Im Onlinehandel wird oft Vorkasse verlangt. Deshalb ist es für den Käufer meist angenehm und komfortabel, wenn der Kaufpreis über PayPal bezahlt werden kann. Dieser Online-Zahlungsdienst bietet nämlich an Bezahlvorgänge bei Internetgeschäften Käuferschutz dergestalt abzuwickeln, dass private und gewerblich tätige Personen Zahlungen über virtuelle Konten mittels E-Geld leisten können. Dabei stellt PayPal seinen Kunden unter bestimmten Voraussetzungen ein in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (der sog. PayPal-Käuferschutzrichtlinie) geregeltes Verfahren für Fälle zur Verfügung, in denen der Käufer den bestellten Kaufgegenstand nicht erhalten hat oder dieser erheblich von der Artikelbeschreibung abweicht. Hat ein Antrag des Käufers auf Rückerstattung des Kaufpreises nach Maßgabe der PayPal-Käuferschutzrichtlinie Erfolg, bucht PayPal dem Käufer den gezahlten Kaufpreis unter Belastung des PayPal-Kontos des Verkäufers zurück. Der Käufer bekommt also sein Geld wieder zurück, ohne gegen den Verkäufer auf Rückzahlung klagen zu müssen.
Das, was auf den ersten Blick, zumindest aus Käufersicht, vielversprechend klingt, bedeutet allerdings nicht automatisch, dass der Käufer damit alle Probleme aus dem aus seiner Sicht misslungenen Online-Kauf erledigt haben. Dies deshalb, weil nun der Zahlungsanspruch des Verkäufers aus § 433 Abs. 2 BGB, der zunächst mit der Zahlung über PayPal durch Erfüllung nach § 362 Abs. 1 BGB erloschen war, wieder auflebt. Der Verkäufer kann also nun unmittelbar gegen den Käufer vorgehen und, wenn diese nicht freiwillig bezahlt, versuchen die Kaufpreisforderung mit gerichtlicher Hilfe durchzusetzen. Dies hat der BGH in zwei Urteilen vom 22.11.2017 (VIII ZR 83/16 und VIII ZR 213/16) klargestellt.
Streit um nicht gelieferte Ware
Im Verfahren VIII ZR 83/16 hatte der gewerbliche Käufer zum Preis von 600 € ein Mobiltelefon gekauft und den Kaufpreis über PayPal bezahlt. Nachdem der Kaufpreis beim Verkäufer eingegangen war, versandte dieser das Handy vereinbarungsgemäß in einem unversicherten Päckchen.
Der Beklagte behauptete daraufhin, dass die Lieferung bei ihm nicht angekommen sei. Da ein Nachforschungsauftrag des Klägers beim Versanddienstleister erfolglos blieb, beantragte der Beklagte nach Maßgabe des PayPal-Käuferschutz die Rückerstattung des Kaufpreises. Da der Kläger auf Aufforderung von PayPal keinen Nachweis über den Versand des Handys vorgelegt hatte buchte PayPal den Kaufpreis vom PayPal Konto des Klägers auf das PayPal Konto des Beklagten zurück.
Der Verkäufer verlangte nun unmittelbar vom Käufer die Zahlung des Kaufpreises. Als dieser nicht freiwillig zahlen wollte landete der Rechtsstreit vor Gericht und wurde vom Kläger in zweiter Instanz gewonnen.
Streit um Qualität der gelieferten Ware
Im Verfahren VIII ZR 213/16 wurde die Ware zwar geliefert. Der Käufer war aber mit der Qualität nicht zufrieden. Er beantragte deshalb bei PayPal Käuferschutz mit der Behauptung die gelieferte Ware habe nicht den im Internet gezeigten Fotos entsprochen. Nach Aufforderung von PayPal liegt der Käufer auch noch ein Privatgutachten vor wonach es sich bei der gelieferten Ware, einer Säge, um einen billigen Import aus Fernost von sehr mangelhafter Qualität handeln solle. PayPal forderte daraufhin den Käufer auf die Ware zu vernichten und buchte ihm den Kaufpreis, unter Belastung des Käuferkontos, zurück.
Auch hier verlangte nun der Verkäufer vom Käufer unmittelbar die Zahlung. Da dieser nicht zahlen wollte, zog er vor Gericht und hat in beiden Instanzen die Klage verloren.
So urteilte der BGH
Da jeweils die Revision zugelassen worden war landeten die Rechtsstreitigkeiten schließlich beim BGH.
Kaufpreisanspruch lebt bei erfolgreicher Inzahlungnahme des PayPal-Käuferschutz wieder auf
Zunächst haben die Richter klargestellt, dass mit Eingang der PayPal-Gutschrift beim Verkäufer dessen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises aus § 433 Abs. 2 BGB infolge Erfüllung erlischt. Denn ab diesem Zeitpunkt kann der Verkäufer frei über das Guthaben verfügen, in dem es etwa auf sein bei PayPal hinterlegtes Bankkonto abbuchen lässt oder seinerseits für Zahlungen mittels PayPal verwendet.
Hat allerdings der Käufer, so wie hier, erfolgreich den PayPal-Käuferschutz in Anspruch genommen, dann lebt der Zahlungsanspruch des Verkäufers wieder auf. Dies deshalb weil mit der Nebenabrede, den Zahlungsdienst PayPal zu verwenden, die Vertragsparteien stillschweigend vereinbart haben, dass die mittels PayPal getilgte Kaufpreisforderung wieder begründet wird, wenn das PayPal-Konto des Verkäufers nach Maßgabe der PayPal-Käuferschutzrichtlinie belastet wird. Dies ergebe sich aus einer nach beiden Seiten hin interessengerechten Vertragsauslegung unter Berücksichtigung der zwischen PayPal und den Nutzern des Zahlungsdienstes jeweils vereinbarten Allgemeinen Geschäftsbedingungen, insbesondere der sog. PayPal-Käuferschutzrichtlinie. Diese hebe unter anderem ausdrücklich hervor, dass PayPal „lediglich“ über Anträge auf Käuferschutz entscheidet. In der im Verfahren VIII ZR 83/16 verwendeten (neueren) Fassung der PayPal-Käuferschutzrichtlinie heiße es zudem, diese berühre „die gesetzlichen und vertraglichen Rechte zwischen Käufer und Verkäufer nicht“ und sei „separat von diesen zu betrachten“. Namentlich mit Rücksicht auf diese Bestimmungen bestehe kein Zweifel, dass es dem Käufer unbenommen sein solle, anstelle eines Antrags auf Käuferschutz oder auch nach einem erfolglosen Antrag die staatlichen Gerichte in Anspruch zu nehmen, um etwa im Fall einer vom Verkäufer gar nicht oder nicht wie geschuldet erbrachten Leistung Rückgewähr des vorgeleisteten Kaufpreises zu verlangen. Vor diesem Hintergrund sei es allein interessengerecht, dass umgekehrt auch der Verkäufer nach einem erfolgreichen Antrag des Käufers auf PayPal-Käuferschutz erneut – im Wege der Wiederbegründung seines Anspruchs auf Zahlung des Kaufpreises – berechtigt sein müsse, auf die Kaufpreisforderung zurückzugreifen und zu ihrer Durchsetzung gegebenenfalls die staatlichen Gerichte anzurufen.
Dies sei auch deshalb geboten, weil PayPal nur einen vereinfachten Prüfungsmaßstab anlegt, der eine sachgerechte Berücksichtigung der Interessen beider Vertragsparteien nicht sicherzustellen vermag. Auch, wenn bei einer Bezahlung doch PayPal die Regelung zugunsten des Käufers getroffen wird, dass dieser den in Vorleistung erbrachten Kaufpreis zurückerhält, ohne darauf klagen zu müssen, bedeutet dies umgekehrt nicht, dass der Verkäufer nicht, die Berechtigung seines Anspruchs eine gerichtliche Prüfung zuführen kann.
Verkäufer hat Anspruch auf Zahlung des Mobiltelefons
Unabhängig von der Frage, ob der Käufer das Mobiltelefon, so wie er behauptet hatte, tatsächlich nicht erhalten hat, hatte die Klage des Verkäufers Erfolg, denn mit der unstreitig erfolgten Versendung ist die Gefahr des Verlustes (anders als beim Verbrauchsgüterkauf) auf den Käufer übergegangen.
Landgericht muss über den Kauf der Säge erneut entscheiden
Im Rechtsstreit um die schlechte Qualität der gelieferten Säge hat der BGH zumindest insoweit zugunsten des Verkäufers entschieden, dass das klageabweisende Urteil des Landgerichts aufgehoben und der Rechtsstreit zur neuen Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen wurde. Dieses hatte nämlich den Anspruch schon (zu Unrecht) als erloschen betrachtet, ohne sich mit der maßgeblichen Frage zu befassen, ob der Käufer die behauptete Mangelhaftigkeit der Kaufsache wirksam dem Anspruch auf Kaufpreiszahlung entgegenhalten kann.