Bei der Abmahnung von Rechtsverletzungen im Zusammenhang mit Internetdomains lassen sich die Abmahngebühren nicht ohne weiteres dadurch verdoppeln, dass neben dem Rechtsverletzer zusätzlich auch der sog. Hostprovider angeschrieben und die Kosten dafür vom Rechtsverletzer zusätzlich verlangt werden. Dies hat nunmehr das Oberlandesgericht München in einem von unserer Kanzlei erstrittenen Urteil vom 26.03.2015 (6 U 3531/14) klargestellt.
Aus den Urteilsgründen:
„Zu Recht hat das Landgericht die Klage auch hinsichtlich der geltend gemachten Kosten für das anwaltliche Schreiben an den Host-Provider vom 30.10.2013 (Anlage K 7), in Höhe von 1.642,40 € abgewiesen, da diese nicht nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag erstattet verlangt werden können und es sich auch nicht um notwendige Kosten der Rechtsverfolgung handelt.
aa. Die vorgerichtliche Abmahnung und der daraus resultierende Aufwendungsersatzanspruch ist von der Rechtsprechung nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag entwickelt worden, um einen kostspieligen Rechtsstreit zu vermeiden. Erstattungsfähig sind daher nur die Kosten, die vorgerichtlich zur Erreichung dieses Ziels im Interesse des Verletzers getätigt wurden. Hierzu gehören im Wesentlichen die durch die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts entstandenen Gebühren. Weitergehende Ansprüche auf Ersatz auch solcher Aufwendungen, die nicht objektiv im Interesse des Verletzers getätigt wurden, können – auch nicht gestützt auf § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG analog – verlangt werden (Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Auflage, § 14 Rdnr. 502).
Maßgeblich ist daher, ob das Schreiben an den Host-Provider, webhoster.de AG, vom 30.10.2013 (Anlage K 7) nach objektiver Betrachtung dem Interesse und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Verletzers entsprach (vgl. zum UWG BGH GRUR 2002,1494 – Missbräuchliche Mehrfachabmahnung). Dies ist bei einer zeitgleich mit der Abmahnung gegenüber dem Beklagten ausgesprochenen Aufforderung gegenüber dem Diensteanbieter des Beklagten nicht der Fall.
bb. Ein Anspruch besteht auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Schadensersatzanspruches (§ 15 Abs. 5 MarkenG).
Ein solcher Anspruch könnte dann bejaht werden, wenn die Klägerin berechtigerweise davon hätte ausgehen können, dass sie mit der zusätzlichen zeitgleichen Aufforderung gegenüber dem Diensteanbieter ihr Ziel schneller und sicherer würde durchsetzen können (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 28.1.2010 – 4 U 157/09, Tz. 23, zitiert nach juris). Das Landgericht ist von der Berufung unbeanstandet davon ausgegangen, dass die Aufforderung nicht geeignet war, den Diensteanbieter dazu zu veranlassen, den Inhalt der Domain aus dem Netz zu nehmen, wie vorliegend auch durch die Antwort (Anlage K 8) belegt ist. Vielmehr stellt die Berufung maßgeblich darauf ab, dass die Aufforderung an den Diensteanbieter geeignet gewesen sei, Druck auf den Beklagten auszuüben, da sich der Provider schnellstmöglich an den Inhaber der Webseite wenden werde. Dies rechtfertigt keine vom Landgericht abweichende Beurteilung.
Selbst, wenn die Annahme der Klägerin, die zu erwartende Weiterleitung des Schreibens durch den Diensteanbieter an den Beklagten könne geeignet sein, auf den Beklagten einzuwirken, bestand für die nicht unerhebliche Kosten auslösende Aufforderung gegenüber dem Diensteanbieter vor einer Reaktion des Beklagten auf die Abmahnung vom 30.10.2013, mit der eine kurze Frist bis zum 6.11.2013, innerhalb der die Unterlassungserklärung auch abgegeben wurde (Anlage K 11), gesetzt worden war, vorliegend keine Veranlassung. Insbesondere ist nicht dargetan oder sonst ersichtlich, inwiefern die Klägerin auf die sofortige Beseitigung des Inhalts aus dem Internet vor Ablauf der dem Beklagten zum 6.11.2013 gesetzten Frist dringend angewiesen war. Ebenso wenig ist dargetan oder sonst ersichtlich, dass aus Sicht der Klägerin zu erwarten war, dass der Beklagte der Abmahnung ohne den zusätzlichen Druck nicht Folge leisten würde, zumal es sich bei dem Beklagten um einen früheren Arbeitnehmer der Klägerin handelte und dieser die streitgegenständliche Domain auf Veranlassung der Klägerin registriert hatte.“