein Mietmangel i.S.v. § 536 BGB Abs. 1 BGB, denn die Wohnung entsprach infolge dieses Lärms nicht den üblichen Mindeststandards.
Das Gericht stellte auch klar, dass die Geltendmachung eines Minderungsanspruches nicht nach § 536b BGB ausgeschlossen war. Ein Ausschluss setzt voraus, dass der Mieterin zumindest eine grobfahrlässige Unkenntnis des Mietmangels vorzuwerfen wäre. Davon kann hier nach den Feststellungen des Gerichts keine Rede sein. Die Mieterin brauchte zumindest beim Abschluss des Mietvertrages nicht mit einer derartigen Nutzung des unmittelbaren Wohnumfeldes rechnen. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil der Betrieb eines Hotels im Bereich des Hinterhofs einer Wohnanlage, selbst in Berlin, als eine atypische Nutzung anzusehen ist.
Tipp:
Um erfolgreich Ansprüche wegen Lärm geltend machen zu können, empfiehlt es sich dennoch stets ein sog. Lärmtagebuch zu führen, also genau festzuhalten, zu welcher Uhrzeit welche Lärmbelästigungen mit welcher Intensität aufgetreten sind. Dabei sollten nicht nur Tageszeiten und Zeitdauer, sondern auch die Frequenz der Störung protokolliert werden. Zum Beweis ist ein solches Protokoll nur dann geeignet, wenn für die Störungen auch Dritte als Zeugen zur Verfügung stehen.