Nachdem bereits turnusmäßig der Mindestlohn zum 1. Juli von derzeit 9,82 € auf 10,45 € steigt, hat der Bundestag heute beschlossen, dass staatlich verordnet zum 1. Oktober eine weitere Steigerung des Mindestlohns auf dann 12 € stattfinden soll. Arbeitsminister Heil feiert dies als Erfolg der SPD unter Kanzler Scholz und rechnet medienwirksam vor, dass Mindestlohnempfänger, die augenblicklich in Vollzeit 1.700 € brutto verdienen würden, künftig 2.200 € brutto kämen. Dies sei, so Heil, nach einem Bericht der Welt, eine Lohnsteigerung von satten 22 %.
Losgelöst davon, dass es sich bei einem staatlich verordneten Mindestlohn um einen rechtlich bedenklichen Eingriff in die in Art. 9 GG verankerte Tarifautonomie handelt, und bereits jetzt am linken Rand erste Stimmen laut werden, die auch eine staatlich verordnete Lohnobergrenze fordern, ist die Rechnung des Ministers bereits deshalb eine Mogelpackung, weil rechnerisch bei einem Stundenlohn von 12 € ein Arbeitnehmer 183,33 Stunden im Monat arbeiten müsste, um auf 2.200 € brutto zu kommen, während ein durchschnittlicher Arbeitnehmer bei einer 40 Stundenwoche lediglich auf 174 Arbeitsstunden arbeitet. Dies entspräche dann einem Bruttomonatsverdienst von lediglich 2.088 €. …
Bei richtiger Betrachtung ist die Debatte darüber, welcher Geldbetrag 1 Stunde Arbeit mindestens gegenüberstehen muss, aber nichts anderes als politisches Kalkül, dass weniger den Menschen im unteren Lohnsektor nutzt, sondern am Ende dazu führt, dass die Sozialeinnahmen und Steuereinnahmen zunehmen werden, während nicht nur der Mindestlohnempfänger, sondern der Querschnitt der Bevölkerung durch weitere Preissteigerungen die Zeche dafür bezahlen wird. Das eigentliche Problem ist nämlich nicht der Lohn an sich, sondern der durch steigende Preise bedingte Kaufkraftschwund. vielleicht können Sie sich, jedenfalls dann, wenn schon älter sind, noch daran erinnern, was früher eine Kugel Eis gekostet hat und was sie heute kostet: die Erinnerung des Verfassers reicht in Kindertagenbis zur 0,10 DM zurück, während heute in deutschen Großstädten gerade die 2 € Grenze getestet wird.
Welche Folgen sind durch die Erhöhung des Mindestlohns zu erwarten?
Folge 1 aus dem steigenden Mindestlohn ist, dass Arbeitnehmer, die über dem Mindestlohn verdienen, und die nun näher an das untere Lohnsegment heranrutschen, erwarten in ähnlicher Weise einen Ausgleich zu erhalten, um nicht sukzessive in den Mindestlohnbereich abzurutschen. Die Gewerkschaften, die durch den staatlichen Eingriff in Art. 9 GG um ihre Existenzberechtigung fürchten müssen, geraten hierdurch in Zugzwang, so dass Lohnerhöhungen auf breiter Front gefordert werden.
Arbeitgeber werden darauf auf zweierlei Art reagieren, nämlich einmal, soweit es ihr Produkt oder ihre Dienstleistung hergibt, werden sie die Kostensteigerung nicht aus dem eigenen Unternehmergewinn bezahlen, sondern versuchen dies durch Preiserhöhungen auf die Konsumenten, also den Querschnitt der Bevölkerung, weiterzugeben. Gleichzeitig werden sich kostenbewusste Arbeitgeber die Frage stellen, ob die ein oder andere Stelle, die jetzt noch besetzt ist, auf Dauer auch tatsächlich benötigt wird. Dies insbesondere dann, wenn kein Raum dafür besteht, die staatlich verordneten Mehrkosten weiterzureichen. Die Folge ist Stellenabbau.
Denken wir beispielsweise an das bereits durch die Coronakrise arg gebeutelte Friseurhandwerk, in dem zahlreiche Mindestlohnempfänger beschäftigt sind. Lohnt sich für die Betreiberin oder den Betreiber eines Salons es wirklich noch eine Friseurin oder einen Friseur im Anstellungsverhältnis zu beschäftigen, wenn es der Markt, in dem sich das Geschäft befindet, nicht hergibt, die Preise entsprechend anzupassen. Dies erst recht, wenn das Ganze im Ergebnis dazu führt, dass nun die Meisterin oder der Meister, wenn alle Tätigkeiten, die den Geschäftsinhaber neben der eigentlichen Arbeit im Kunden treffen, gerechnet werden, auf einen geringeren Stundenlohn kommen, als ihre Angestellten? Gerade in dieser Branche gibt es bereits heute schon Läden, bei denen nur noch der Chef oder die Chefin selbst arbeiten, weil spätestens seit Corona Ihnen bewusst geworden ist, dass ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin ein existenzbedrohendes Risiko darstellen können und sie lieber die übrigen Stühle leer lassen, als sich mit dem Risiko von Angestellten zu belasten.
Folge 2 ist, dass durch die zu erwartenden Preissteigerungen die Inflation weiter befeuert werden wird. Der nun politisch gefeierte Lohnzuwachs für die Mindestlohnempfänger ist dadurch sehr schnell verpufft. Am Ende reibt sich Finanzminister Lindner die Hände, weil steigende Löhne – ebenso steigende Preise – zu steigenden Steuereinnahmen führen. Auch Arbeitsminister Heil reibt sich die Hände, weil durch steigende Löhne auch mehr Geld in die Sozialkassen eingezahlt wird.
Verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Jedem sei ein auskömmliches Einkommen gegönnt. Dass es nicht maßgeblich darauf ankommt, ob am Monatsende 1.500 €, 2.200 € oder 5.000 € auf dem Lohnzettel stehen, sondern welche Kaufkraft damit verbunden ist, wird auf der Ebene der sich selbst feiernden Politik aber gerne ausgeblende, denn was nutzt ein Mindestlohn von 12 €, wenn gleichzeitig die Kaufkraft des Euro rapide abnimmt. Die alte Generation hat noch Erinnerungen daran hat, dass es Zeiten gab, in denen jeder in Deutschland mehrfacher Millionär war, aber auch ein normaler Einkauf in die Hunderttausende ging. Erzählt wird dabei meist, dass dies keine gute Zeit gewesen sei.
Nachdem ein Staat und die damit verbundene Volkswirtschaft, letztendlich ähnlich wie ein Unternehmen funktioniert, sodass bei steigenden Ausgaben auch versucht werden muss steigende Einnahmen zu generieren, will man nicht in ernsthafte wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, bleibt offen, ob es sich dabei um einen politischen Taschenspielertrick handelt, um gleich ein Perpetuum Mobile die Staatseinnahmen künstlich zu erhöhen, ohne dass damit eine erhöhte wirtschaftliche Wertschöpfung verbunden wäre oder es einfach dem Umstand geschuldet ist, dass zwischenzeitlich die politische Ebene sich soweit verselbstständigt hat, dass politische Ämter zuhauf von Akteuren besetzt werden, die ihr Amt nicht aufgrund ihrer Qualifikation, sondern ausschließlich aufgrund ihrer Parteizugehörigkeitund ihre großen Klappe erlangt, die selbst noch nie außerhalb des politischen Machtapparats ernsthaft am normalen Erwerbsleben teilgenommen haben. Es bleibt spannend in Deutschland, dem neuen Land der unbegrenzten Möglichkeiten, in dem, jedenfalls in der politischen Kaste jeder alles werden kann. Einer, der vom Kühe und Schweine melken kommt, Wirtschaftsminister, eine Schmalspurvölkerrechtlerin und Berufspraktikantin Außenministerin und das Verteidigungsministerium wird auch schon seit längerem so besetzt, dass jeder, der irgendwann 15 Monate seines Lebens oder länger Deutschland „gedient“ hato der gar jetzt noch Dienst macht, sich fragt, ob dies ernst gemeint oder Comedy ist.
Anmerkung:
Es handelt sich hierbei um die persönliche Meinung des Verfassers, nicht der Kanzlei.