Mietverhältnisse über Wohnraum können bekanntermaßen nur sehr eingeschränkt gekündigt werden. Eine Möglichkeit für den Eigentümer zu kündigen besteht immer dann, wenn Eigenbedarf geltend gemacht werden kann.
Das Amtsgericht München hat in seinem Urteil vom 09.06.2021 (453 C 3432/21) entschieden, dass eine Eigenbedarfskündigung bereits dann gerechtfertigt ist, wenn eine hinreichend bestimmter, konkreter und ernsthafter Nutzungswunsch des Eigentümers, der stets zu achten sei, vorliege. Dies könne auch der Wunsch nahe Angehörige zu pflegen, sein.
Eigenbedarfskündigung nach Überlassung an Nichte
Die Beklagten hatten am 01.03.2013 zum Preis von 759 € netto eine Dreizimmerwohnung in München gemietet. Die Vermieter hatten diese Wohnung im Sommer 2020 ihrer Nichte, der jetzigen Klägerin, gegen Zahlung einer monatlichen Leibrente von 800 € überlassen. Diese hatte am 15.10.2020 wegen Eigenbedarf gekündigt und dies damit begründet, dass sie für ihre derzeit bewohnte Zweizimmerwohnung, die etwa 2,7 km entfernt sei, 1.300 € Miete zahlen müsse. Großtante und Großonkel, die ihr die Wohnung überlassen hätten, seien altersbedingt darauf angewiesen, Unterstützung zu erhalten. Aus diesem Grund sei ihr auch die Wohnung, die sich im selben Haus befindet, überlassen worden, damit sie Hilfe bei Angelegenheiten des täglichen Bedarfs leisten könne. Nachdem sie derzeit coronabedingt schwerpunktmäßig im Home Office arbeite, benötige sie zum einen ein Arbeitszimmer, könne zum anderen aber auch jederzeit rasch einspringen und Hilfe leisten.
Die Beklagten waren dagegen der Meinung, dass ihnen aufgrund ihrer angespannten finanziellen Situation eine Wohnungssuche mit Umzug in München nicht zumutbar sei. Die Klägerin könne die zugesagte Hilfe auch aus ihrer jetzigen Wohnung leisten. Im Übrigen sei die Ehefrau gesundheitlich angeschlagen und habe Bluthochdruck. Sie müsse daher jegliche Aufregung vermeiden, um nicht Gefahr zu laufen einen Herzinfarkt oder Hirnschlag zu bekommen. Da die Beklagten außergerichtlich für einen Auszug 26.460 € für Umzugskosten und Mietzuschuss für die nächsten 5 Jahre gefordert hatten, während die Klägerin lediglich bereit war 6150 € zu bezahlen, landete der Rechtsstreit vor Gericht.
Zeitnahe Hilfsbedürftigkeit der Schenker rechtfertigt Eigenbedarfskündigung
Das Amtsgericht München gab der klagenden Vermieterin recht. Nach Auffassung des Gerichts sei der Eigenbedarf hinreichend vorgetragen und nachvollziehbar begründet.
Das Gericht wies dabei darauf hin, dass es aufgrund des detaillierten und nachvollziehbaren Vortrags der Klägerin keinen Zweifel an dem geltend gemachten Eigenbedarfswunsch hätte. Bereits angesichts des Alters der Verwandten, die der Klägerin die Wohnung geschenkt hatten, sei zeitnah eine Hilfsbedürftigkeit naheliegend, ohne dass es konkret auf den aktuellen Gesundheitszustand ankomme. Das Gericht wies dabei darauf hin, dass selbst, wenn aktuell Großonkel und Großtante sich in einem blendenden Gesundheitszustand befinden würden, dies dem Wunsch nach Eigennutzung nicht entgegenstehen würde.
Der attestierte Bluthochdruck der Beklagten mit Gefahr eines Herzinfarkts oder Schlaganfalls sei für sich gesehen noch keine besondere Härte, die der Kündigung entgegensteht. Auch sei die behauptete Unmöglichkeit, geeigneten Ersatzwohnraum zu finden, nicht ausreichend vorgetragen worden. Sich lediglich in Onlineportalen zu registrieren genüge dafür nicht, so das Gericht.
Aufgrund des fortgeschrittenen Alters der Beklagten und deren beengten finanziellen Verhältnissen gewährte das Amtsgericht den Mietern schließlich eine Räumungsfrist bis zum 31.12.2021, weil diese auf dem Münchner Mietmarkt eindeutig“ unterprivilegiert“ seien.
Anmerkung:
Der Fall verdeutlicht zweierlei. Zunächst, dass auf Vermieterseite eine gut begründete Eigenbedarfskündigung grundsätzlich ein scharfes Schwert ist, gegen das sich ein Mieter nur schwer zur Wehr setzen kann. Auf der anderen Seite sollten Mieter, die von einer Eigenbedarfskündigung betroffen sind, und sich gegen diese gerichtlich zur Wehr setzen wollen, sich nicht darauf verlassen, dass es dem Vermieter nicht gelänge, den Eigenbedarf so darzustellen, dass er für das Gericht plausibel ist. Vielmehr muss die eigene Verteidigungsstrategie sorgfältig geplant und vorbereitet werden. Gerade derjenige, der damit argumentiert, dass für ihn kein anderer Wohnraum verfügbar sei, der muss hier penibel nachweisen, dass er erhebliche Anstrengungen unternommen hat und stets bei der Bewerbung das Nachsehen hatte. Empfehlenswert ist hier bereits kurz nach Erhalt der Kündigung mit der Suche anzufangen und dann eine regelmäßig zu aktualisierendes Protokoll zu führen, damit dann bei Gericht die eigenen Bemühungen dargelegt und nötigenfalls auch bewiesen werden können.
Möchten auch Sie wegen Eigenbedarf kündigen oder haben Sie an Eigenbedarfskündigung und erhalten? Wir unterstützen Sie gerne.