Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht sind grundsätzlich kostenfrei und können von jedermann eingelegt werden. Das Bundesverfassungsgericht ist aber keine „Superrevisionsinstanz“, das Urteile der Untergerichte korrigiert, sondern es überprüft lediglich, ob Gerichte bei der Urteilsfindung das Verfassungsrecht, insbesondere Grundrechte hinreichend beachtet haben. Diese Weisheit lernt jeder Jurastudent bereits im ersten Semester. Trotzdem wird die Mehrzahl der Verfassungsbeschwerden vom Bundesverfassungsgericht schon nicht zur Entscheidung angenommen, gelangt also über das Vorprüfungsverfahren nicht hinaus. Wird das Bundesverfassungsgericht mit einer Eingabe zu sehr „genervt“, weil es die Verfassungsbeschwerde für rechtsmissbräuchlich erachtet, gibt ihm § 34 Abs. 2 BVerfGG die Möglichkeit dem Beschwerdeführer eine Missbrauchsgebühr bis zu 2600 EUR aufzugeben.
Grund dafür ist, dass , es nicht durch eine „sinnentleerte Inanspruchnahme seiner Arbeitskapazität“ behindert werden dürfe. Dazu die beiden nachfolgenden Fälle, bei denen das BVerfG die Verfassungsbeschwerden nicht nur nicht zur Entscheidung angenommen, sondern Missbrauchsgebühren von 500 € und 300 € verhängt hat.
Im ersten Fall (BVerfG, Beschl. v. 08.12.2009 – 1 BvR 829/09) wurde eine Kostenentscheidung eines Amtsgerichts angefochten, obwohl von der Gegenseite bereits eine Berufung eingelegt worden war. Eine Änderung bzw. nachträgliche Rechtfertigung der – wohl objektiv willkürlichen – Kostenentscheidung hätte im Berufungsverfahren des Gegners oder durch die Einlegung einer Anschlussberufung der Beschwerdeführerin erreicht werden können. Der Prozessbevollmächtigte der Beschwerdeführerin hatte dem BVerfG die dafür maßgeblichen Tatsachen nicht mitgeteilt. Von einem Rechtsanwalt, der das Mandat zur Führung eines Prozesses vor dem BVerfG annimmt, ist aber zu verlangen, dass sein Sachvortrag vollständig ist und er die Erfolgsaussichten einer beabsichtigten Verfassungsbeschwerde eingehend abwägt, so das Bundesverfassungsgericht.
In einem weiteren Fall (BVerfG, Beschl. v. 27.10.2009 – 2 BvR 2300/09) hat das BVerfG die Verfassungsbeschwerde eines Wohnungseigentümer, der sich auf Art. 3 und Art. 14 GG beruft, weil er zu rückständigen Wohngeldern verurteilt wurde, war nicht angenommen und stattdessen eine Missbrauchsgebühr in Höhe von 300 EUR verhängt. Die mit der Verfassungsbeschwerde vorgebrachten Rügen waren nach Auffassung des Gerichts ohne verfassungsrechtliche Substanz und die Anrufung des BVerfG war deshalb daher offensichtlich aussichtslos.
Fazit: Auch eine kostenlose Verfassungsbeschwerde kann teuer werden, wenn die für die Erhebung erforderlichen Mindestvoraussetzungen nicht sauber dargelegt und vorgetragen werden. Vor diesem Hintergrund sollte stets ein im Verfassungsrecht versierter Rechtsanwalt zur Formulierung hinzugezogen werden. Dies erhöht nicht nur die Erfolgsaussichten, sondern kann auch helfen unnötige Kosten zu sparen.
Das offizielle Merkblatt des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsbeschwerde finden Sie hier.
(Anm: Rechtsanwalt Graf war über 10 Jahre Dozent für u.a. Deutsches und Bayerisches Verfassungsrecht in der Juristenausbildung)