Dass Menschen, die nicht einmal Medizin studiert haben, gelegentlich als Arzt oder Ärztin arbeiten, und dies manchmal durchaus erfolgreich, liest man gelegentlich in der Boulevardpresse. Das Arbeitsgericht Berlin hatte sich dagegen in seinem Urteil vom 28.06. 2023 (14 Ca 3796/22 und 14 Ca 11727/22) mit einem Fall zu befassen, in dem der Kläger und Widerbeklagter zwar Medizin studiert hatte, aber in einer Zeit, nachdem ihm die Approbation aus gesundheitlichen Gründen ruhend gestellt worden war, gleichwohl über mehrere Jahre an über 1.000 Operationen an einer Berliner Klinik mitgewirkt hatte. Der Fall wurde aktenkundig, weil die Klinik dem Arzt, für den letzten Monat, in dem er tätig war, kein Gehalt mehr gezahlt hatte, nachdem ihr bekannt geworden war, dass sie den Kläger beschäftigt hat, obwohl dieser augenblicklich über keine Approbation verfügte. Der Arzt, der ja gearbeitet hatte, wollte dies nicht akzeptieren und zog deshalb vors Arbeitsgericht.. Dort staunte er nicht schlecht, als er nicht nur unterlegen ist, sondern aufgrund der Widerklage seines vormaligen Arbeitgebers noch zusätzlich für die letzten 6 Monate das bereits erhaltene Gehalt zurückzahlen musste.
1.053 Operationen durch Mediziner ohne Approbation
Der Kläger war bei der Beklagten, eine Berliner Klinik, seit 2016 befristet bis Ende Juni 2022 als Arzt beschäftigt. Bereits im März 2018 war von der zuständigen Behörde das Ruhen seiner Approbation wegen Zweifeln an seine gesundheitlichen Eignung angeordnet worden. Gleichzeitig war er aufgefordert worden, seine Approbationsurkunde zurückzugeben. Der Bescheid war ihm dabei an seiner Monatsschrift, die bei der zuständigen Ärztekammer hinterlegt war, zugestellt worden und wurde, da kein Rechtsmittel eingelegt worden ist, bestandskräftig.
Der Kläger war gleichwohl weiterhin als Arzt in der Klinik tätig und hat in dieser Zeit an insgesamt 1.053 Operationen mitgewirkt. Bei 444 Operationen war er sogar Erstoperateur.
Als die Behörde bemerkte, dass die Approbationsurkunde nicht zurückgeschickt worden war, stellte sie Nachforschungen an, um bemerkte dabei, dass der Arzt zwischenzeitlich verzogen war. Ende Februar 2022 erreichte den Kläger dann an seiner neuen Wohnanschrift ein Schreiben der Behörde in dem er erneut aufgefordert wurde, seine Approbationsurkunde zurückzugeben. Er selbst vertrat die Auffassung, dass er erstmalig mit diesem Schreiben Kenntnis von dem Ruhen seiner Approbation erlangt habe. Ende März 2022 informierte er seinen Arbeitgeber über das Ruhen der Approbation. Dieser zahlte daraufhin das für den Monat März angefallene Gehalt nicht mehr aus und der Kläger zog vor Gericht.
Arbeitsleistung eines Arztes ohne Approbation für Klinik wertlos?
Das Arbeitsgericht Berlin hat die Klage abgewiesen und auf Widerklage des Krankenhauses den Kläger verurteilt das erhaltene Gehalt für die letzten 6 Monate zurückzuzahlen. Begründet haben die Richter dies damit, dass der Kläger die geschuldete Arbeitsleistung aufgrund des Ruhens seiner Approbation nicht erbracht habe. Dass er tatsächlich gearbeitet hatte, also die physische Leistungsfähigkeit, die infrage stand, offenbar vorgelegen hatte und der auch entsprechend fachlich qualifiziert gewesen war, spielt dabei nach Auffassung der Arbeitsrichter keine Rolle. Vielmehr seien die Zahlungen, so die Richter, ohne Rechtsgrund geleistet worden. Dass der Kläger tatsächlich gearbeitet hatte, wodurch die Klinik wiederum Leistungen gegenüber dem Patienten bzw. deren Krankenkassen abrechnen konnte, sei dabei nach Auffassung der Richter nicht mit einem positiven Wert zu bemessen, weil dem Krankenhaus im Hinblick auf potentielle Regressforderungen kein zu berücksichtigende Vorteil durch die Tätigkeit des Klägers verblieben sei.
Auch dass der Kläger keine Kenntnis von der behördlichen Anordnung zum Ruhen seiner Approbation gehabt habe, sei, so die Richter, ohne Belang, weil dies auf ein pflichtwidriges Verhalten des Klägers zurückzuführen sei, der die Ärztekammer nicht seine aktuelle Anschrift mitgeteilt hatte.
Anmerkung:
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Ob es am Ende Bestand haben wird, bleibt abzuwarten. Grundsätzlich ist es ja so, dass die Klinik die Arbeitsleistung, die der Kläger erbracht hat, gegenüber den Patienten zur Abrechnung gebracht hat. Dass im Nachhinein die Klinik die Patienten darüber informiert, dass sie von einem Arzt mit ruhender Approbation behandelt worden sind, und deshalb die vereinnahmten Honorare zurückzahlt, erscheint eher unwahrscheinlich.Im Gegensatz zu Personen, die sich mittels gefälschter Zeugnisse eine Anstellung erschleichen, für die sie nicht qualifiziert sind, besaß der Kläger unstreitig die Qualifikation, die erforderlich ist, um als Arzt tätig zu sein. Damit verbleibt an sich nur, dass er aufgrund des Ruhens der Approbation, die wegen Zweifel an seiner gesundheitlichen Eignung ausgesprochen war, nicht hätte praktizieren dürfen und der Bescheid nicht angegriffen und dieser damit bestandskräftig geworden ist. allerdings besteht wiederum die Besonderheit, dass der Grund, für den Erlass des Bescheids, nämlich Zweifel an der gesundheitlichen Eignung des Klägers an sich dadurch widerlegt worden sind, dass der Kläger im fraglichen Zeitraum nicht nur seine Arbeitsleistung erbracht, sondern an über 1000 Operationen mitgewirkt und auch als Hauptoperateur tätig war, so dass erhebliche Zweifel daran bestehen, ob der Bescheid überhaupt rechtmäßig ist.