Hätten Sie es gewusst: Sie verkaufen online über die üblichen Handelsplattformen Waren. Im Anschluss an einen Kauf übersenden Sie an die vom Kunden angegeben E-Mail-Adresse nicht nur elektronisch die Rechnung, sondern bitten diesen gleichzeitig Sie im Rahmen einer Kundenbefragung zur Zufriedenheit zu bewerten. Zulässig oder unzulässig?
Sie werden es bereits geahnt haben. Während die Instanzgerichte dies für zulässig erachtet haben, hat der BGH mit Urteil vom 10.07.2018 (VI ZR 225/17) anders geurteilt und einen unzulässigen Rechtseingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Käufers bejaht und den Händler zu Unterlassung verurteilt.
Kundenbefragung im Zusammenhang mit der Abwicklung eines Onlinekaufs bei Amazon Marketplace sorgt für Ärger
Die Beklagte verkaufte ihre Waren u.a. bei Amazon Marketplace. Der Kläger hat bei der Beklagten am 09.05.2016 ein Ultraschall Gerät zur Schädlingsvertreibung gekauft, wobei die Abwicklung nicht unmittelbar zwischen den Parteien, sondern über Amazon erfolgt ist. Am 24.05.2016 hat der Kläger von der Beklagten auf die von ihm beim Kauf angegebene E-Mail-Adresse eine E-Mail mit dem Betreff „Ihre Rechnung zu Ihrer Amazon Bestellung … “ und folgendem Inhalt erhalten:
„Sehr geehrte Damen und Herren, anbei erhalten Sie Ihre Rechnung im PDF-Format. Vielen Dank, dass Sie den Artikel bei uns gekauft haben. Wir sind ein junges Unternehmen und deshalb auf gute Bewertungen angewiesen. Deshalb bitten wir Sie darum, wenn Sie mit unserem Service zufrieden waren, uns für Ihren Einkauf eine 5-Sterne Beurteilung zu geben.
Sollte es an dem gelieferten Artikel oder unserem Service etwas auszusetzen geben, würden wir Sie herzlich darum bitten, uns zu kontaktieren. Dann können wir uns des Problems annehmen.
Zur Bewertung: über folgenden Link einfach einloggen und eine positive 5-Sterne Beurteilung abgeben (…)“.
Der Kläger sah in der E-Mail eine unaufgeforderte, unerlaubte Zusendung von Werbung, die in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht eingreift. Er hat deshalb den Verkäufer kostenpflichtig abgemahnt und ist, als dieser die geforderte Unterlassungserklärung nicht abgeben wollte, vor Gericht gezogen.
Eine Kundenzufriedenheitsbefragung in einer E-Mail fällt auch dann unter den Begriff der (Direkt-)Werbung, wenn mit der E-Mail die Übersendung einer Rechnung für ein zuvor gekauftes Produkt erfolgt
Die Beharrlichkeit des Klägers, der sowohl vor dem Amtsgericht Braunschweig als auch vor dem Landgericht Braunschweig unterlegen war, zahlt sich aus, denn die Richter am BGH haben die anderslautenden Urteile aufgehoben und dem Beklagten verurteilt es zu unterlassen an den Kläger, ohne dass dieser zuvor ausdrücklich eingewilligt habe, eine Bitte zur Teilnahme an eine Kundenzufriedenheitsbefragung zu übersenden.
Zur Begründung haben die Richter ausgeführt, dass eine Kundenzufriedenheitsbefragung in einer E-Mail auch dann unter den Begriff der (Direkt-)Werbung fällt, wenn mit der E-Mail die Übersendung einer Rechnung für ein zuvor gekauftes Produkt erfolgt. Vielmehr sei es dem Verwender einer E-Mail-Adresse zu Werbezwecken nach Abschluss einer Verkaufstransaktion zumutbar, bevor er auf diese Art mit Werbung in die Privatsphäre des Empfängers eindringt, diesem – wie es die Vorschrift des § 7 Abs. 3 UWG verlangt – die Möglichkeit zu geben, der Verwendung seiner E-Mail-Adresse zum Zwecke der Werbung zu widersprechen. Ansonsten ist der Eingriff grundsätzlich rechtswidrig.
Rechtsfolgen für Onlinehändler
Als Onlinehändler haben Sie also künftig zu befürchten, nicht nur von querulatorischen Kunden gegängelt, sondern auch von Abmahnverbänden und Mitbewerbern nach Einsatz von Scheinkäufern abgemahnt zu werden.
Um dies zu vermeiden, müssen Sie im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss also entweder sich vom Kunden gleich einwilligen lassen, dass Sie künftig die zum Kauf angegebene E-Mail-Adresse auch zu Werbezwecken nutzen dürfen oder aber Sie müssen diesem zumindest die Möglichkeit geben, der Verwendung seiner E-Mail-Adresse zum Zwecke der Werbung ausdrücklich zu widersprechen.
Eine Nachfrage, nach Vertragsschluss, wie der BGH sie andenkt, nämlich ob man nun die E-Mail-Adresse für Werbezwecke weiter benutzen dürfe, erscheint nicht nur lebensfremd, sondern auch rechtlich bedenklich, weil bereits eine solche E-Mail wiederum, jedenfalls wenn man die Grundsätze des BGH streng anwendet, einen Eingriff in die Privatsphäre sehen könnte, weil bei Vertragsschluss auch darin nicht eingewilligt worden ist und sich ein Käufer bereits dadurch belästigt fühlen kann.