Die Anforderungen im modernen Berufsleben werden immer härter. Durch moderne Technik wird einerseits die Arbeit erleichtert, andererseits steigt aber auch der Leistungsdruck, insbesondere durch ständige Erreichbarkeit. In manchen Betrieben herrscht dazu ein recht rüder Umgangston, der nichts für schwache Gemüter ist. In der Boulevardpresse ist immer wieder davon zu lesen, dass Mobbingopfer sich erfolgreich vor Gericht zur Wehr setzen. Hierdurch wird aber in der Öffentlichkeit ein falsches Bild erzeugt, denn Schadenersatzklagen, die auf Mobbing gestützt werden, sind nur in ganz seltenen Fällen erfolgreich. Von der Tendenz lässt sich sagen, dass Opfer in höheren Berufen vor Gericht bei Mobbingverfahren bessere Chancen haben, als diejenigen Arbeitnehmer, die einfache Tätigkeiten ausführen.
Mobbing oder Mobben steht im engeren Sinn für „Psychoterror am Arbeitsplatz mit dem Ziel, Betroffene aus dem Betrieb hinauszuekeln.“ Im weiteren Sinn bedeutet Mobbing, andere Menschen ständig bzw. wiederholt und regelmäßig zu schikanieren, zu quälen und seelisch zu verletzen. Typische Mobbinghandlungen sind die Verbreitung falscher Tatsachen, die Zuweisung sinnloser Arbeitsaufgaben, Gewaltandrohung, soziale Isolation oder ständige Kritik an der Arbeit.
Wir wollen nachfolgend von den Fall einer Diplom-Ökonomin berichten, die sich auch gemobbt gefühlt hat, nun aber letztinstanzlich mit ihrer Klage, in der sie eine Rekordschmerzensgeld in Höhe von 893.000 Euro gefordert hat vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf (Urteil vom 26.03.2013 – 17 Sa 602/12) gescheitert ist.
Die Klägerin, eine bei der beklagten Stadt beschäftigte Diplom-Ökonomin, vertrat die Ansicht, sie sei seit 2008 Schikanen ausgesetzt, die als Mobbing zu werten seien. Sie begehrte ein Schmerzensgeld in Höhe von 893.000 Euro. Das Arbeitsgericht Solingen wies die Klage ab. Dagegen legte die Klägerin Berufung ein.
Das LAG hat die Berufung zurückgewiesen und die Vorinstanz bestätigt. Mobbing sei das systematische Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren durch Kollegen oder Vorgesetzte. Die Besonderheit liege darin, dass nicht einzelne, sondern die Zusammenfassung mehrerer Einzelakte in einem Prozess zu einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts oder der Gesundheit des Arbeitnehmers führt. Hierfür sei dieser darlegungs- und beweispflichtig. Zu berücksichtigen sei, dass auch länger dauernde Konfliktsituationen im Arbeitsleben vorkommen und der Arbeitgeber sein Direktionsrecht ausüben darf, solange sich nicht eindeutig eine schikanöse Tendenz erkennen lässt. Zu beachten sei ferner, dass Verhaltensweisen von Vorgesetzten nur Reaktionen auf Provokationen des vermeintlich gemobbten Arbeitnehmers darstellen können. Zudem stelle nicht jede berechtigte oder überzogene Kritik durch den Arbeitgeber eine Persönlichkeitsverletzung dar.
Nach diesen Maßstäben konnte das LAG kein als Mobbing zu wertendes Gesamtverhalten feststellen. Die Kündigung wegen angeblichen Arbeitszeitbetrugs sei kein Mosaikstein eines Mobbingverhaltens gewesen. Anlass der Kündigung seien Differenzen zwischen den Arbeitszeitaufzeichnungen der Klägerin und den beobachteten Anwesenheitszeiten gewesen. Das Arbeitsgericht habe die Kündigung erst nach Beweisaufnahme für unwirksam erachtet. Laut LAG war es auch nachvollziehbar und vertretbar, die Klägerin nach dem Kündigungsschutzprozess vorübergehend räumlich getrennt im Klinikum für einen Prüfauftrag einzusetzen. Die Arbeitgeberin habe ferner Schulungswünsche der Klägerin, die das Fortbildungsbudget erheblich überschritten, ablehnen dürfen. Die Führung eines Abwesenheitsbuches habe alle Mitarbeiter des Revisionsdienstes betroffen und sei mit Zustimmung des Personalrats erfolgt. Weiter habe der Vorgesetzte angesichts der Konfliktsituation ein Vier-Augen-Gespräch ablehnen und auf der Teilnahme einer dritten Personen bestehen dürfen. Zudem berücksichtigte das LAG, dass die Klägerin eine Mediation von dem Eingeständnis des angeblichen Mobbing durch die Vorgesetzten abhängig gemacht hatte.
Anmerkung:
Das Urteil ist beispielhaft für eine Vielzahl von ähnlichen Entscheidungen, bei denen Ansprüche von Arbeitnehmern, die Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen Mobbings geltend machen wollten, gescheitert sind. Deshalb sollte stets genau geprüft werden, ob der Nutzen auch im Verhältnis zum damit verbundenen Risiko steht. Im vorliegenden Beispiel treffen die unterlegene Arbeitnehmerin nun auch noch über 70.000 € an Prozesskosten. Aufgrund der unrealistisch hohen Schmerzensgeldforderung ist davon auszugehen, dass eine Rechtsschutzversicherung, jedenfalls in dieser Größenordnung, keine Deckung gewährt hat, so dass die Klägerin mit erheblichen Kosten belastet sein wird. Auch die emotionale, psychische Belastung derartiger Verfahren sollte nicht unterschätzt werden.