Das OLG München hat mit Beschluss vom 08.08.2012 (11 W 832/12) entschieden, wie die Gerichtskosten im Falle einer Betriebsfortführung durch den Insolvenzverwalter zu berechnen sind. Dabei musste sich der Senat mit den sowohl in Rechtsprechung als auch Literatur stark divergierenden Ansichten zur Begriffsbestimmung der Insolvenzmasse im Sinne des § 58 Abs.1 Satz 1 GKG auseinandersetzen.
Das Landgericht Wuppertal (Beschl. v. 08.04.2010 – 6 T 143/10) sowie das Amtsgericht Duisburg (Beschl. v. 05.07.2011 – 7 N 246/98) und das OLG Düsseldorf (Beschl. v. 19.03.2012 – 3 W 286/11) erachten lediglich den durch die Betriebsfortführung erwirtschafteten Überschuss als maßgebend.
Dem gegenüber gehen ein anderer Senat des OLG Düsseldorf (Beschl. v. 27.07.2010 – 10 W 60/10 Tz 2 a. E.) und das Landgericht Passau (Beschl. v. 24.04.2012) davon aus, bei Fortführung eines Geschäfts sei dieses nach seinem Wert zu berücksichtigen und nicht nur der nach Abzug der Geschäftsausgaben verbleibende Einnahmeüberschuss.
Das OLG München hat sich dem angeschlossen und entschieden, dass im Falle einer Betriebsfortführung durch den Insolvenzverwalter sich der Wert der Insolvenzmasse iSv § 58 Abs. 1 Satz 1 GKG nach dem gesamten Umsatz aus diesem Zeitraum bestimmt.
Das OLG München stützt seine Rechtsauffassung auf den Gesetzeswortlaut und nimmt Bezug auf die Legaldefinition der Insolvenzmasse in § 35 InsO und erklärt ein anderweitiges Begriffsverständnis in § 58 GKG sei untragbar. Das Insolvenzverfahren erfasst gemäß § 35 InsO das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt. Damit sind begriffsnotwendig alle Masseverbindlichkeiten zur Insolvenzmasse hinzuzuzählen, weshalb folgerichtig eine Bruttobetrachtung angestellt werden muss. Da § 58 GKG auf den Wert der Insolvenzmasse zur Zeit der Beendigung des Verfahrens abstellt, nehme diese Regelung auf die §§ 35 ff. InsO Bezug. Auch der BGH (Beschl. V. 20.03.2002 – IX ZB 388/02 Tz 25) bezieht den sog. Neuerwerb im Sinne von § 35 InsO in die Insolvenzmasse, ohne Verminderung um die entsprechenden Ausgaben. Dies spreche dafür, dass auch die Gerichtskosten nach dem Bruttoneuerwerb zu bemessen seien.
Zum anderen sei § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 b) InsVV, der für den Fall der Betriebsfortführung die Bemessungsgrundlage der Insolvenzverwaltervergütung auf den sich nach Abzug der Ausgaben von den Einnahmen ergebenden Überschuss begrenzt, zum Beleg einer etwaigen Gegenansicht, durch analoge Anwendung auch auf die Berechnung der Gerichtskosten, nicht geeignet.
Dies ergibt sich aus der Tatsache, dass die InsVV als Verordnung dem GKG als formellem Gesetz gegenübersteht. Aus der unterschiedlichen Rechtsqualität sei eine Übertragung des Rechtsgedanken nicht möglich.
Allenfalls der in § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 InsVV enthaltene Grundsatz, wonach Kosten des Insolvenzverfahrens und sonstige Masseverbindlichkeiten bei der Bestimmung für die Kostenberechnung relevanten Größe nicht abgesetzt werden, entspreche der Regelung der §§ 35 ff. InsO.
Quelle: beck-online