Das Verhältnis zwischen Erben Pflichtteilsberechtigten ist regelmäßig von Natur aus angespannt, weil der Pflichtteilsberechtigte oft zu Recht oder zu Unrecht dem Erben misstraut. Deshalb hat der Gesetzgeber dem Pflichtteilsberechtigten, der regelmäßig keine genaue Kenntnis von Umfang und Bestand des Nachlasses hat, in § 2314 BGB mit umfassenden Auskunftsansprüchen ausgestattet. Insbesondere hat der Pflichtteilsberechtigte nach dieser Vorschrift gegen den Erben auch einen Anspruch auf Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses. Was aber ist zu tun, wenn ein solcher Anspruch schon gerichtlich tituliert ist, und der Erbe auch einen Notar beauftragt hat, dieser aber nicht tätig wird? Mit dieser Frage hat sich nun letztverbindlich der BGH Das Erbrecht in Deutschland ist geprägt von zahlreichen Regelungen und Vorschriften. Ein zentrales Instrument für Pflichtteilsberechtigte ist das notarielle Nachlassverzeichnis. Doch was, wenn dessen Erstellung durch den beauftragten Notar verzögert wird? Mit dieser Frage hat sich der BGH in seinem Beschluss vom 19.07.2023 (IV ZB 31/22) befasst und letztinstanzlich entschieden, dass der Pflichtteilsberechtigte nicht unmittelbar gegen den Notar vorgehen kann, sondern sein Anspruchsgegner stets der Erbe bleibt. Dieser hat mit der bloßen Beauftragung des Notars seine Schuldigkeit nicht getan, sondern muss seinerseits nötigenfalls mit Rechtsbehelfen gegen den Notar vorgehen, wenn dieser den Auftrag zwar angenommen hat, aber dann nicht zeitnah tätig wird.
Der Fall im Überblick
Der Beschwerdeführer hatte gegen die Erben einen Anspruch auf Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses über Bestand und Umfang des Nachlasses gerichtlich geltend gemacht. Die Erbin hatte den Anspruch im Rahmen der beim Landgericht anhängig Stufenklage anerkannt, so dassein Anerkenntnisurteil ergangen war. Weiter hatte sie einen Notar beauftragt ein notarielles Nachlassverzeichnis zu erstellen. Der Notar hatte zwar den Auftrag angenommen, aber nicht ausgeführt. Dem Pflichtteilsberechtigten dauerte dies nunmehr alles zu lange. Nachdem der Notar auf seine Aufforderungen endlich das Nachlassverzeichnis zu erstellen, damit er zu seinem Geld komme, nicht reagiert hatte, beim Landgericht gegen diesen eine sogenannte Notarbeschwerde gegen dessen Untätigkeit erhoben. Das Landgericht hat die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen, gleichwohl aber die Rechtsbeschwerde zum BGH zugelassen.
Die Entscheidung des BGH
Gemäß dem BGH-Beschluss vom 19.07.2023 (IV ZB 31/22) kann der Pflichtteilsberechtigte nicht über eine Beschwerde gemäß § 15 Abs. 2 BNotO von dem beauftragten Notar die Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses verlangen.
Kein direkter Anspruch des Pflichtteilsberechtigten gegen den Notar
Der Pflichtteilsberechtigte hat gemäß § 15 Abs. 2 BNotO und § 59 Abs. 1 FamFG keine unmittelbare Beschwerdeberechtigung gegen den Notar. Der Hauptanspruch auf Erstellung des Verzeichnisses richtet sich gegen den Erben.
Erbe als zentraler Akteur
Der Erbe ist gemäß § 2314 Abs. 1 BGB der alleinige Auftraggeber des notariellen Nachlassverzeichnisses. Der Pflichtteilsberechtigte hat keine Mitwirkungsrechte bei der Erstellung. Er hat lediglich ein Anwesenheitsrecht.
Dreiecksbeziehung Pflichtteilsberechtigter-Erbe-Notar
Sollte der Notar die Erstellung verzögern oder verweigern, muss der Erbe für eine zeitnahe Umsetzung sorgen und gegebenenfalls rechtliche Schritte gegen den Notar einleiten, der seine Verpflichtungen gegenüber dem pflichtteilsberechtigten erfüllen kann. Wenn, so wie hier, der Auskunftsanspruch gegenüber dem Erben bereits gerichtlich tituliert ist, dann kann der Pflichtteilsberechtigte gemäß § 888 ZPO bei Gericht die Festsetzung ein Zwangsgeld gegen den Erben beantragen.
Fazit
Das Erbrecht bietet Pflichtteilsberechtigten verschiedene Instrumente, um ihre Ansprüche durchzusetzen. Bei Verzögerungen oder Verweigerungen seitens des Notars sollten Betroffene ihre Rechte kennen und (die richtigen) rechtliche Schritte in Erwägung ziehen. Es bleibt offen, ob die Schlappe, die hier der Pflichtteilsberechtigte erlitten hat, auf eine anwaltliche Falschberatung zurückzuführen ist, oder seinem eigenen Dickkopf. Es soll manchmal auch Klienten geben, die der Meinung sind, das Recht besser zu kennen als ihre Anwälte….
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Ansprechpartner zum Erbrecht:
Rechtsanwalt Graf ist auch Testamentsvollstrecker sowie Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.). und DIGEV (Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e. V.)
Rechtsanwalt Detzer wird regelmäßig von den Amtsgerichten Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen als Nachlasspfleger bestellt.