Wird Grundbesitz durch Erbfolge übertragen, dann ist dies unter bestimmten Voraussetzungen gebührenrechtlich privilegiert. Die für die Eintragung eines Miteigentümers im Grundbuch nach Nr. 14110 KV GNotKG anfallende Gebühr ist nach Abs. 1 Satz 1 der Anmerkung nicht zu erheben für die den Inhalt des Grundbuchs berichtigende Eintragung der Erben, sofern der Eintragungsantrag in der festgesetzten 2-Jahresfrist gestellt wird.
Dies ist jedenfalls unstreitig, wenn die Eintragung im Rahmen der Erbauseinandersetzung erfolgt. In der Praxis ist es allerdings so, dass gerade zum Nachlass gehörende Grundbesitz oft auf einzelnen Miterben nicht durch bloße Teilungsanordnung, sondern durch Vorausvermächtnis übertragen wird. Im Gegensatz zur Teilungsanordnung ist bei einer Zuwendung durch Vorausvermächtnis ein etwaiger Mehrwert unter den Erben nämlich nicht auszugleichen, was oft von den Erblassern gewünscht ist, wenn es darum geht das Vermögen des Begünstigten zu schonen. Das OLG München hat nun mit Beschluss vom 15.12.2015 (34 Wx 334/15) klargestellt, dass die vorgenannte Privilegierung auch bei einer Übertragung durch Vorausvermächtnis gelten muss.
Im Zuge der Neuordnung des Kostenrechts durch das 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz vom 23.07.2013 hat der Gesetzgeber das Gebührenprivileg mit Abs. 1 Satz 2 der Anmerkung zu Nr. 14110 KV GNotKG ausdrücklich auf die Sachverhalte erstreckt, in denen „die Erben erst in Folge einer Erbauseinandersetzung eingetragen werden“. Der Begriff der Erbauseinandersetzung hat dabei keine kostenrechtliche Definition erfahren. Die kostenrechtliche Privilegierung gilt nach dem Wortlaut der Bestimmung für alle Formen der Erbauseinandersetzung.
Zwar stellt der Vollzug des einem Miterben zugewendeten Vorausvermächtnisses durch dingliche Übertragung des vermachten Gegenstands keine (Teil-) Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft dar, sondern die Erfüllung einer gegen die Erbengemeinschaft gerichteten und schon vor Erbauseinandersetzung zu befriedigenden Nachlassverbindlichkeit. Diese rechtsdogmatische Sicht rechtfertigt es aber nicht, das Kostenprivileg dem Erben zu versagen, dessen Eigentumserwerb auf der Erfüllung eines Vorausvermächtnisses beruht. Eine an der erbrechtlichen Dogmatik orientierte kostenmäßige Differenzierung ,insbesondere zwischen einem Eigentumserwerb des Erben in Ausführung einer Teilungsanordnung einerseits und in Erfüllung eines Vorausvermächtnisses andererseits ist sachlich nicht zu rechtfertigen und vom Wortlaut der kostenrechtlichen Bestimmung nicht zwingend vorgegeben.
Speziell die zeitnahe Bereinigung der Rechtsverhältnisse an Grundstücken durch deren Herauslösen aus dem gesamthänderischen Verbund von Erbengemeinschaften sollte gefördert werden. Ob in diesem Zusammenhang die Erbengemeinschaft auch hinsichtlich aller übrigen Nachlassgegenstände auseinandergesetzt wird, war für den Gesetzgeber ohne Belang. Für ihn spielte es auch keine Rolle, ob die Übertragung von Grundbesitz auf einzelne Miterben dem Erblasserwillen entsprochen hat und ob der Erblasser hierbei – für das Grundbuchverfahren gänzlich unerheblich – Ausgleichspflichten unter den Miterben verfügt hat. Die Eintragungstätigkeit des Grundbuchamts ist nach dem Willen des Gesetzgebers daher auch in den Fällen gebührenfrei, in denen die Auflassung in der Erfüllung eines Vorausvermächtnisses erfolgt, so die Richter.
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Rechtsanwalt Graf ist auch Testamentsvollstrecker sowie Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.). und DIGEV (Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e. V.)
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