Das Bewertungssystem von eBay ist ein scharfes Schwert, das oftmals von Käufern völlig sachfremd gegen Verkäufer eingesetzt wird. Eigene Frustration, falsches Verständnis vom Bewertungssystem, aber auch bewusste Schädigungsabsicht unter Wettbewerbern führen dazu, dass Verkäufer zu Unrecht negativ bewertet werden. Da unrichtige negative Bewertungen den wirtschaftlichen Erfolg eines Onlineshops erheblich beeinträchtigen können, nehmen die Rechtstreitigkeiten, bei denen es um die Entfernung einer negativen Bewertung geht zu. Die Wenigsten wissen, dass erstinstanzliche Urteile, die den Querulanten dazu verurteilen, die Zustimmung zur Entfernung der negativen Bewertung zu erteilen nicht berufungsfähig sind, weil der Berufungsstreitwert aus Sicht des verurteilten Käufers nicht identisch ist mit dem Streitwert des Ausgangsverfahrens, bei dem es auf die Sicht des Verkäufers ankam und regelmäßig die 600,- EUR-Grenze nicht erreicht wird. Das Oberlandesgericht München (15 U 975/13 ) hat in einem aktuellen, von unserer Kanzlei geführten Verfahren, in bereits seinem Hinweisbeschluss vom 11.04.2013 klargestellt, dass von querulatorischen Käufern Urteile, die die Zustimmung zur Entfernung der negativen Bewertung aussprechen, jedenfalls dann nicht berufungsfähig sind, wenn die erstinstanzliche Verteidigung auch darauf aufgebaut war, dass der wirtschaftliche Wert der Entfernung für den Verkäufer nur von untergeordneter Bedeutung sei.
Im Einzelnen hat das Gericht dazu ausgeführt:
„Der Beklagte wird darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung bestehen.
Anders als für den Streitwert der ersten Instanz, der sich am wirtschaftlichen Interesse der Klägerin an der Entfernung der negativen Bewertung auf eBay orientierte, kommt es für den Wert der Beschwer des auf Zustimmung zur Rücknahme der Bewertung verurteilten Beklagten auf dessen Interesse an, die Zustimmung nicht erteilen zu müssen. Dieser dürfte sich, da ein wirtschaftliches Interesse des Beklagten – der in erster Instanz im Übrigen bereits das wirtschaftliche Interesse der Klägerin auf lediglich 500,- EUR geschätzt hatte (Schriftsatz vom 21.01.2013, S. 3 f., Bl. 32 f. 15 U 975/13 d.A.) – an der Aufrechterhaltung der Bewertung nicht ersichtlich ist, grundsätzlich lediglich an dem für die Abgabe der Zustimmungserklärung erforderlichen Aufwand an Zeit und Kosten orientieren.
Vergleichbar wird beispielsweise auch die Beschwer einer Verurteilung zur Auskunftserteilung (BGH, NJW-RR 2010, 786; FamRZ 2012, 216; FamRZ 2012, 299; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 33. Aufl. 2012, § 3 Rn. 21c m.w.N.), zur eidesstattlichen Versicherung der Richtigkeit einer erteilten Auskunft (BGH, NJW-RR 2009, 549) oder zur Unterlassung bestimmter, für den Beklagten nicht wirtschaftlich bedeutsamer Handlungen (BGH, K&R 2012, 813; NJW-RR 2012, 84) bewertet. Dass der Aufwand für die Abgabe der Zustimmung zur Rücknahme der Bewertung bei eBay 600,- EUR übersteigen könnte, ist nicht ersichtlich.
Die Verurteilung zur Bezahlung der vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten der Klägerin von 459,40 EUR ist bei der Bemessung der Beschwer des Beklagten nicht zu berücksichtigen, da es sich hierbei um sowohl den Berufungsstreitwert als auch den Wert der Beschwer nicht erhöhende Nebenforderung i.S.v. § 4 ZPO, § 43 Abs. 1 GKG handelt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17.01.2013, I ZR 107/12; vom 26.07.2012, V ZR 272/11; vom 26.07.2012, III ZR 244/11).
Für eine Zulassung der vom Landgericht nicht zugelassenen Berufung nach § 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (vgl. Thomas/Putzo/Reichold, § 511 Rn. 19) sieht der Senat keine Veranlassung, da die Vor-aussetzungen des § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ZPO nicht vorliegen; es handelt sich um eine Einzel-fallentscheidung ohne über den konkreten Rechtsstreit hinausgehende grundsätzliche Bedeutung.“
Der Käufer hatte aber auch jetzt kein Einsehen und nahm seine Berufung nicht zurück. Stattdessen hat er dazu ausgeführt, dass nach seinem Verständnis der Berufungsstreitwert durchaus erreicht sei, weil er schließlich mit Verfahrenskosten aus dem erstinstanzlichen Verfahren von rund 2.000 € belastet sei.
Was der Berufungsführer nicht wusste ist, dass bei der Berechnung des Berufungsstreitwerts die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens außer Betracht zu bleiben haben. Das Oberlandesgericht München hat deshalb mit weiterem Beschluss vom 30.04.2013 die Berufung als unzulässig zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt:
„Die Berufung des Beklagten ist unzulässig, da die Voraussetzungen des § 511 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind; sie war daher gem. § 522 Abs. 1 ZPO zu verwerfen.
1. Der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt nicht 600,- EUR, § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Der Senat hat im Hinweisbeschluss vom 11.04.2013 dargelegt, dass das für den Wert der Beschwer des Beklagten maßgebliche wirtschaftliche Interesse, die Zustimmung zur Löschung der streitgegenständlichen Bewertung nicht erteilen zu müssen, sich lediglich an dem für die Abgabe der Zustimmungserklärung erforderlichen Aufwand an Zeit und Kosten orientiert, der 600,- EUR vorliegend nicht übersteigt. Hierauf wird Bezug genommen. Auch die Stellungnahme des Beklagten vom 26.04.2013 zeigt nicht auf, dass die Abgabe der Zustimmungserklärung für ihn mit einem höheren Aufwand verbunden wäre.
Der Beklagte macht in seiner Stellungnahme ausschließlich geltend, dass seine Beschwer deswegen über 600,- EUR liege, da er zur Tragung der – über diesem Betrag liegenden – Kosten des Rechtsstreits verurteilt worden sei; nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bilde dieses Kosteninteresse die Untergrenze des Wertes des Beschwerdegegenstands. Dies ist jedoch unzutreffend. Die vom Beklagten zitierten Entscheidungen sind durch den Beschluss des Großen Senats für Zivilsachen vom 24.11.1994 – GSZ 1/94 (BGHZ 128, 85) überholt. Der Bundesgerichtshof hat hier unter Aufgabe der in den zitierten Entscheidungen noch vertretenen gegenteiligen Auffassung entschieden, dass das Interesse des Rechtsmittelführers an der Vermeidung einer für ihn nachteiligen Kostenentscheidung bei der Bemessung des Beschwerdewerts unberücksichtigt zu bleiben hat. Es entspricht dem allgemeinen Grundsatz, dass die Kosten des laufenden Rechtsstreits bei der Wertbemessung nicht zu berücksichtigen sind, solange die Hauptsache Gegenstand des Rechtsstreits ist (ebenso auch BGH, Beschluss vom 18.01.1995 – XII ZB 204/94, NJW-RR 1995, 706).
2….“
Anmerkung:
Bei Kenntnis der bereits ergangenen Rechtsprechung hätten die Rechtsvertreter des Berufungsführers unschwer erkennen können, dass die Berufung aus den vorgenannten Gründen keinen Erfolg haben kann. Der Fall zeigt einmal mehr, dass gerade im Zivilprozess Detailkenntnisse, insbesondere Kenntnisse der zu den einzelnen Vorschriften ergangenen Rechtsprechung, für eine erfolgreiche Prozessführung unerlässlich sind.