Wenn Sie heute zum Arzt gehen und einen Vertrag über Wahlleistungen abschließen, dann wird Ihnen regelmäßig jede Menge Papier zur Unterschrift vorgelegt. Nicht selten werden dann auch Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet, die für den Fall, dass ein Behandlungstermin nicht bzw. nicht rechtzeitig abgesagt wird, eine Verpflichtung zum Schadenersatz regeln.
In einem Fall, in dem ein Patient mit einer Münchner Schönheitsklinik eine Wahlleistungsvereinbarung über eine Magenballonbehandlung geschlossen und bereits einen entsprechenden Termin für den 31.07.2015 vereinbart hatte, wurden seitens der Klinik folgende AGB-Regelungen verwendet:
„Bei Absage oder Verschiebung eines durch den Patienten zugesagten Eingriffstermins erhebt die (Name der Klinik) stets eine Verwaltungsgebühr von 60 Euro brutto. Bei Abwesenheit des Patienten am Eingriffstag oder einer kurzfristigen Absage des Eingriffstermins erhebt die (Name der Klinik) darüber hinaus eine Stornogebühr.“
Diese Gebühr sollte bei Absage weniger als 14 Tage vor dem Eingriff 40% des Gesamtrechnungsbetrags brutto betragen und bei Absage innerhalb von sieben Tagen vor dem Eingriff 60% dieses Betrags. Bei einer Absage innerhalb von 48 Stunden vor dem Eingriff oder bei Abwesenheit am Eingriffstag sollte die Gebühr in Höhe von 100% fällig werden.
Zwei Tage vor dem geplanten Behandlungstermin sagte der Patient den Termin ab. Die Klinik stellte daraufhin 60 % der Behandlungsgebühren, insgesamt 1.494 € in Rechnung.
Das Amtsgericht München hat mit Urteil vom 28.01.2016 (213 C 27099/15) die Klage rechtskräftig abgewiesen, weil nach seiner Auffassung die von der Klinik verwendeten AGBs unwirksam sind. Sie benachteiligen den Patienten unangemessen.
Da die Inanspruchnahme einer Heilbehandlung ein gesteigertes persönliches Vertrauensverhältnis zwischen Behandler und Patient voraussetzt, sei allgemein anerkannt, so das Gericht, dass Letzterer den Behandlungsvertrag jederzeit gemäß §§ 621 Nr. 5, 627 BGB fristlos kündigen könne, ohne hierfür sachliche (oder gar wichtige) Gründe angeben zu müssen. Der Patient müsse jederzeit die Möglichkeit haben, frei darüber zu entscheiden, ob er einen Eingriff in den Körper oder seine Gesundheit zulassen will. Das wirtschaftliche Interesse des Behandlers müsse gegenüber dem schützenswerteren Interesse des Patienten auf körperliche Unversehrtheit zurücktreten.
Hinzu käme, dass die von der Klinik geforderte Stornogebühr den normalerweise zu erwartenden Schaden übersteige und unangemessen hoch sei . Denn der Patient müsse für den Fall einer Absage innerhalb von 48 Stunden vor dem Eingriff nicht nur 100% des Bruttobetrags vergüten, sondern auch noch eine Verwaltungsgebühr von 60 Euro zahlen. Der Patient müsse demnach bei kurzfristiger Absage des Eingriffs mehr bezahlen, als er bei Durchführung des Eingriffs zu leisten hätte. Ein derart hoher Schaden sei völlig realitätsfern und offenkundig einseitig zugunsten des Verwenders festgelegt, so das Gericht. Die Regelung berücksichtige außerdem nicht, dass sich die Klinik bei Absage eines Operationstermins Aufwendungen wie Medikamente und Verbrauchsmaterialen, Strom- und Reinigungskosten erspare, die zugunsten des Patienten abzuziehen seien.