Erhält ein Arbeitnehmer für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung nach den §§ 9, 10 KSchG, dann handelt es sich dabei um Arbeitseinkommen, das nach dem individuellen Steuersatz des Arbeitnehmers zu versteuern ist. Erfolgt also die Beendigung des Arbeitsverhältnisses in zeitlichem Zusammenhang mit dem Jahreswechsel, dann kann durch die Wahl des richtigen Auszahlungszeitpunkt bares Geld gespart werden. Wer nämlich bereits im laufenden Jahr ordentlich verdient hat, würde, wenn dann noch eine Abfindung gezahlt wird, sein zu versteuerndes Einkommen unnötig in die Höhe treiben. Dies jedenfalls dann, wenn er damit rechnet im Folgejahr nicht sofort wieder eine neue Stelle zu bekommen, also Arbeitslosengeld zu beziehen, oder aber zu schlechteren Konditionen arbeiten zu müssen, so dass sich im Folgejahr das zu versteuernde Einkommen reduziert. Deshalb ist wichtig, dass gleichgültig, ob das Arbeitsverhältnis durch Abschluss eines Aufhebungsvertrags endet oder aber im arbeitsgerichtlichen Verfahren ein Vergleich zu Beendigung des Arbeitsverhältnisses geschlossen wird, eine klare Regelung dazu getroffen wird, wann der Arbeitgeber die Abfindung zu bezahlen hat. Fehlt diese, dann macht sich der Arbeitgeber durch eine Zahlung vor Fälligkeit nicht für einen entstandenen Steuerschaden schadenersatzpflichtig. Dies hat das BAG in seinem Urteil vom 23.06.2016 (8 AZR 757/14) entschieden.
Arbeitgeber bezahlt vergleichsweise vereinbarte Abfindung vor Fälligkeit, nämlich bereits im Dezember anstatt im Januar des Folgejahres
Die Parteien haben zu Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor dem Arbeitsgericht einen Vergleich mit dem Inhalt geschlossen, dass das Arbeitsverhältnis spätestens zum 31.12.2011 endet. Spätestens deshalb, weil dem Arbeitnehmer das Recht eingeräumt war aufgrund einer sog. Turboklausel durch einseitige Erklärung das Arbeitsverhältnis mit einer kurzen Ankündigungsfrist von 2 Wochen frühzeitig zu beenden. In diesem Fall hätte sich dann der vereinbarte Abfindungsbetrag um die nicht verbrauchten Monatsbruttogehälter erhöht. Die Parteien hatten weiter vereinbart, dass die zu zahlende Abfindung sofort entstanden und vererblich ist und die gesamte Abfindung mit dem regulären Gehaltslauf des auf den Beendigungsmonat folgenden Kalendermonats ausbezahlt werden sollte.
Der klagende Arbeitnehmer machte von der Turboklausel keinen Gebrauch, so dass das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2011 sein Ende gefunden hat. Gleichwohl zahlte der Arbeitgeber die Abfindung nicht erst Ende Januar 2012, sondern bereits im Dezember 2011 aus. Im Vergleich zu einer Auszahlung im Januar 2012 entstand hierdurch dem klagenden Arbeitnehmer ein Steuerschaden in Höhe von rund 5.000 €, die er nunmehr von seinem Arbeitgeber ersetzt haben wollte.
Nach dem Wortlaut der Vereinbarung war der Arbeitgeber berechtigt die Abfindung auch früher zu bezahlen
Vor Gericht hatte der Arbeitnehmer in allen 3 Instanzen, also auch zuletzt vor dem BAG, keinen Erfolg. Dies deshalb, weil der Arbeitgeber mit der Auszahlung der Abfindung bereits im Dezember 2011 keine Pflichtverletzung im Sinne von § 280 BGB begangen hat. Nach der gesetzlichen Grundregel ist es nämlich jedem Schuldner gestattet, eine Leistung auch vor deren Fälligkeit zu bewirken, § 271 Abs. 2 BGB. Dies hat der Arbeitgeber gemacht.
Die getroffene Regelung, so die Richter, war nämlich nicht so formuliert, dass eine vorzeitige Zahlung ausgeschlossen sein sollte. Der maßgebliche Vergleichstext enthielt nämlich keine Formulierungen wie „erst“, „frühestens“ oder „spätestens“. Möchte Arbeitnehmer erreichen, dass die Zahlung nicht vor einem bestimmten Zeitpunkt erfolgt, dann muss er darauf achten, dass dies auch entsprechend geregelt wird.
Ausblick
Wird vor dem Arbeitsgericht ein Vergleich abgeschlossen, dann werden dafür seitens des Gerichts regelmäßig bereits vorformulierte Textbausteine verwendet. Dies wurde hier dem Kläger zum Verhängnis, weil der arbeitsgerichtliche Textbaustein ohne Modifikation in den Vergleich eingeflossen ist, ohne die Auswirkungen zu bedenken.
Da davon auszugehen ist, dass der Arbeitnehmer den Rechtsstreit nicht alleine geführt hat, sondern anwaltlich vertreten war, ist letztlich der am Vergleichsschluss beteiligte Klägervertreter dafür verantwortlich, dass beim Kläger der Schaden eingetreten ist. Gerichte haften grundsätzlich nicht, Anwälte aber schon. Der Anwalt hätte deshalb darauf achten müssen, dass die Formulierung auf die Bedürfnisse des Klägers angepasst wird, also so formuliert wird, dass eine Zahlung vor dem 01.01. des Folgejahres ausgeschlossen wird.
Es ist nicht bekannt, ob der Kläger nun versucht sich bei seinem vormaligen Rechtsvertreter schadlos zu halten. Der Schaden hat sich nämlich für den Kläger, jedenfalls dann, wenn er keine Rechtsschutzversicherung hatte, potenziert. Neben dem Steuerschaden von 5.000 € bilden die Rechtsverfolgungskosten für 3 Instanzen eine weitere Schadensposition, so dass von der bezahlten Abfindung nicht mehr viel übrig bleiben dürfte.