Wer Frauen öffentlich als „Menschen zweiter Klasse“, „minderwertige Menschen“ und „den Tieren näherstehend“ bezeichnet, der macht sich der Volksverhetzung strafbar. Dies hat das OLG Köln in seinem Urteil vom 09.06.2020 (III-1RVs 77/20) entschieden und einen vorausgehenden Freispruch durch das Landgericht Köln aufgehoben.
Pauschale Diffamierung von Frauen auf Internetseite
Der Angeklagte betrieb eine Internetseite auf der in zahlreichen Beiträgen u.a. Frauen als „Menschen zweiter Klasse“, „minderwertige Menschen“ und „den Tieren näherstehend“ bezeichnet hatte. Dafür war zunächst vom Amtsgericht Bonn wegen Volksverhetzung nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 55 Tagessätzen verurteilt worden.
Nachdem 2 Juristen bekanntlich drei unterschiedliche Meinungen vertreten können, war zunächst die vom Angeklagten dagegen zum Landgericht Köln eingelegte Berufung erfolgreich. Dieses vertrat dabei die Auffassung dass der Tatbestand der Volksverhetzung nur Gruppen schützen würde, die durch ihre politische oder weltanschauliche Überzeugung oder ihre sozialen oder wirtschaftlichen Verhältnisse, ihren Beruf oder ihre soziale Funktion erkennbar seien. Eine geschlechterspezifische Bestimmung nehme die Vorschrift dagegen nicht vor. Auch zeige die Gesetzgebungsgeschichte, dass der allgemeine Geschlechterschutz nicht beabsichtigt sei.
Volksverhetzung als allgemeiner Antidiskriminierungstatbestand
Auf Revision der Staatsanwaltschaft hat dann das OLG Köln das Urteil des Landgerichts wiederum aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung an das Landgericht zurückgewiesen.
Zu den durch § 130 StGB geschützten Teilen der Bevölkerung würden nämlich auch, so die Richter, Frauen gehören. Aus der Vorschrift ergebe sich gerade nicht, dass sie nur dem Minderheitenschutz diene. Vielmehr könne die Rechtsanwendung kaum von Zufälligkeiten wie der Mehrheitsbildung abhängen. Außerdem könnten auch Mehrheiten diskriminiert werden.
Auch die historische Entwicklung des Tatbestandes zeige, dass er sich immer weiter hin zum umfassenden „Anti-Diskriminierungstatbestand“ entwickelt habe. Geschützt werden nach Auffassung des Senats daher längst nicht mehr nur die Teile der Bevölkerung, die unter die ausdrücklich genannten Merkmale fielen. Der Hauptanwendungsbereich der Volksverhetzung möge zwar immer noch rechtsradikale Hetze gegen Minderheiten sein, diskriminierende Äußerungen gegen Frauen seien aber ebenfalls erfasst.
Der Angeklagte habe, so das Gericht, Frauen unter Missachtung des Gleichheitssatzes als „fertig“ dargestellt und sie dabei auch in ihrer Menschenwürde angegriffen. Von daher sei davon auszugehen, dass er den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt habe.
Anmerkung:
Nicht bekannt ist, welchen Geschlechts die Richter waren, die an den einzelnen Urteilen mitgewirkt haben …nachdem es aber in der Justiz einen Frauenüberschuss gibt, kann nicht ausgeschlossen werden, dass hier Frauen in eigener Sache geurteilt haben. Einen Grund zur Besorgnis der Befangenheit hat darin aber wohl niemand gesehen …;-)