Neue Schlappe für VW im Umgang mit geschädigten Kunden in Deutschland. Das OLG Hamm hat in seinem Beschluss vom 21.06.2016 (28 W 14/16) einer VW Kundin, die 2011 einen VW Polo mit Dieselmotor gekauft hatte und nunmehr aufgrund des Abgasskandals den Tausch des Fahrzeugs in ein neues Fahrzeug erreichen möchte, Prozesskostenhilfe bewilligt und dabei die vorausgehende ablehnende Entscheidung des Landgerichts Essen korrigiert.
Zwar hatte auch das Landgericht eine Mangelhaftigkeit der Kaufsache angenommen, war dann aber dem Vortrag von Volkswagen, dass der Austausch des Fahrzeugs unverhältnismäßig sei, gefolgt. Volkswagen hatte vorgetragen, dass ein Austausch 19.300 € kosten würde, während eine Nachbesserung mit weniger als 100 € möglich sei.
Die Richter gingen dabei davon aus, dass die Unverhältnismäßigkeit der Nacherfüllung erst in einem Hauptsacheverfahren abschließend geprüft werden könne. Dabei müsse auch geprüft werden, ob VW die favorisierte Nachbesserung überhaupt möglich ist.
Insoweit sei unter anderem zu berücksichtigen, dass der Antragsgegnerin bislang keine Freigabe des Kraftfahrtbundesamtes für die von ihr beabsichtigte technische Umrüstung des streitgegenständlichen Fahrzeugmodells vorliegt. Bislang sei auch nicht vorgetragen, wann mit der Freigabe zu rechnen sei und bis zu welchem Zeitpunkt die technische Maßnahme dann gegebenenfalls an dem Fahrzeug der Antragstellerin umgesetzt werden könne. Es erscheine zweifelhaft, ob die Antragsgegnerin die Antragstellerin unter Hinweis auf die Unverhältnismäßigkeit der Nachlieferung auf eine Nachbesserung verweisen könne, wenn ihr diese nicht binnen angemessener Frist möglich sei. Die rechtliche und tatsächliche Bewertung dieses Gesichtspunkts sowie der zwischen den Parteien umstrittenen Frage der Kosten, die bei der Prüfung der Unverhältnismäßigkeit zu berücksichtigen seien, sei allerdings nicht bereits im Rahmen des summarischen Prozesskostenhilfeverfahrens vorzunehmen.
Hinweis:
Neben dem Landgericht München I, das zuvor bereits einem Käufer Recht gegeben und eine Vertragsrückabwicklung wegen arglistiger Täuschung gebilligt hatte, hat hier nunmehr auch das OLG Hamm die Weichen zugunsten der Käufer gestellt. Sollte also Volkswagen nicht alsbald in der Lage sein nachzubessern oder jedenfalls hierfür verbindliche Termine zu benennen, dann dürften auch in Deutschland vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung, jedenfalls in den entsprechenden Gerichtsbezirken, weitere Rückabwicklungsbegehren erfolgen.
Nach unserer Erfahrung haben bislang übrigens auch Rechtschutzversicherungen sich vehement geweigert Deckungszusage für solche Klagebegehren zu erteilen und stets – ähnlich wie Volkswagen selbst – darauf verwiesen, dass keine Rückabwicklung, sondern allenfalls Nachbesserung verlangt werden könnte, so dass auch nur Kosten aus einem Streitwert von wenigen 100 € übernommen würden. Vor dem Hintergrund dieser Urteile dürften sich allerdings auch die Chancen von Versicherungsnehmern im Rahmen einer Deckungsklage ihre Rechtsschutzversicherung zur Leistung zu zwingen deutlich erhöht haben.